Polio-Impfstatus prüfen |
Die STIKO ruft dazu auf, den Impfpass daraufhin zu prüfen, ob eine Polio-Impfung vorhanden und vollständig ist. Impflücken sollten schnellstmöglich geschlossen werden. / © Getty Images/Westend61
»Angesichts des Nachweises von Schluckimpfstoff-abgeleiteten Polioviren in Abwasserproben in mehreren deutschen Städten im Oktober und November 2024 kommt der Polioimpfung weiterhin eine große Bedeutung zu«, heißt es von der STIKO. Zum Hintergrund: In allen sieben deutschen Städten, in denen das Abwasser auf Polio untersucht wird, wurden zuletzt Polioviren gefunden. Dabei handelt es sich um sogenannte zirkulierende Impfstoff-abgeleitete Polioviren (cVDPV) vom Typ 2. Diese stammen von den abgeschwächten Impfviren des oralen Lebendimpfstoffs ab, haben aber durch Mutationen ihre Pathogenität zurückgewonnen. Der Nachweis dieser Viren im Abwasser weist darauf hin, dass Menschen in Deutschland sie ausscheiden.
»Ungeimpfte oder nicht vollständig geimpfte Personen können sich bei mit cVDPV2-infizierten Menschen anstecken und an Poliomyelitis erkranken«, schreibt die STIKO. Es sei daher wichtig, den Impfstatus von Kindern als besonders vulnerable Gruppe für Poliomyelitis zu überprüfen und versäumte Impfungen schnellstmöglich nachzuholen. Die STIKO ruft alle Erziehungsberechtigten auf, den Impfstatus ihrer Kinder selbst zu überprüfen oder von medizinischem Personal in der Kinderarzt- beziehungsweise Hausarztpraxis überprüfen zu lassen und fehlende Impfungen in Absprache mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt baldmöglichst nachzuholen.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat Leitfäden entwickelt, wie der Impfstatus im Impfpass bei Kindern von einem bis acht Jahren und von neun bis 17 Jahren geprüft werden kann. Empfohlen ist aktuell laut STIKO eine Grundimmunisierung im Säuglingsalter, bestehend aus drei Impfungen im Alter von zwei, vier und elf Monaten (2+1-Schema). Im Alter von neun bis 16 Jahren wird eine Auffrischimpfung empfohlen. Vor dem Jahr 2020 wurde nach einem 3+1-Schema grundimmunisiert.
Bei der Komplettierung der unvollständigen Grundimmunisierung sollte auf den Mindestabstand von sechs Monaten zwischen der zweiten und dritten Impfstoffdosis geachtet werden. Wurde die Grundimmunisierung nach dem 3+1-Schema begonnen, sollte die Komplettierung nach diesem Schema mit einem Mindestabstand von sechs Monaten zwischen dritter und vierter Impfstoffdosis abgeschlossen werden.
Dabei stellten leichte Erkältungskrankheiten keinen Grund dar, fällige Impfungen zu verschieben, heißt es von der STIKO. Unabhängig vom Alter ist auch bei Personen, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, wie Geflüchtete und Asylsuchende, die vollständige Grundimmunisierung für einen sicheren Schutz besonders wichtig.
Die STIKO hat die aktuell bestehenden Impfquoten in Deutschland im Journal »Epidemiologisches Bulletin« (50/2024) veröffentlicht. Bei den Polioimpfquoten besteht bundesweit noch Luft nach oben. Daten des RKI-Impfquotenmonitorings zeigten, dass mehr als eine halbe Million Kinder eines Geburtsjahrgangs zum ersten Geburtstag noch keinen vollständigen Polioimpfschutz aufweisen – das sind 79 Prozent. Mit zwei Jahren sind es immer noch mehr als 180.000 Kinder pro Jahrgang (23 Prozent).
Dabei bestünden deutliche regionale Unterschiede mit Impfquoten von weniger als 60 Prozent im Alter von zwei Jahren in manchen Landkreisen. Bei den Bundesländern hat Baden-Württemberg den schlechtesten Wert (66 Prozent), die besten Quoten erreichen Niedersachsen und Schleswig-Holstein (beide 82 Prozent).
»Um Fälle von Kinderlähmung zu verhindern, müssen Impfserien möglichst zeitnah abgeschlossen und bestehende Impflücken dringend geschlossen werden«, mahnt die STIKO. Das Ziel sei eine Impfquote von mindestens 95 Prozent mit drei Impfstoffdosen bis zum Ende des ersten Lebensjahres. Bislang seien weder Verdachtsfälle noch bestätigte Fälle von Poliomyelitis an das RKI übermittelt worden.