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Biologicals

Neue Therapieoptionen

Wer kennt den Unterschied zwischen Biosimilars und Bioidenticals? Wie wirken Checkpoint-Inhibitoren oder die CAR-T-Zell-Therapie? Bei der diesjährigen PTA-Tagung des Verbands der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA) konnten PTA ihr Wissen auffrischen.
Caroline Wendt
13.05.2019  09:30 Uhr

Bei Biologicals denken die meisten sicherlich zunächst an monoklonale Antikörper zur Behandlung von Krebserkrankungen. »Doch der Begriff bedeutet lediglich, dass der Wirkstoff biologischen Ursprungs ist oder aus biologischem Ursprungsmaterial erzeugt wird«, stellte Lars Gubelt, Direktor der Zentralapotheken der Kliniken Essen-Mitte, klar. »Es sind therapeutisch genutzte Proteine«, konkretisierte er. So gehören beispielweise auch Insuline oder Impfstoffe zu den Biologicals.

Gemein ist dieser Substanzgruppe, dass die Wirkstoffe in gentechnisch veränderten Zellen erzeugt werden. Die Herstellungsverfahren beinhalten bis zu 100 Arbeitsschritte. Während ein sogenanntes small molecule, also ein chemisch-synthetischer Arzneistoff wie Acetylsalicylsäure (ASS), aus nur wenigen Atomen besteht, sind Biologicals deutlich komplexer aufgebaut.  »ASS besteht aus 21 Atomen, bei Insulin sind es bereits 790. Ein monoklonaler Antiköper hat circa 25.000 Atome«, machte Gubelt deutlich.

Bei der Herstellung der monoklonalen Antikörper (MAB, für monoclonal antibody) hänge das Ergebnis von verschiedenen Produktionsbedingungen wie Temperatur, vorhandenen Nährstoffen oder der abschließenden Aufreinigung ab. »Das erklärt, warum zwischen unterschiedlichen Chargen eines Produktes geringe Abweichungen bei den Eigenschaften möglich sind«, erklärte der Apotheker. Innerhalb eines festgelegten Vertrauensintervalls sei diese Variabilität aber gestattet.

Läuft das Patent eines Biologicals ab, können Hersteller Biosimilars auf den Markt bringen. »Similar bedeutet ähnlich, das heißt, die Produkte ähneln den Originalen nur«, so Gubelt. Denn die Biosimilar-Hersteller kennen lediglich die Aminosäuresequenz, also die Primär-Struktur der Proteine. Zelllinie, Wachstumsmedium und Reaktionsbedingungen sind das Geheimnis des Original-Herstellers. »Somit bleibt der Herstellungsprozess eine große Blackbox für die Biosimilar-Hersteller.« Biosimilars ähneln den Original-Produkten in vielen Eigenschaften. Unterschiede bestehen jedoch häufig bei den Zuckermolekülen, die an die Aminosäuren angefügt werden. »Die Glykosidierung kann die Funktion, Aktivität und Pharmakokinetik des Antikörpers beeinflussen«, so der Referent.

Deshalb kommen auf die Produzenten von Biosimilars auch mehr Zulassungsprüfungen zu als auf Generika-Hersteller chemischer Arzneistoffe. So müssen bei einem Biosimilar beispielsweise Ergebnisse von pharmakologischen, toxikologischen und klinischen Untersuchungen vorliegen. Zudem müssten kontrollierte, randomisierte Studien im Vergleich zum Original-Präparat zeigen, dass keine signifikanten Unterschiede bestehen, erläuterte Gubelt. Sei die Wirkung des neuen Präparates besser als beim Original, handele es sich um ein sogenanntes Biobetter. »Das klingt gut, verhindert aber trotzdem eine Zulassung als Biosimilar«, erklärte der Apotheker. Liege das Arzneimittel außerhalb der erlaubten Varianz – auch oberhalb –, gelte es als neues Medikament und müsse ein komplettes Zulassungsverfahren durchlaufen.

Und was ist ein Bioidentical? Hierbei handelt es sich um ein Arzneimittel, das der gleiche Hersteller in derselben Produktionsstätte unter identischen Bedingungen produziert. Der Referent erklärte, dass der einzige Unterschied im Marktnamen bestehe.

