Neues Infektionsrisiko für Europa? |
Schwangere sollten am besten nicht in tropische Gebiete reisen. Neben Zika-, Dengue- oder Chikungunya-Viren sorgen jetzt auch Oropouche-Viren für Infektionsgefahr. Wie sieht die Lage in Südeuropa aus? / © Getty Images/Johner Images - Kullman, Jonas
Die Fallzahlen des tropischen Oropouche-Fiebers sind weltweit höher als gedacht. Besonders Länder in Mittel- und Südamerika melden seit vergangenem Jahr einen massiven Anstieg von OROV-Infektionen. Die Panamerikanische Gesundheitsorganisation (PAHO/WHO) verzeichnete mehr als 11.000 bestätigte Fälle bis Ende des Jahres – darunter erstmals auch Todesfälle sowie Hinweise auf eine mögliche Übertragung während der Schwangerschaft mit schwerwiegenden Folgen wie Fehlgeburten und Mikrozephalie. Angesichts dieser Entwicklung stufte die Weltgesundheitsorganisation WHO das Risiko im betroffenen Raum als hoch ein. In Europa wurden bereits einzelne importierte Fälle bei Reiserückkehrenden festgestellt.
Bisher war unklar, ob auch in Europa verbreitete Stechmücken als Überträger des Virus infrage kommen können. Deshalb haben Forschende des Bernhard-Nocht-Instituts jetzt , schreibt das Instutfünf auf dem europäischen Kontinent verbreitete heimische (Culex pipiens und C. torrentium) und invasive Stechmückenarten (Aedes aegypti, A. japonicus und A. albopictus) untersucht. Dazu haben sie die Tiere mit den Oropouche-Viren infiziert und bei unterschiedlichen Temperaturen gehalten. Die Wissenschaftler analysierten, ob sich die Stechmücken tatsächlich mit OROV infizieren lassen und ob eine Übertragung durch den Speichel stattfinden kann.
Die eben publizierten Ergebnisse zeigen, dass nur die invasive Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) bei Temperaturen von 24 bis 27 °C eine geringe Vektorkompetenz für dieses Virus aufweist. Bei niedrigeren Temperaturen und bei den anderen getesteten Stechmückenarten ließ sich keine Virusübertragung nachweisen, heißt es in einer Pressemitteilung des Instituts.
Um die epidemiologische Relevanz dieser Beobachtung einzuordnen, kombinierten die Forschenden ihre Labordaten mit Klimadaten und aktuellen Verbreitungskarten von der Tigermücke. Die Analyse zeigt, dass vor allem Regionen rund um das Mittelmeer klimatische Bedingungen aufweisen, die eine saisonale Virusübertragung im Sommer begünstigen könnten. Besonders betroffen wären dabei Gebiete in Spanien, Süditalien, Griechenland und der Türkei – Regionen, in denen Aedes albopictus bereits etabliert ist.
Dr. Anna Heitmann, Letztautorin der Studie, bezeichnet das Übertragungsrisiko als zwar »realistisches, aber begrenztes Risiko«. Da bisher nur reiseassoziierte Fälle und keine autochthon übertragenen bekannt wurden, muss derzeit nur bei Reiserückkehrern aus den Risikoländern, besonders auch bei Schwangeren beim Auftreten von Symptome an die Möglichkeit einer OROV-Infektion gedacht werden.