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Herstellung gegen den Mangel

Paracetamol-Saft

Derzeit mangelt es zumindest regional an Paracetamol-Präparaten. Die Versorgungslücke nicht nur für Säuglinge und Kleinkinder, sondern auch für Menschen mit Schluckstörungen lässt sich mit einem Saft aus der Apothekenrezeptur leicht schließen.
Ingrid Ewering
14.05.2020  13:00 Uhr

Die Zusammensetzung von Paracetamol-Säften ist rasch gefunden (Tabelle 1). Das Originalpräparat Benuron® ist mit dem Verdickungsmittel Tragant stabilisiert. Es enthält ein Konservierungsmittelgemisch, bestehend aus Methyl- und Propyl-4-hydroxybenzoat (PHB-Estern). Dem Propylester wird in höheren Dosen eine estrogenartige Wirkung gerade bei den Allerkleinsten nachgesagt. Die EU-Behörden und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) beurteilen diese Konservierung bei bereits vermarkteten Produkten in niedriger Konzentration als vertretbar sicher. Deshalb ist Benuron® bereits für Säuglinge ab 0 Monaten zugelassen.

Benuron® Saft Paracetamol Saft STADA®
Darreichungsform Suspension 40 mg/ml 200 mg / 5 ml Lösung
Inhaltsstoffe in abnehmender Konzentration Gereinigtes Wasser, Sucrose (Zucker), Natriumcitrat, Tragant, Citronensäure-Monohydrat, Sahne Aroma, Methyl-4-hydroxybenzoat, Propyl-4-hydroxybenzoat, Gelborange Natriummetabisulfit, Propylenglycol -> Konservierungsmittel und Lösungsvermittler, Sacharin-Natrium, Sorbitol-Lösung 70% (nicht kristallisierend), Gereinigtes Wasser, Himbeer-Aroma, Sahne-Aroma
Zugelassen ab Säuglinge 0 bis 3 Monate mit 3 kg Körpergewicht Keine Anwendung bei Säuglingen. Kleinkinder im Alter von 6 bis 12 Monaten und dem Gewicht von 7 bis 9 kg Körpergewicht dürfen als Einzeldosis 100 mg und als Gesamtdosis maximal 400 mg am Tag einnehmen
Tabelle 1: Zwei Fertigarzneimittel im Vergleich

Alternativ kann das süßlich-scharf schmeckende Propylenglycol in 20-prozentiger Konzentration bezogen auf die Wasserphase eingesetzt werden. Das machen zum Beispiel 1A Pharma, HEXAL, STADA und viele andere Produzenten bei ihrem Fertigprodukt. Aber das konservierende sowie lösungsvermittelnde Agens ist nicht nur bei Früh- sowie Neugeborenen in den ersten Lebensmonaten als kritischer Hilfsstoff bekannt. Die Packungsbeilage erlaubt die Anwendung deshalb erst ab dem Alter von sechs bis zwölf Monaten und einem bestimmten Körpergewicht. Denn die Kleinkinder können aufgrund der noch nicht ausgereiften Enzymleistung Alkohol nur unzureichend verstoffwechseln, so dass er im Körper zu kumulieren droht. Außerdem sind Vorerkrankungen wie eine eingeschränkte Nieren- oder Leberfunktion zu beachten. Unter hohen Dosen oder bei längerer Anwendung sind Ereignisse wie Übersäuerung des Blutes (Laktatacidosen) in der Literatur beschrieben. Auch ist es in hohen Dosen osmotisch aktiv und löst dann Diarrhoe aus.

Lösungen oder Suspensionen

Im DAC/NRF Rezepturhinweis »Paracetamol« sind süße Lösungen als sogenannte Rahmenrezepturen veröffentlicht. Sie wurden in den letzten vier Jahrzehnten aus ursprünglich ethanolischen Lösungen durch Krankenhausapotheker entwickelt, geprüft und für einzelne Kliniken standardisiert. Der Hauptunterschied liegt in der Art des verwendeten Aromas, mit dem breiten Spektrum von Bitterorangenschalen über Erdbeere, Grapefruit bis Kakao. Da Paracetamol nur wenig wasserlöslich ist, ist das problematische Lösungsmittel Propylenglycol in Konzentrationen bis zu 60 Prozent enthalten. Deshalb ist die Applikation erst ab dem Alter von fünf bis sechs Jahren vertretbar.

