Off-Label-Use treibt Lieferengpässe an |
Für das Diabetesmedikament Ozempic gelten im Moment besondere Vorgaben bei der Rezeptbelieferung, um die Off-Label-Anwendung zu unterbinden. / Foto: Adobe Stock/OmarHalawi
Semaglutid hat über die sozialen Netzwerke Berühmtheit erlangt – auch, weil einige Prominente mithilfe des GLP-1-Antagonisten abgenommen haben sollen. So erwähnte Elon Musk auf die Frage nach dem Geheimnis seines Aussehens neben dem Fasten auch den Namen des Arzneimittels. Ärzte berichten von verstärkten Nachfragen nach dem Mittel.
In der EU ist Semaglutid seit 2018 unter dem Handelsnamen Ozempic® als Diabetesmedikament im Handel. Aktuell ist dieses jedoch von Lieferengpässen betroffen – offenbar, weil Abnehmwillige es vermehrt im Off-Label-Gebrauch erhalten. »Das Medikament wird gehypt und plötzlich hat man einen Off-Label-Use für das Medikament, der die Nachfrage treiben kann«, sagte David Francas, Professor für Daten- und Lieferkettenanalyse an der Hochschule Worms.
»Es geht nicht an, dass ein Antidiabetikum off-label für jemanden verschrieben wird, der abnehmen möchte. Das ist ein Unding, ich habe doch eine Verantwortung als Verschreiber«, kritisierte auch Torsten Hoppe-Tichy, Leiter der Apotheke des Universitätsklinikums Heidelberg, diese Nutzung. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) warnt vor Risiken und Nebenwirkungen und »einer von den Zulassungsbehörden nicht freigegebenen, unkontrollierten Anwendung«.
Dass Semaglutid zur Gewichtsreduktion beiträgt, zeigten klinische Studien: Patienten, die begleitend zu Lebensstiländerungen eine Dosis Semaglutid pro Woche erhielten, verloren im Schnitt nach 68 Wochen etwa 15 Prozent Gewicht. Eine Vergleichsgruppe, die ein Scheinmedikament bekam, nahm im gleichen Zeitraum nur gut 2 Prozent ab, wie es im »New England Journal of Medicine« hieß.
Unter dem Handelsnamen Wegovy® erhielt Semaglutid 2022 in der EU eine separate Zulassung für den Bereich der Gewichtskontrolle. Gedacht ist es für Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) ab 30, also Adipositas, und Übergewichtige mit einem BMI ab 27 und mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung. Verfügbar ist das Präparat in Deutschland jedoch noch nicht, wie der Hersteller Novo Nordisk Pharma auf Anfrage bestätigte. Hintergrund ist die weltweit starke Nachfrage.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) empfahl im April 2023 Maßnahmen, mit denen die Versorgung mit den GLP-1-Antagonsiten Ozempic und Trulicity® (Dulaglutid) sichergestellt werden soll. »So soll die verordnete Menge der genannten Arzneimittel den Bedarf für drei Monate nicht übersteigen. Die Verordnung von Trulicity® ist demnach auf maximal zwölf Fertigpens (N3) und die von Ozempic® auf maximal drei Fertigpens (N3) beschränkt«, meldete die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK).
Die Arzneimittel dürfen nur für Menschen mit Typ-2-Diabetes verordnet werden. Der Einsatz außerhalb der zugelassenen Indikationen solle nur im Rahmen klinischer Studien erfolgen. Für Apotheken besonders relevant: Bei Verordnungen auf Privatrezept soll nun immer die Angabe einer zugelassenen Indikation erfolgen, also Typ-2-Diabetes. »Sofern die Angabe der Indikation auf der oben beschriebenen Verordnung fehlt, soll die Apotheke Rücksprache mit der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt halten, um sich bestätigen zu lassen, dass für eine zulassungskonforme Indikation verordnet wurde«, teilt das BfArM mit. Beide Arzneimittel sollen zudem nicht mehr unter Vorlage des Arztausweises abgegeben werden.