| Sven Siebenand |
| 01.12.2025 16:00 Uhr |
Beim seltenen familiären Chylomikronämie-Syndrom reichern sich große Mengen Triglyceride im Blut an. / © Adobe Stock/piyaset
Zugelassen ist der neue Wirkstoff ergänzend zu einer Diät zur Behandlung erwachsener Patienten mit genetisch bestätigtem familiären Chylomikronämie-Syndrom (FCS). Genmutationen verursachen beim FCS eine Funktionsstörung des Enzyms Lipoproteinlipase (LPL). Betroffene können dadurch Chylomikronen, Lipoproteine, die überwiegend aus Triglyceriden bestehen, nicht abbauen. Diese reichern sich somit im Blut an. Typische Symptome sind Bauchschmerzen, Fettablagerungen unter der Haut und Pankreatitis (Entzündung der Bauchspeicheldrüse). Letztere kann unter Umständen auch tödlich verlaufen.
Olezarsen ist ein sogenanntes Antisense-Oligonukleotid, ein kurzes Stück synthetische RNA. Der Wirkstoff ist so konzipiert, dass er die Produktion von Apolipoprotein C-III (APOC-III) im Körper hemmt. Das funktioniert, indem Olezarsen an die Boten-RNA (mRNA) von APOC-III bindet, was dazu führt, dass dieses Protein nicht hergestellt wird. APOC-III wird vor allem in der Leber produziert und spielt für den Triglycerid-Stoffwechsel eine wichtige Rolle. Wird es nicht mehr produziert, ermöglicht das im Körper den Chylomikronen-Abbau über einen LPL-unabhängigen Weg. Die Folge: Der Triglycerid-Spiegel im Blut sinkt.
Der Wirkmechanismus klingt innovativ, ist es aber nicht wirklich. Denn bereits 2019 kam der Wirkstoff Volanesorsen (Waylivra®) für die FCS-Behandlung auf den deutschen Markt. Er wirkt genauso.
Olezarsen wird einmal monatlich subkutan injiziert. Die empfohlene Dosierung sind 80 mg. Nach entsprechender Einweisung kann Tryngolza von den Patienten selbst oder deren Betreuungspersonen injiziert werden. Die Injektion soll in den Bauch oder in die Oberschenkelvorderseite abgegeben werden. Wenn eine medizinische Fachperson oder eine Betreuungsperson die Injektion verabreicht, kann auch die Rückseite des Oberarms als Injektionsstelle verwendet werden. Olezarsen darf nicht in Hautbereiche injiziert werden, an denen sich ein Hämatom befindet oder die empfindlich, gerötet oder verhärtet sind, und nicht in Narben oder geschädigte Haut. Auch der Bereich um den Nabel ist zu meiden.
Olezarsen wurde bei schwerer Nierenfunktionsstörung oder terminaler Niereninsuffizienz nicht untersucht und darf bei diesen Patienten nur dann angewendet werden, wenn der zu erwartende klinische Nutzen das Risiko überwiegt. Gleiches gilt bei mittelgradiger oder schwerer Leberfunktionsstörung.
Tryngolza kann mit anderen lipidsenkenden Arzneimitteln, etwa Statinen und Fibraten, kombiniert werden.
Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen sind Erytheme an der Injektionsstelle, Kopfschmerz, Gelenkschmerzen und Erbrechen.
Als Vorsichtsmaßnahme soll vorzugsweise eine Anwendung von Olezarsen bei Schwangeren vermieden werden. Gebärfähige Frauen müssen zuverlässige Verhütungsmethoden anwenden. Bei Stillenden ist eine Entscheidung darüber zu treffen, ob das Stillen oder die Behandlung mit Olezarsen unterbrochen wird.
Das neue Medikament ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C zu lagern. Tryngolza kann in der Originalverpackung außerhalb des Kühlschranks (bei bis zu 30 °C) bis zu sechs Wochen lang aufbewahrt werden.