Paracetamol Saft 66,67 mg/ml (»1000 mg/15 ml«), Quelle: ADKA Formulierung 2002 und »Hausvorschriften«
Paracetamol 66,67 g
Propylenglycol 600,0 g
Saccharin-Natrium 1,5 g
Aroma – sehr variabel Eigenspezifikation 1,06 g
Wasser für Injektionszwecke 1055,00 g
(entspricht ca. 1000,0 ml)
Herstellungsanweisung:
Propylenglycol in einem Becherglas vorlegen und das abgewogene Paracetamol hinzufügen.
Dann Saccharin-Natrium sowie Aroma wie zum Beispiel Bitterorangen zuwiegen und rühren.
Unter Rühren kaltes Wasser ergänzen und circa zwei Stunden unter stetigem Mischen lösen.
Der Ansatz darf dabei maximal bis zu 40 °C erwärmt werden, ansonsten zersetzt sich das Analgetikum.
Tabelle 2: Zusammensetzung einer verbreiteten Paracetamol Lösung in Krankenhausapotheken

Als Alternative kann in Anlehnung an die standardisierten Rezepturen der NRF Vorschriften 2.5. und 26.4. eine Suspensionszubereitung hergestellt werden (Tabelle 4). Den auch unter dem Namen Acetaminophen bekannten Arzneistoff gibt es laut Rezepturhinweis sowohl in grob gepulverter (»kristalliner«) als auch in fein gepulverter Form. Für die Herstellung von Suspensionen ist zumindest fein gepulverte Ware aufgrund der langsameren Sedimentation einzusetzen. Laut Ph.Eur. 2.9.35 wird die Feinheit von Pulvern folgendermaßen definiert:

Bezeichnung x50 (µm)
Grobkörniges Pulver ≥ 250
Mittelfeines Pulver 180 bis 355
Feines Pulver 125 bis 180
Sehr feines Pulver ≤ 125
Tabelle 3: Korngröße von Pulvern

Die Firma Caelo bietet momentan Paracetamol-Pulver mit einer Korngrößenverteilung von über 90 Prozent unter 125 µm an. Die Teilchengröße lässt sich als Eingangskontrolle des Wirkstoffes mikroskopisch nach DAC Probe 22 rasch überprüfen (»Mikroskopie-Korngröße richtig bestimmen« PTA-Forum 19/2019).

Das ebenfalls in Benuron® enthaltene natürliche Verdickungsmittel Tragant wird auch in NRF-Suspensionen eingesetzt. Das Analysenzertifikat des Lieferanten sollte bezüglich der Keimzahl ganz genau in Augenschein genommen werden. Denn natürliche Drogen wie Tragant sind recht hoch verkeimt (TYMC und TAMC) und können Enterobakterien enthalten. Deshalb wird es einem Keimreduktionsverfahren unterzogen, um den sehr engen Kriterien des Arzneibuches für wässrige Peroralia (Ph.Eur.-Text 5.1.4) standhalten zu können. Aufgepasst, hier gelten nicht die Keimzahlen der Monografie Tragant, sondern die des Endproduktes, die schärfer sind. Deshalb ist auch das Konservierungsmittel-Pärchen viel höher dosiert im Vergleich zum Beispiel mit der Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen (NRF S.52.). Da die Dosierung über Volumen erfolgt, wird mit gereinigtem Wasser zu 100 ml ergänzt. Dazu bitte einen fein graduierten Meßzylinder bei annähernd 20 °C einsetzen. Zur Überprüfung der tatsächlichen Temperatur bietet sich die kontaktlose Messung mit einem Infrarotthermometer an (DAC Probe 12 Punkt 10).

Hydrochlorothiazid-Suspension 2 mg/ml (NRF 26.4.) Naproxen – Suspension 50 mg/ml (NRF 2.5.) Paracetamol-Suspension 40 mg/ml
Wirkstoff 0,2 g 5,0 g 4,0 g
Süßungsmittel Saccharose 22,0 g 22,0 g 22,0 g
Geschmackskorrigienz Natriumchlorid 0,5 g 0,5 g 0,5 g
Konservierungsmittel Kaliumsorbat 0,15 g 0,15 g 0,15 g
Konservierungsmittel Citronensäure 0,35 g 0,35 g 0,35 g
Verdickungsmittel Tragant Ph.Eur 0,6 g 0,6 g 0,6 g
Suspensionsmedium Gereinigtes Wasser zu 109,1 g entspricht 100 ml zu 110 g entspricht 100 ml zu 100 ml
Tabelle 4: Herstellung Paracetamol Suspension in Anlehnung an die NRF Vorschriften: Anstelle der Wirkstoffe Naproxen oder Hydrochlorothiazid ist die verordnete Menge Paracetamol zu verwenden