»Doch alle Biologicals, egal ob Originalprodukt, Bioidentical oder Biosimilar, haben das Potenzial, eine Immunreaktion auszulösen«, erläuterte Gubelt weiter. Hierbei bildet der Körper selbst Antikörper gegen das Arzneimittel, sogenannte Anti-Drug-Antibodies (ADA). Diese Antikörper können die Funktion der MABs beeinträchtigen oder schlimmstenfalls eine Kreuzreaktion mit körpereigenen Proteinen verursachen. »Es besteht zurzeit jedoch kein Hinweis darauf, dass ein Switch zwischen verschiedenen Biosimilars diese Immunogenität verstärken könnte«, so der Apotheker.

Neue Therapien

Doch wie genau wirken die biologischen Arzneistoffe? Einige Beispiele nannte Dr. Miriam Neuenfeldt, Chemikerin und wissenschaftliche Autorin aus Stralsund. »Unser Immunsystem leistet Enormes: Die Abwehrzellen können nicht nur körpereigene von körperfremden Zellen unterscheiden, sondern auch gesunde von kranken Zellen«, leitete die Referentin ihre Erklärungen ein. So würden auch Tumorzellen von einem gesunden Immunsystem erkannt und zerstört.

»Normalerweise funktioniert dieser Prozess sehr gut, aber Tumorzellen können sich tarnen«, erklärte Neuenfeldt. Ziel sei es also, die Tumorzellen wieder für die körpereigene Abwehr erkennbar zu machen. Dies sei mithilfe der Immuntherapeutika möglich. »Tumorzellen haben im Vergleich zu gesunden Zellen eine veränderte Oberflächenstruktur, an die die monoklonalen Antikörper binden können«, erklärte die Referentin. Die so markierten Zellen werden daraufhin von den körpereigenen Immunzellen erkannt und zerstört.

Es gibt noch weitere Möglichkeiten, mithilfe biologischer Arzneimittel in die Abläufe des Immunsystems einzugreifen. Zellen präsentieren über spezielle membranständige Moleküle, den sogenannten Major Histocompatibility Complex (MHC), was in ihrem Inneren vorgeht. Erkennt eine T-Zelle ein Antigen als schadhaft, kommt es bei Vorhandensein spezieller Co-Faktoren zur Aktivierung der T-Zelle. »Allerdings besitzen T-Zellen auch einen Not-Aus-Schalter«, erklärte Neuenfeldt. Dieser werde als Immun-Checkpoint-Rezeptor bezeichnet. Bindet ein Ligand an diesen Rezeptor, wird die Aktivierung der T-Zelle verhindert.

Diese Möglichkeit können sich Tumorzellen zunutze machen, indem sie solche Liganden sezernieren. »Hier greifen die Checkpoint-Inhibitoren an, sie richten sich gegen Rezeptor oder Ligand und verhindern, dass der Ligand der Tumorzelle die Aktivität der T-Zelle ausbremst«, erklärte die Referentin. »Die Wirkstoffe beenden das Versteckspiel der Tumorzellen vor dem Immunsystem.« Das Wirkprinzip sei bei bestimmten Tumoren hoch effektiv, Voraussetzung sei eine hohe Mutationsrate. So gehören zum Beispiel Malignome, Lungen- oder Magenkarzinome zu den Krebsarten, bei denen der Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren sinnvoll sein kann.

Ein weiterer neuer Behandlungsansatz ist die CAR-T-Zell-Therapie. Die Abkürzung CAR steht für chimärer Antigen-Rezeptor. Bei dieser Therapieform werden den Patienten T-Zellen entnommen und diese gentechnisch so verändert, dass sie einen Rezeptor exprimieren, der spezifisch gegen das Antigen eines Tumors gerichtet ist. »Die so veränderten Zellen werden dem Patienten wieder verabreicht«, erklärte Neuenfeldt. Der künstliche Rezeptor sei dabei so moduliert, dass die T-Zelle das Antigen der Tumorzelle auch ohne MHC-Präsentation erkenne. Diese Therapie funktioniert bisher allerdings nur bei löslichen Tumoren. »Hier gibt es jedoch beeindruckende Ergebnisse«, hob die Referentin hervor. Zum Teil habe die Therapie selbst bei Patienten, die vorher als austherapiert galten, Erfolge verzeichnen können. 

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