Psychotherapeutische Unterstützung gefragt |
Auch freiwillige Helfer fühlen sich angesichts der oft verzweifelten Lage der Geflüchteten häufig rat- und hilflos. Vertreter von Hilfsorganisationen wie etwa der Caritas raten deshalb allen Menschen, die Geflüchteten helfen möchten, zunächst zu einem Selbstcheck. Welche Gefühle löst es beispielsweise bei den Helfern aus, wenn Menschen sich in einer Sprache unterhalten, die sie nicht verstehen? Oder wenn die Geflüchteten Einstellungen und Vorstellungen haben, die von den eigenen abweichen? Kann die helfende Person selbst gut für sich sorgen und nach dem ehrenamtlichen Engagement abschalten? Spürt sie, wann es ihr zu viel wird? »Rechne damit, dass es Situationen in der Unterstützung von Geflüchteten geben kann, die Dich überfordern«, heißt es etwa im Ehrenamtsratgeber der Caritas zu diesem Thema. »Dies kann zum Beispiel in der Begleitung des Asylverfahrens, im Umgang mit Behörden, bei sozialrechtlichen Ansprüchen, bei Traumatisierung, Schul- und Schuldenproblemen oder Suchtverhalten der Fall sein. Vielleicht sind es auch Verhaltensweisen, die du nicht nachvollziehen und akzeptieren willst und kannst.«
PTA können im Umgang mit Geflüchteten ebenso wie mit ehrenamtlichen Helfenden vor allem dabei unterstützen, den großen Informationsbedarf zu decken, der bei vielen Betroffenen besteht – zum Beispiel zu Angeboten wie Übersetzungshilfen und Beratungsbögen, etwa von der Pharmazeutischen Zeitung, aber auch zu Gesundheitstipps der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Informationen in ukrainischer Sprache zur Verfügung stellt.
Bundesweit wichtige Anlaufstellen für Geflüchtete sind die psychosozialen Zentren der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge und Folteropfer (BAFF). Weitere Erstanlaufstellen seien Flüchtlings- und Traumaambulanzen, Ambulanzen in psychosomatischen und psychiatrischen Kliniken, von den Kassenärztlichen Vereinigungen betriebene internationale Praxen sowie niederschwellige Beratungs- und Gesprächsangebote in Erstaufnahmeeinrichtungen, berichtete Weidner im Rahmen des Deutschen Kongresses für Psychosomatische Medizin. »Wobei auch in diesen genannten Einrichtungen aufgrund der begrenzten Kapazitäten keine für den erhöhten Bedarf ausreichende Versorgung gewährleistet werden kann«, schränkte sie ein.
Die private Hilfsbereitschaft sei bislang enorm gewesen, betont die Klinikdirektorin. Insbesondere in den neuen Bundesländern haben viele Familien ukrainische Frauen und Kinder unmittelbar und niedrigschwellig in ihr eigenes Zuhause aufgenommen, Zimmer und Betten zur Verfügung gestellt. Private Transporte und Abholungen etwa aus Polen, Rumänien und der Slowakei wurden organisiert. »Ersthelfende und Aufnehmende können hier aber auch schnell an Grenzen kommen, da sich beim Leben in einem gemeinsamen Haushalt kulturelle Unterschiede bezüglich Kindererziehung, Ernährung, Verbindlichkeit, Umgang mit Strom, Wasser, Nahrungsmitteln und so weiter zeigen, die sich durch sprachliche Barrieren nicht schnell beheben lassen.«
Wichtig sei für diese hilfsbereiten Menschen vor allem, Unterstützung anzubieten, aber den Betroffenen selbst die Entscheidung zu überlassen, was sie davon annehmen möchten, Toleranz einerseits zu zeigen, aber auch einen Rahmen und Grenzen für sich selbst zu setzen. »Die Geflüchteten brauchen Zeit, damit sie ihre eigenen Ressourcen aktivieren und einen eigenen Routineablauf entwickeln können. Sie brauchen aktuell Sicherheit und proaktive Unterstützung, aber auch das Gefühl der Selbstwirksamkeit und Selbstständigkeit.«