Neugeborenen-Screening wird erweitert |
Juliane Brüggen |
16.05.2025 14:00 Uhr |
Für das Screening wird ein Tropfen Blut aus der Ferse entnommen. / © Getty Images/Hayrullah Yondem
Neu hinzukommen sollen zukünftig ein Screening auf Vitamin-B12-Mangel sowie auf die seltenen, genetisch bedingten Stoffwechselerkrankungen Homocystinurie, Propionazidämie und Methylmalonazidurie. Da diese ebenso wie der Vitaminmangel zu Beginn oft symptomfrei verliefen und die frühe Erkennung einen direkten Therapiestart ermögliche, sei das Gremium zu einem positiven Votum gekommen, erklärt Professor Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA.
»Neue Zielerkrankungen können vom G-BA immer erst nach Abschluss eines aufwendigen Prüfprozesses in das Neugeborenen-Screening aufgenommen werden«, so Hecken weiter. »Denn jede Früherkennungsuntersuchung hat auch ein Schadenspotenzial – falsche Testergebnisse können beispielsweise zu unnötigen Sorgen bei den Eltern führen und zu überflüssigen Folgeuntersuchungen. Beim Vitamin-B12-Mangel und den drei sehr seltenen Stoffwechselerkrankungen überwiegen die Vorteile.«
Vitamin B12 ist ein wichtiges Coenzym, das an verschiedenen Stoffwechselreaktionen beteiligt ist. Ein Mangel kann beim Neugeborenen unter anderem zu Entwicklungsstörungen und Blutarmut führen. Oft entsteht ein Defizit, wenn die Mutter bereits mit Vitamin B12 unterversorgt war, in seltenen Fällen steht eine genetische Ursache dahinter. In ersterem Fall kann der Mangel schnell durch kurzzeitige Vitaminzufuhr behoben werden, in letzterem Fall erhält das Kind lebenslang Vitamin B12.
Homocystinurie ist durch einen erhöhten Homocysteinspiegel in Blut und Urin gekennzeichnet, es gibt verschiedene Krankheitstypen. Die Erkrankung ist genetisch bedingt. Homocystein ist eine nicht proteinogene Aminosäure, die beim Neugeborenen in zu hohen Konzentrationen unter anderem zu Entwicklungsstörungen, Sehproblemen und Krampfanfällen führen kann. Die Therapie besteht aus der Gabe von Vitaminen und Betain sowie einer proteinarmen Ernährung.
Auch Propionazidämie und Methylmalonazidurie sind sehr seltene, genetisch bedingte Stoffwechselerkrankungen. Ohne Therapie können Herzerkrankungen, Entwicklungsstörungen und Niereninsuffizienz auftreten. Ist die Krankheit festgestellt, werden unter anderem spezielle Diäten eingesetzt, um Stoffwechselentgleisungen zu vermeiden.
Der G-BA-Beschluss zur Erweiterung des Neugeborenen-Screenings sowie eine Stellungnahme der Gendiagnostik-Kommission (GEKO) werden im nächsten Schritt an das Bundesministerium für Gesundheit weitergeleitet. Wenn dieses keine Beanstandungen hat, kann der Beschluss nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft treten. Die Screening-Labore haben wiederum zwölf Monate Zeit, die neuen Untersuchungen zu implementieren. Daher ist mit den neuen Untersuchungen voraussichtlich ab Mai 2026 zu rechnen.