PTA und AMTS – das passt |
20.09.2022 09:00 Uhr |
PTA sind oft die ersten Ansprechpartner für Patienten und können daher schnell erkennen, ob Bedarf für eine Medikationsanalyse besteht. / Foto: Getty Images/Morsa Images
Warum Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) so wichtig ist? Für die Antwort brauchte Dorothe Göllmann, PTA in den Elisana Apotheken, keine Sekunde. Statistiken zeigten, dass 5 Prozent der Krankenhauseinweisungen auf Arzneimittel-Nebenwirkungen oder Interaktionen zurückgehen – das entspreche etwa 250.000 Patienten pro Jahr. »Wenn wir daran etwas drehen können, dann sollten wir das tun«, so Göllmann.
Die Apotheke, in der sie arbeitet, bietet den Arznei-Check bereits an. Gerrit Nattler, Inhaber der Elisana-Apotheken, erzählte, dass zwei Mitarbeiterinnen den Anstoß dazu gegeben hatten. »Wie so viele Ideen, die aus dem Team kommen, hat auch diese großes Potenzial«, berichtete der Apotheker. Mittlerweile sei die Zahl der geschulten AMTS-Manager und -Managerinnen in seinen Apotheken auf 10 angewachsen. »Ich bin überrascht, mit wie viel Input die Kollegen aus der Schulung kommen«, so der Eindruck des Apothekers. Für die Medikationsanalyse verwenden sie die Software MediCheck. »Wir nutzen Digitalisierung da, wo es sinnvoll und hilfreich ist«, so Nattler.
Wie eine Medikationsanalyse abläuft, erläuterte Ulrich Brunner, Apotheker und Geschäftsführer von Pharma4u. Es gebe zwei Wege, um Patienten zu gewinnen. Zum einen die direkte Ansprache aus dem Beratungsgespräch, wenn ein akutes Problem auffalle, der Kunde beispielsweise über Nebenwirkungen klagt oder viele Medikamente gleichzeitig einnimmt. Zum anderen hätten Apotheken die Möglichkeit, ihre Kundendaten unter die Lupe zu nehmen und die entsprechenden Kunden beim nächsten Besuch gezielt anzusprechen.
Stimmt ein Patient der Medikationsanalyse zu, folgt die Terminabsprache. Der Kunde erhält zudem Informationen, was er mitbringen sollte, etwa den Medikationsplan oder die eingenommenen Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel (»Brown Bag«). Das Erfassungsgespräch, in dem Medikation, Dosierung und eventuelle Probleme erhoben werden, übernimmt dann ein Apotheker, ebenso wie die Analyse, die entweder händisch oder mithilfe einer Software erfolgt. »Aber nicht ohne mitzudenken«, betonte Brunner. Der intelligente Algorithmus übernehme zwar die Recherchearbeit, aber nicht die fachliche Bewertung. Diese liege vollkommen in der Hand des Apothekers. Je nachdem wie die Analyse ausfällt, bespricht der Apotheker eventuelle Probleme und die Lösungsvorschläge mit dem behandelnden Arzt. Im letzten Schritt folgt das Abschlussgespräch; bei Bedarf weitere Termine zum Follow-up-Gespräch.
»Wir sind der Türöffner«, beschrieb Göllmann die Rolle der PTA. In der Beratung aktiv und nah am Kunden könnten gerade PTA den Bedarf schnell erkennen und prüfen. Die PTA empfiehlt, über einfache Nachfragen mit den Kunden ins Gespräch zu kommen, zum Beispiel »Wie geht es Ihnen?«, »Haben Sie Beschwerden?«, »Kommen Sie gut mit Ihrer Medikation zurecht?«, »Sind Sie gut eingestellt?«. Es reiche nicht, sich zu erkundigen: »Haben Sie noch Fragen?« Denn das wiegelten die Kunden schnell ab. Ein weiterer Tipp der PTA: Im Beratungsgespräch die eigene Kompetenz zeigen und etwa auf potenzielle Wechselwirkungen hinweisen, zum Beispiel zwischen Magnesium und Schilddrüsen-Medikamenten.
Weitere Aufgaben für PTA: das Einpflegen von Medikationsdaten und Laborwerten sowie das Einholen der Einverständniserklärung und Datenschutz-Einwilligungen. Göllmann berichtete, dass sie die Daten meist direkt in die Software einpflegt. Danach werde der Kunde mit Informationen zum Termin und gegebenenfalls einer »Brown Bag« versorgt. Auch an Nahrungsergänzungsmittel müsse gedacht werden. Dinge, die nicht zeitkritisch sind, erledigt sie später, zum Beispiel das Nachschlagen von Informationen in der Kundendatei.
Auch bei der Abrechnung von pharmazeutischen Dienstleistungen können PTA unterstützen. Denn seit einigen Monaten erhalten Apotheken für bestimmte Medikationsanalysen eine Vergütung von den Krankenkassen, beispielsweise bei Patienten mit Polymedikation. Abgerechnet wird über einen Sonderbeleg. Wichtig ist es laut Göllmann, alle Patientendaten einzutragen, je nach Dienstleistung die richtige Sonder-PZN und immer einen Betrag von 0,00. Pflichtangaben sind außerdem Datum, Name der Apotheke, Stempel und die Unterschrift eines Apothekers.
Zum Abschluss richtete Göllmann einen Appell an alle PTA: »Wir haben das Wissen. Wir sind die ersten am Patienten. Wir müssen uns sichtbar machen.« Apothekeninhaber Nattler unterstützt das: »PTA sind häufig leider noch unterschätzt. Sie können wirklich viel und genießen einen großen Vertrauensvorschuss bei Patientinnen und Patienten.« Kritik äußerte er am mangelnden AMTS-Fortbildungsangebot speziell für PTA – »häufig sind diese Fortbildungen Apothekerinnen und Apothekern vorbehalten«. Für die eigene Apotheke haben er und sein Team eine Mischung aus internen und externen Fortbildungen etabliert.