Neuer Antikörper gegen Neurodermitis im Handel |
Sven Siebenand |
18.12.2023 11:30 Uhr |
Juckreiz, Kratzen und immer wieder Juckreiz: Die chronisch-rezidivierende Entzündung hinterlässt ihre Spuren auf der Haut. / Foto: Adobe Stock/jedi-master
Die atopische Dermatitis wird mitunter auch als Neurodermitis bezeichnet. Es handelt sich um eine immunvermittelte, chronische beziehungsweise chronisch-rezidivierende entzündliche Erkrankung. Starker Juckreiz sowie trockene, gerötete und entzündete Haut treten sehr häufig auf. Das Interleukin-13 (IL-13) spielt bei der Erkrankung eine bedeutende Rolle. In der Haut von Betroffenen finden sich erhöhte Konzentrationen dieses Zytokins. Es fördert die zugrunde liegende Typ-2-Inflammation, die zu einer Dysfunktion der Hautbarriere sowie zu Juckreiz, Hautverdickung und Infektionen führen kann.
Lebrikizumab bindet mit hoher Affinität an IL-13 und hemmt so die IL-13-Signalübertragung über den heterodimeren Rezeptorkomplex IL-4-Rezeptor-alpha/IL-13-Rezeptor-alpha-1. Dieser Wirkmechanismus ist allerdings nicht neu. Im Jahr 2021 kam der IL-13-Antikörper Tralokinumab (Adtralza®) in den Handel. Dieser wirkt wie Lebrikizumab. Bereits seit 2017 ist ferner der Antikörper Dupilumab (Dupixent®) verfügbar. Dieser blockiert die Alpha-Untereinheit des Interleukin-(IL)-4-Rezeptors, die sowohl Teil des IL-4- als auch des IL-13-Rezeptors ist. Deshalb werden durch Dupilumab sowohl der IL-4- als auch der IL-13-Signalweg gehemmt.
Während Dupilumab bei atopischer Dermatitis schon ab sechs Monaten bei entsprechenden Patienten zum Einsatz kommen darf, sind Tralokinumab und der Neuling Lebrikizumab frühestens im Alter von zwölf Jahren eine Therapieoption. Ebglyss ist indiziert für die Therapie der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren mit einem Körpergewicht von mindestens 40 kg, die für eine systemische Therapie infrage kommen.
Lebrikizumab ist subkutan zu verabreichen. Die empfohlene Dosis ist 500 mg (zwei 250-mg-Injektionen) jeweils in Woche 0 und Woche 2, gefolgt von 250 mg, die alle zwei Wochen bis Woche 16 verabreicht werden. Bei Patienten, die nach 16 Wochen Behandlung kein klinisches Ansprechen gezeigt haben, sollte der Arzt einen Abbruch der Behandlung in Betracht ziehen. Bei Patienten mit einem anfänglich partiellen Ansprechen kann sich der Zustand durch eine fortgesetzte Behandlung alle zwei Wochen bis zu Woche 24 weiter verbessern, heißt es in der Fachinformation.
Sobald ein klinisches Ansprechen erreicht ist, beträgt die empfohlene Erhaltungsdosis von Lebrikizumab 250 mg alle vier Wochen. Der Antikörper kann mit oder ohne topische Corticoide angewendet werden. Topische Calcineurin-Inhibitoren können ebenfalls zum Einsatz kommen, sollten laut Fachinformation aber auf die Problemzonen wie Gesicht, Hals, intertriginöse Bereiche (zum Beispiel in der Achselhöhle) und Genitalbereich beschränkt bleiben.
Das neue Medikament ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 Grad Celsius zu lagern. PTA und Apotheker können bei der Abgabe des Medikaments dazu raten, Ebglyss 45 Minuten vor der Anwendung aus dem Kühlschrank zu nehmen und den Antikörper bei Raumtemperatur zu injizieren. Zudem müssen die Patienten die Fertigspritze oder den Fertigpen vor hohen Temperaturen und direktem Sonnenlicht schützen. Zudem dürfen sie diese nicht schütteln. Lebrikizumab wird subkutan in den Oberschenkel oder den Bauch injiziert, außerhalb eines 5 cm großen Bereiches um den Bauchnabel. Wenn eine andere Person die Injektion verabreicht, kann diese auch in den Oberarm erfolgen. Bei jeder Gabe sollte die Injektion an einer anderen Stelle erfolgen.
Der Antikörper sollte nicht in Hautbereiche injiziert werden, die berührungsempfindlich oder geschädigt sind beziehungsweise blaue Flecken oder Narben aufweisen. Die häufigsten Nebenwirkungen von Ebglyss sind Konjunktivitis, Reaktionen an der Injektionsstelle, allergische Konjunktivitis und trockenes Auge.
Bei Patienten, die mit Lebrikizumab behandelt werden und eine Konjunktivitis entwickeln, die nach der Standardbehandlung nicht abklingt, ist eine Abklärung beim Augenarzt erforderlich. Patienten mit vorbestehenden Helminthosen sollten vor Start der Therapie mit dem neuen Antikörper behandelt werden. Wenn eine Wurmerkrankung während der Lebrikizumab-Therapie eintritt und nicht auf eine Behandlung mit Anthelminthika anspricht, sollten die Patienten die Antikörper-Therapie unterbrechen, bis die Infektion abgeklungen ist.
Vor Beginn der Therapie mit Lebrikizumab wird die Durchführung aller altersgemäßen Impfungen gemäß den aktuellen Impfrichtlinien empfohlen. Lebendimpfstoffe und attenuierte Lebendimpfstoffe sollten nicht gleichzeitig mit Lebrikizumab verabreicht werden, da die klinische Sicherheit und Wirksamkeit nicht nachgewiesen sind. Patienten unter Lebrikizumab-Behandlung können laut Fachinformation aber inaktivierte oder Totimpfstoffe erhalten.
Als Vorsichtsmaßnahme ist die Anwendung des neuen Medikaments während der Schwangerschaft zu vermeiden. In der Stillzeit ist zu entscheiden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit dem Antikörper verzichtet werden soll. Dabei ist sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen.