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Umckaloabo

19.10.2006  13:46 Uhr

Zungenbrecher kuriert den Rachen

von Ulrich Meyer, Berlin

Jeder Hersteller ist glücklich, wenn sich der Name seines Produktes im Gedächtnis der Verbraucher fest einprägt. Das gilt auch für die Arzneimittel-Hersteller. Deshalb raten Werbefachleute meist davon ab, einen komplizierten Namen zu wählen. Ganz gegenläufig zu diesem Grundsatz macht in den letzten Monaten ein Arzneipflanzen-Präparat Furore, dessen Name sich wie ein Zungenbrecher liest: Umckaloabo. Lange wurde die Pflanze nur als Geheim-Tipp gehandelt.

Bei genauer Beschäftigung mit der Herkunft der Pflanze zeigt sich indes, dass sich auch hinter diesem Zungenbrecher eine Indikation versteckt, die allerdings inzwischen obsolet ist! Unter "umKhulane" fassten die Angehörigen des im südlichen Afrika beheimateten Zulu-Stammes die Symptome der Lungen-Tuberkulose zusammen. Die schneidenden Schmerzen in der Brust nannten sie "uHlabo". Für die Heilpflanze leiteten sie daraus den volkstümlichen Namen Umckaloabo ab. Damit bezeichneten sie die zwei Pelargonium-Arten: reniforme und sidoides.

Die Geranie aus Afrika

Die Sträucher blühen violett und wachsen bis zu einem halben Meter hoch; sie gehören zur Familie der Geraniaceae. Ihr Aussehen erinnert durchaus an die gewöhnlichen Balkon-Geranien. Die Wurzeln der beiden Spezies dienen den südafrikanischen Medizinmännern möglicherweise schon seit Jahrhunderten zur Behandlung von Atemwegsinfektionen. 1897 genas der Engländer Charles Henry Stevens bei einer Afrika-Reise von seiner schweren Lungen-Tuberkulose, wobei neben dem sicherlich wohltuenden Klimawechsel die Umckaloabo-Wurzel ihren Teil beigetragen haben soll. Stevens führte schon bald und voller Begeisterung die Heilpflanze in den europäischen Arzneischatz ein. Doch ab den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts geriet die Wurzel nach der Entwicklung hochwirksamer Tuberkulose-Mittel in Vergessenheit und galt nur noch besonderen Kennern der Phytotherapie als Geheim-Tipp.

Für das Schattendasein war auch die schwierige Beschaffung der Droge verantwortlich, denn Jahrzehnte standen die Pelargonium-Wurzeln - ähnlich wie die der in Südwestafrika heimischen Teufelskralle - nur aus Wildsammlungen zur Verfügung. Erst in den neunziger Jahren begann der kontrollierte Anbau, aber auch die nähere phytochemische und pharmakologische Erforschung der Droge. Wie sieht der aktuelle Kenntnisstand aus?

Als wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe gelten zur Zeit Cumarine, Gallussäure-Derivate und Catechin-Verbindungen. Der Extrakt entfaltet antibakterielle, antivirale und sekretolytische, also schleimlösende Wirkungen, woraus sich die Einsatzmöglichkeiten unmittelbar ableiten lassen. Atemwegs- und HNO-Infektionen wie Mandel- und Nebenhöhlen-Entzündungen gelten als die Domäne der Umckaloabo. Sie soll die therapeutische Lücke schließen zwischen den "einfachen" Immunstimulantien auf der einen Seite und den synthetischen Expektorantien sowie Antibiotika auf der anderen Seite.

Für den antimikrobiellen Effekt wird ein besonderer Wirkungsmechanismus verantwortlich gemacht. Der Extrakt von Umckaloabo verhindert, dass Bakterien und Viren sich an die Zielzelle anheften und somit dort eindringen können. Dadurch wirkt der Extrakt mäßig antibakteriell, vor allem gegen Staphylo- und Streptokokken. Außerdem stimuliert er das Immunsystem, indem er Makrophagen aktiviert.

Tinktur für Nase, Hals und Lunge

Wenngleich die komplexen Wirkungsmechanismen noch nicht abschließend geklärt sind, ließ sich die Wirksamkeit von Umckaloabo in Anwendungsbeobachtungen und kontrollierten Studien belegen. Positiv fiel eine Prüfung im Vergleich zu Acetylcystein bei der akuten Bronchitis von Kindern aus: Die Präparate waren gleich wirksam. Bei der Mandel-Entzündung erwies sich die Tinktur dem Placebo, aber auch einer rein symptomatischen Therapie mit Paracetamol, Obstessig-Gurgeln und Halswickeln überlegen. Ferner heilten Nasennebenhöhlen-Entzündungen unter Umckaloabo-Therapie gut. Weitere kontrollierte klinische Untersuchungen sind im Gange.

Auch für Kinder geeignet

Die Verträglichkeit des Extraktes ist gut. Als Gegenanzeigen gelten Schwangerschaft und Stillzeit sowie schwere Leber- und Nieren-Erkrankungen. Da auch erhöhte Blutungsneigung eine Kontraindikation darstellt, ist in der Beratung eine eventuelle Antikoagulantien-Therapie mit Cumarin-Derivaten wie Phenprocoumon und Warfarin zu erfragen. Umckaloabo lässt sich auch bei Kindern gut einsetzen, die bekanntlich häufig unter chronisch-wiederkehrenden Atemwegs- und HNO-Infekten leiden.

Ein Tipp für die Apothekenpraxis: Vor der Empfehlung in der Selbstmedikation sollten Sie die souveräne Aussprache des Zungenbrechers proben! Aus Sicht des Kunden gibt es nur einen Wermutstropfen: Umckaloabo-Tinktur ist - verglichen mit anderen Phytopharmaka - teuer. Zum Trost: Ein Kuraufenthalt in einem Lungen-Sanatorium wie auf Thomas Manns Zauberberg in Davos ist allerdings noch deutlich kostspieliger.

Anschrift des Verfassers:
Dr. Ulrich Meyer
Hauptstraße 15
10827 Berlin

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