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Seit Anfang August

Quartett neuer Arzneimittel

Anfang August kamen vier neue Substanzen in den Handel. Darunter befindet sich ein Enzymersatztherapeutikum, ein Antikörper gegen eine seltene Autoimmunkrankheit, ein Antibiotikum und ein Antidepressivum.
Sven Siebenand
09.08.2022  12:00 Uhr

Zugelassen ist die Enzymersatztherapie mit Avalglucosidase alfa (Nexviadyme®, Sanofi-Aventis) zur Behandlung von Morbus-Pompe-Patienten. Betroffene haben niedrige Werte des Enzyms saure α-1,4-Glucosidase, was zu einer Anreicherung von Glykogen und damit zu irreversiblen Schäden an Skelett- und Herzmuskeln führt. Avalglucosidase alfa ist so konzipiert, um an den Mannose-6-Phosphat (M6P)-Rezeptor zu binden, über den die Aufnahme der Enzymersatztherapie in die Zellen und der Transport zum Lysosom erfolgt. Das Molekül weist einen hohen Anteil an M6P-Resten auf. Das soll dazu führen, dass Avalglucosidase alfa besonders gut in die Körperzellen aufgenommen und der Abbau von Glykogen in den Zielgeweben verbessert wird.

Die empfohlene Dosis für Avalglucosidase alfa beträgt 20 mg/kg Körpergewicht bei Anwendung einmal alle zwei Wochen. Das Arzneimittel wird intravenös infundiert. Zur Vermeidung oder Verringerung von allergischen Reaktionen können Patienten mit Antihistaminika, Antipyretika und/oder Glucocorticoiden vorbehandelt werden. Die am häufigsten berichteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen waren Juckreiz, Ausschlag, Kopfschmerzen, Urtikaria, Fatigue, Übelkeit und Schüttelfrost. Gesonderte Warnhinweise sind in der Fachinformation zu möglichen Überempfindlichkeitsreaktionen und infusionsbedingten Reaktionen zu finden. Nexviadyme darf während der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der potenzielle Nutzen für die Mutter die potenziellen Risiken, auch für den Fetus, überwiegt. Ähnlich in der Stillzeit: Dann darf die Enzymersatztherapie nur zum Einsatz kommen, wenn der potenzielle Nutzen für die Mutter die potenziellen Risiken, auch für das gestillte Kind, überwiegt.

Antikörper bei NMOSD

NMOSD ist die Abkürzung für Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen. Das sind entzündliche Erkrankungen, die hauptsächlich den Sehnerv und das Rückenmark betreffen. Dies führt zu vermindertem Sehvermögen, Gefühlsverlust, Verlust der Blasenkontrolle, Schwäche und Lähmung der Arme und Beine.

Rund 80 Prozent aller Patienten werden positiv auf Antikörper gegen das Protein AQP4 getestet. Diese Antikörper binden vor allem an Astrozyten im zentralen Nervensystem und lösen eine eskalierende Immunreaktion aus, die zur Bildung von Läsionen und zum Absterben dieser Gehirnzellen führt. CD19-positive B-Zellen setzen die Antikörper frei. Gegen diese Zellen richtet sich der neue Antikörper Inebilizumab (Uplizna®, Horizon Therapeutics) und führt zu deren Zerstörung, was weitere Krankheitsschübe verhindern kann. Der Antikörper hat damit auch ein anderes Wirkprinzip als die ebenfalls bei NMOSD zugelassenen Antikörper Eculizumab und Satralizumab.

Die empfohlene Initialdosis ist eine intravenöse Infusion von 300 mg, gefolgt von einer zweiten Infusion von 300 mg zwei Wochen später. Die empfohlene Erhaltungsdosis beträgt 300 mg als Infusion alle sechs Monate. Vor jeder Infusion ist zu prüfen, ob eine schwere Infektion vorliegt. Dann ist die Infusion bis zum Abklingen des Infekts zu verschieben. Vor jeder Infusion erhält der Patient eine Prämedikation mit einem Glucocorticoid, einem Antihistaminikum und einem Antipyretikum. Zudem wichtig: Sämtliche Impfungen mit Lebendimpfstoffen oder abgeschwächten Lebendimpfstoffen sollten mindestens vier Wochen vor Beginn der Behandlung mit dem Antikörper gemäß den Impfempfehlungen verabreicht werden.

Kontraindiziert ist Uplizna zum Beispiel bei starker Immunsuppression, schweren aktiven Infektionen und im Falle aktiver Malignome. Zu den sehr häufigen Nebenwirkungen des Antikörpers zählen Harnwegsinfektionen, Entzündungen und Infektionen der Nase und des Rachens sowie Gelenk- und Rückenschmerzen. Aus Vorsichtsgründen soll eine Anwendung von Inebilizumab während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, vermieden werden.

Mit Tetracyclin verwandt

Das Präparat Xerava® von Paion enthält mit Eravacyclin ein neues Antibiotikum. Zugelassen ist es für die Therapie komplizierter Infektionen im Bauchraum bei Erwachsenen. Der neue Wirkstoff zählt zur Gruppe der Tetracycline. Sie wirken, indem sie die bakterielle Proteinsynthese durch Bindung an die ribosomale Untereinheit 30 S stören. Eravacyclin wird als etwa 60-minütige intravenöse Infusion verabreicht. Die empfohlene Dosis beträgt 1 mg/kg Körpergewicht alle zwölf Stunden über einen Zeitraum von vier bis 14 Tagen. Zu einer Dosis von 1,5 mg/kg Körpergewicht wird geraten, wenn der Patient gleichzeitig einen starken CYP3A4-Induktor bekommt.

Häufig beobachtete Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen, Reaktionen an der Injektionsstelle sowie Gefäßerkrankungen wie Phlebitis und Thrombophlebitis. Xerava darf nicht während der Schwangerschaft angewendet werden, es sei denn, eine Behandlung mit dem Antibiotikum ist aufgrund des klinischen Zustands der Frau erforderlich.

Gegen Depressionen

Bei Desvenlafaxin (Desveneurax®, Neuraxpharm) handelt es sich um den Hauptmetaboliten des seit Langem bekannten Wirkstoffs Venlafaxin. Es besitzt eine Methylgruppe weniger im Molekül. Zugelassen ist Desvenlafaxin bei Erwachsenen mit schwerer Depression. Der Wirkstoff ist ein selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI). Es wird angenommen, dass die Wirksamkeit der Substanz mit einer Erhöhung der Aktivität der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin im zentralen Nervensystem zusammenhängt. Eine Kombination mit Venlafaxin-haltigen Präparaten darf nicht erfolgen.

Die therapeutische Dosis beträgt 50 bis 200 mg einmal täglich. Die Retardtabletten sind im Ganzen mit Flüssigkeit einzunehmen. Sie dürfen nicht geteilt, zerdrückt, gekaut oder aufgelöst werden. Bei Patienten mit schwerer Beeinträchtigung der Nierenfunktion oder Niereninsuffizienz im Endstadium wird eine Anfangsdosis von 50 mg jeden zweiten Tag empfohlen.

Ein plötzliches Absetzen sollte möglichst vermieden werden. Bei Beendigung einer Behandlung mit Desvenlafaxin sollte die Dosis über einen Zeitraum von mindestens ein bis zwei Wochen schrittweise reduziert werden, um das Risiko von Absetzerscheinungen zu verringern. Gewarnt wird in der Fachinformation auch vor einem möglichen Serotonin-Syndrom, besonders bei Kombination mit anderen serotonergen Arzneimitteln. Desvenlafaxin darf nicht zusammen mit Monoaminoxidase-Hemmern angewendet werden.

Die gleichzeitige Anwendung von Desvenlafaxin und potenten CYP3A4-Inhibitoren kann zu höheren Konzentrationen des Antidepressivums führen. Daher ist Vorsicht geboten, wenn Patienten mit einer solchen Kombination behandelt werden.

Sehr häufig treten unter Desvenlafaxin Schlaflosigkeit, Schwindelgefühl, Kopfschmerz, Übelkeit, Mundtrockenheit, Verstopfung und Hyperhidrose auf.

Der neue Wirkstoff darf bei Schwangeren nur angewendet werden, wenn der zu erwartende Nutzen größer ist als die möglichen Risiken. Aufgrund der möglichen schweren Nebenwirkungen für gestillte Kinder, die Desvenlafaxin ausgesetzt werden, muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Stillen unterbrochen oder ob auf die Behandlung mit dem Antidepressivum verzichtet wird. 

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