Probiotika für die Haut |
Die Dermatologin hat im Rahmen ihrer Forschungstätigkeit nach natürlichen Möglichkeiten gesucht, das Hautmikrobiom von Neurodermitis-Patienten wieder ins Lot zu bringen. Mit Erfolg: Ihre Arbeitsgruppe hat den Bakterienkomplex Baplexin® 621 entwickelt, der sich aus neun entzündungshemmenden Bakterienstämmen zusammensetzt. Die Pulvermischung wird zur Zubereitung für ein Teilbad in Wasser aufgelöst und dabei aktiviert (Omnibiotic® Skin Hautbad). Säuglinge können komplett darin baden. Die Dermatologin bezeichnete das Probiotikum als neuen Therapieansatz in der Therapie von atopischer Neurodermitis.
Probiotische Badezusätze eignen sich zur Neurodermitis-Therapie. / © Getty Images/Antonio Garcia Recena
»Durch die Bäder ließ sich in placebokontrollierten Studien die Konzentration von S. aureus innerhalb von 14 Tagen ohne weitere Therapien um 84 Prozent zurückdrängen und gleichzeitig die Vielfalt des Mikrobioms erhöhen. Der Schweregrad der Neurodermitis besserte sich deutlich sichtbar, und zwar umso effektiver, desto stärker der Ausgangsbefund war. Entzündungsparameter nahmen ab, genauso wie Juckreiz und Trockenheitsgefühl.« Angenehmer Nebeneffekt: Als Fußbad angewendet, reduziert der Bakterienkomplex signifikant Fußgeruch und schweißnasse Füße.
Neurodermitis-Patienten haben nach dem Baden oft das Bedürfnis, sich einzucremen. Deshalb wurde neben dem Granulat eine probiotische Fettsalbe (Omnibiotic® Skin Intensiv Pflegesalbe) formuliert. »Deren Grundlage ist wasserfrei – und damit nicht konserviert – und wurde ursprünglich als Stillsalbe für Brustwarzen entwickelt. Die enthaltenen pflanzlichen Lipide werden deshalb bereits von Säuglingen toleriert«, erläuterte die Dermatologin. »Am besten trägt man die Salbe auf die noch feuchte Haut nach dem Bad auf. Das dient der Aktivierung der Bakterien. Durch die Pflege wird das Hautmikrobiom in seinem Wiederaufbau gestärkt.«
Probiotika enthalten per Definition etwa der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche und angewandte Kosmetik lebende oder lebensfähige Mikroorganismen. Dazu meint Axt-Gadermann: »Es gibt nur sehr wenige Präparate, die lebende Bakterien enthalten und somit wirklich Probiotika in eigentlichem Sinne sind. Die meisten Zubereitungen nennen sich zu Unrecht so, da sie nur abgetötete Bakterien enthalten. So etwa Lysate oder Fermente von Bifidobakterien oder Laktobazillen. Diese können sich aber nicht aktiv ins Mikrobiom integrieren«, ordnet die Expertin ein.
Grundsätzlich lässt sich mikrobiotische Hautpflege in drei Gruppen unterteilen: die Prä-, Pro- und Postbiotika. Als Präbiotika werden Substanzen bezeichnet, die bestimmte Mikroorganismen des Hautmikrobioms in ihrem Wachstum oder ihrer Aktivität selektiv beeinflussen, die also Nährstoffe für das Hautmikrobiom darstellen. Laut Axt-Gadermann können das etwa Inulin oder resistente Stärke sein. Postbiotika sind wiederum Substanzen, die aus Mikroorganismen gewonnen werden oder aus inaktivierten Vertretern bestehen. Typisches Beispiel ist die Milchsäure, die aus Lactobacillus-Arten stammt. Orientierung in Sachen Mikrobiom-Kosmetika bietet das Siegel »Microbiome friendly«. Auf der Website www.mymicrobiome.info werden alle entsprechend zertifizierten Produkte gelistet.
Schätzungen gehen derzeit davon aus, dass die Mikrobengemeinschaft auf unserer Haut aus etwa 37 Millionen Exemplaren besteht. Auch Pilze, Viren und Archaeen sind dabei. Da Bakterien mengenmäßig den weitaus größten Teil ausmachen, werden sie oft stellvertretend für das Hautmikrobiom genannt.
Die Mikroben verteilen sich nicht gleichmäßig über den menschlichen Körper. Vielmehr unterscheidet sich ihre Zusammensetzung abhängig davon, welches Mikroklima das jeweilige Hautareal aufweist (feucht, trocken, fettig). So werden bedeckte Körperregionen wie Achselhöhlen, Zehenbereich oder Leistengegend von feuchtigkeits- und wärmeliebenden Mikroben besiedelt, wie gramnegativen oder coryneformen Bakterien oder Staphylococcus aureus. Hautzonen mit zahlreichen Talgdrüsen wie Gesicht, Ausschnitt und oberer Rückenbereich lieben dagegen lipophile Mikroben wie Cutibakterien und Hefepilze (Malassezia). Und trockene Hautstellen wie Arme und Beine weisen weniger Mikroben, zum Beispiel Staphylokokken, auf als feuchte.
Das Hautmikrobiom ist wie das in unserem Darm dynamisch, aber durch Umweltbedingungen stärker beeinflussbar. Für das Hautmikrobiom macht es etwa einen Unterschied, ob wir uns häufig in einem natürlichen, biodiversen Umfeld wie etwa dem Wald aufhalten oder hauptsächlich in der Stadt.
Auch andere Menschen drücken der Mikrobenwelt unserer Haut ihren Stempel auf. Dabei sind nicht nur Bewohner des eigenen Haushalts entscheidend, sondern auch Freunde. Und auch das individuelle Hygieneverhalten (häufiges Händewaschen oder -desinfektion) und die Wahl der Hautpflege (etwa Konservierungsstoffe, Emulgatoren) prägen die Zusammensetzung der dermalen Mikrobengemeinschaft.