Moderne Grundlage

Als Alternative bietet sich die Suspension zum Einnehmen DAC (NRF S. 52.) an. Sie enthält mit Hydroxyethylcellulose ein mikrobiell nicht problematisches Verdickungsmittel. Deshalb ist es klassischerweise nur mit 0,14 Prozent Kaliumsorbat und 0,07 Prozent Citronensäure konserviert. Als Süßungsmittel wird Glucose eingesetzt. Denn viele Ärzte und auch Eltern bevorzugen diese Fructose-freie Alternative zum Süßen nicht nur für die Allerkleinsten.

Bisher sind im NRF zwei standardisierte Suspensionen veröffentlicht:

  • Sildenafil-Suspension: 10 mg/ml – (NRF 10.7.) zu 104,6 g entspricht 100 ml
  • Spironolacton-Suspension: 5 mg/ml – (NRF 26.5.) zu 104,3 g entspricht 100 ml

Sowohl Sildenafil als auch Spironolacton sind mikronisierte Wirkstoffe, die eine Korngröße unter 50 µm besitzen. Die Herstellung einer Paracetamol-Suspension 40 mg/ml sollte bei Bedarf in Anlehnung an die standardisierten NRF-Rezepturen erfolgen. Sollen 100 ml Paracetamolsaft abgegeben werden, so muss nach aktuellen Erkenntnissen zu 104,8 g mit der Suspensionsgrundlage aufgefüllt werden.

Inwieweit das gepulverte Paracetamol in der Suspensionsgrundlage homogen verteilt, gleichförmig zu dosieren und nach Standzeiten aufschüttelbar ist, wird zurzeit beim DAC/NRF untersucht. Dann sind diese im Rezepturenfinder beziehungsweise Rezepturhinweis des DAC/NRF zu finden. Da die Verfügbarkeit der Paracetamol-Rezeptursubstanz unsicher ist, ist auch die Praktikabilität mit 500-mg-Paracetamol-Tabletten unterschiedlicher Hersteller als Wirkstoffquelle untersucht worden. Auf eine Zerkleinerung der Tabletten im rauen Mörser wurde verzichtet. Denn die acht für diesen Ansatz benötigten Tabletten brauchen vor der Verarbeitung nicht gepulvert zu werden. Es reicht, sie mit etwas Grundlage in der Fantaschale erweichen zu lassen, mit etwas Grundlage anzuteigen und zur Sollmasse mit der Suspensionsgrundlage zu verrühren. Aufgrund des ähnlichen und hohen Wirkstoffanteils der Tabletten ist der 100-ml-Ansatz mit 105,1 g festzulegen.

  • Paracetamol-Suspension: 40 mg/ml – aus Pulver zu 105,0 g entspricht 100 ml
  • Paracetamol-Suspension: 40 mg/ml – aus 8 Tabletten zu 105,1 g entspricht 100 ml

Das Fertigprodukt

Die Firma fagron bietet mit SyrSpend® SF PH4 zwei flüssige Suspensionsgrundlagen an: eine mit Kirscharoma versetzte und eine aromafreie Variante. Laut Kompatibilitätstabelle ist bis zu 50 mg Paracetamol/ml für 90 Tage stabil. Diese Aufbrauchfrist gilt sowohl für die Lagerung bei Raumtemperatur von 15 bis 25 °C als auch bei Kühlschranktemperatur von 2 bis 8 °C. Als Applikationshilfe ist eine Kolbendosierpipette angegeben, die unbedingt nach jedem Gebrauch sorgfältig mit lauwarmem Wasser zu reinigen ist. Das Fertigprodukt enthält bis auf das Konservierungsmittel sehr gut verträgliche Inhaltsstoffe. Die Anwendung bei Kindern unter zwei Jahren wird wegen der Anwesenheit der antimikrobiell wirksamen Benzoesäure-Ester nicht empfohlen. Dann kann das konservierungsmittelfreie SyrSpend® SF Pulver wahlweise mit Kirschgeschmack oder aromafrei verwendet werde. Die Aufbrauchfrist verkürzt sich auf 60 Tage.

Als Alternative zur Herstellung von peroralen Flüssigkeiten bietet sich immer die Produktion von pädiatrischen Kapseln an. Deren Inhalt wird ausgefüllt und mit Wasser appliziert (siehe auch PTA-Forum 3/2019).

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