PTA-Forum online Avoxa
instagram facebook

Verordnungskaskade bei Gabapentin
-
Ödem nur selten als Nebenwirkung erkannt

Bleibt ein Symptom als Nebenwirkung unerkannt, kann dies zur unnötigen Verordnung eines weiteren Medikaments führen. Eine Studie hat dies am Beispiel der Gabapentinoide untersucht.
AutorKontaktPZ
Datum 11.12.2025  16:00 Uhr
Ödem nur selten als Nebenwirkung erkannt

Verordnungskaskaden tragen in relevantem Ausmaß zur Polymedikation bei, vor allem bei älteren Menschen. Solche Kaskaden zu vermeiden, ist nicht leicht, da es meistens mehr als eine mögliche Erklärung für das Auftreten eines Symptoms bei einem Patienten gibt. Wichtig ist, dass potenzielle Nebenwirkungen der bestehenden Medikation als mögliche Auslöser in Betracht gezogen werden.

Am Beispiel der Gabapentinoide hat nun ein Team um den Geriater Professor Dr. Matthew E. Growdon von der University of California in San Francisco untersucht, wie oft Ärzte Nebenwirkungen als Symptomauslöser berücksichtigten. Denn Arzneistoffe wie Gabapentin oder Pregabalin können bei 7 bis 10 Prozent der behandelten Patienten periphere Ödeme auslösen. Bei betagten Personen, die darüber hinaus noch weitere Medikamente anwenden, kommen dafür aber auch andere Ursachen in Betracht, zum Beispiel eine Herzschwäche.

Die durch Gabapentinoide ausgelösten Ödeme mit einem Schleifendiuretikum wie Torasemid oder Furosemid zu behandeln, statt die Dosis des Gabapentinoids zu reduzieren, erhöht die Medikamentenlast und das Risiko für unerwünschte Wirkungen. So können Schleifendiuretika ihrerseits die Nierenfunktion beeinträchtigen, Elektrolyte entgleisen lassen und infolge einer orthostatischen Hypotonie das Sturzrisiko erhöhen.

Diuretika produzieren weitere Nebenwirkungen

In der untersuchten Gruppe der US-Veteranen identifizierten die Forscher 120 Personen, denen zunächst ein Gabapentinoid und kurze Zeit später ein Schleifendiuretikum verordnet worden war. Das Durchschnittsalter der fast ausschließlich männlichen Teilnehmer betrug knapp 74 Jahre; 88 Prozent von ihnen nahmen dauerhaft fünf oder mehr Medikamente ein.

Der Studie zufolge zogen die verordnenden Ärzte eine Nebenwirkung des Gabapentinoids als Ursache des Ödems nur äußerst selten in Betracht – nämlich nur bei vier Patienten. Stattdessen wurde meist eine Herzinsuffizienz oder eine venöse Stauung vermutet. In den 60 Tagen nach Ansetzen des Diuretikums traten bei 28 Patienten potenzielle Nebenwirkungen wie eine Verschlechterung der Nierenfunktion, orthostatische Beschwerden, Elektrolytverschiebungen und Stürze auf. Sechs Patienten mussten infolge solcher Beschwerden die Notaufnahme aufsuchen und/oder stationär behandelt werden.

Es sei zwar nicht nachgewiesen, dass die Ödeme bei diesen Patienten tatsächlich auf das Gabapentinoid zurückzuführen seien, doch sei diese Annahme plausibel, so die Autoren. Daher sei es bemerkenswert, wie selten diese mögliche Ursache überhaupt bedacht wurde, insbesondere auch angesichts der Häufigkeit potenzieller negativer Effekte der Diuretika-Anwendung.

Die Forschenden weisen darauf hin, dass die verordnenden Ärzte bei der Ursachensuche häufig weitere diagnostische Maßnahmen ergriffen, etwa ein EKG oder auch eine Ultraschalluntersuchung der unteren Extremität, statt die Medikationsliste des Patienten nach einem möglichen Auslöser zu durchforsten. Mehr noch: In Fällen, in denen dies tatsächlich geschah, wurden häufig gar nicht die Gabapentinoide als potenzielle Verursacher erkannt, sondern beispielsweise Calciumkanalblocker, weshalb die Dosis des Gabapentinoids sogar teilweise erhöht statt gesenkt wurde.

TEILEN
Datenschutz

Mehr von Avoxa