Panik vor der Schwangerschaft |
Isabel Weinert |
10.07.2025 08:00 Uhr |
Für Frauen mit Tokophobie ist allein schon die Vorstellung, schwanger zu werden, mit großer Angst besetzt. / © Adobe Stock/pressmaster
»Toko« ist ein Wortbestandteil, der sich auf Geburt bezieht. Phobie bedeutet Angst. Frauen mit Tokophobie haben entweder eine fürchterliche Angst davor, schwanger zu werden, oder aber, wenn sie es versehentlich doch geworden sind, vor der Geburt. Dabei fürchten die Frauen die Schmerzen durch Wehen und Geburt, vertrauen Ärzten und Hebammen nicht oder haben Angst, das Kind könne tot oder schwer krank auf die Welt kommen.
Betroffene Frauen unternehmen alles, um nicht schwanger zu werden, verzichten gegebenfalls auch vollständig auf Sexualität oder auf Partnerschaften, wenn der Partner gerne eine Familie gründen würde. Wenn sie Sex haben, verkrampfen sie sich unter Umständen so stark, dass es das Erleben deutlich beeinträchtigt. Kommen die Themen Schwangerschaft und/oder Geburt zur Sprache, zeigen sie Symptome, die Panikattacken auslösen, also etwa Herzrasen, Schweißausbrüche und Atemprobleme. Die Phobie kann über unbewusste Verspannungen auch den Blutdruck erhöhen, den Schlaf beeinträchtigen und Kopfschmerzen fördern.
Es gibt eine erbliche Komponente, weil Frauen, deren Mütter unter dieser Angst litten, ebenfalls dazu neigen. Allerdings könnte auch lediglich die Neigung zu einer Angsstörung vererbt sein, diese spezielle sich aber ausprägen, weil die Frau über ihre Mutter bereits davon gehört hat und sich die Angsstörung dann darin manifestiert. Entwickelt bereits ein junges Mädchen diese Angst, spricht man von einer primären Form. Sie wird befördert, wenn das Mädchen Schauergeschichten über Schwangerschaft und Geburt erfährt, in den Medien darüber liest, wenn es dem eigenen Körper nicht richtig traut oder auch, wenn es missbraucht wurde.
Bei der sekundären Form kann sich die Phobie nach einer als traumatisch erlebten Schwangerschaft, Geburt, hier auch nach Zangengeburten oder nicht geplanten Kaiserschnitten und/oder nach einer Totgeburt entwickeln. Frauen, die nach der Geburt eine vorübergehende psychiatrische Erkrankung durchleben müssen, etwa eine postpartale Depression, können auch deshalb vor einer zweiten Schwangerschaft eine Phobie entwickeln. Wer bereits unter einer anderen Angststörung leidet oder eine solche durchleiden musste, trägt auch ein höheres Risiko für eine Tokophobie. Auch unbedachte Äußerungen von Frauenärzten während einer Schwangerschaft können eine starke Angst vor der Geburt auslösen.
Am wichtigsten: Betroffene Frauen dürfen nicht aus Scham schweigen, sondern sollten Menschen haben, denen gegenüber sie ihre Angst äußern dürfen und können. Im Idealfall ist das ein verständnisvoller Partner. Er kann jedoch nicht therapeutisch wirken. Dafür eignet sich eine psychotherapeutische Behandlung wie etwa eine kognitive Verhaltenstherapie oder auch eine Traumatherapie. Bei großer Angst speziell vor dem Geburtsvorgang können auch Hebammen wertvolle Hilfe leisten. Sie wissen oft auch, welche Entspannungstechniken positiv wirken und bei wem sie die Schwangere erlernen kann. Hebammen können oft auch zu einem verbesserten Körperbewusstsein anleiten. Zudem bringt ihre Sachkenntnis über die angstbesetzten Themen mehr Sicherheit.
Vielen Menschen hilft bei ausgeprägten Ängsten auch der Austausch mit anderen Betroffenen. Selbsthilfegruppen oder entsprechende Foren im Internet könnten deshalb ebenfalls hilfreich sein. Allerdings ersetzt gerade Letzteres nicht den persönlichen Austausch mit Therapeutin, Hebamme oder Familie, weil sich gerade in Internetforen auch mitunter Menschen aufhalten, die die Unsicherheit verstärken und das Problem damit verschärfen.