Reisen mit Herzerkrankung |
Katja Egermeier |
16.08.2023 10:00 Uhr |
Wer an einer Herzerkrankung leidet, muss nicht grundsätzlich auf das Reisen verzichten. Einige Dinge müssen jedoch beachtet und vor allem gut vorbereitet werden. / Foto: Getty Images/urbazon
So sollten sich Betroffene vor der Planung einer Reise stets fragen: Wie belastbar bin ich gerade? Passt das gewählte Urlaubsziel zu meinem aktuellen Gesundheitszustand? Und was sagt mein Arzt dazu? Die Herzstiftung rät grundsätzlich zu einer Rücksprache mit dem behandelnden Arzt und einer Kontrolluntersuchung etwa drei Wochen vor der Reise. Nur so lasse sich prüfen, ob der Gesundheitszustand stabil ist oder die Medikation noch geändert werden muss.
Zu besonderer Vorsicht rät die Herzstiftung vor allem bei sehr hohen Temperaturen im Reiseland. Bereits 30 Grad werden für Menschen mit Herzproblemen zu einer starken körperlichen Belastung. »Dann sollten Herzpatienten auf der Hut sein«, warnt Professor Dr. Heribert Schunkert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Denn einerseits gehe viel Flüssigkeit über die Haut verloren und Patienten mit ohnehin eingeschränkter Trinkmenge drohe ein akuter Flüssigkeitsmangel. Andererseits werde der Kreislauf durch die vermehrte Durchblutung der Haut mehr gefordert.
»Beide Faktoren können leicht zu überschießenden Kreislaufreaktionen führen. Diese können sich vor allem für Menschen mit einem vorgeschädigten Herz negativ auswirken«, so der Direktor der Klinik für Erwachsenenkardiologie am Deutschen Herzzentrum München. Das gilt auch für den Konsum von Alkohol bei Hitze. »Bier oder Wein gegen den Durst zu trinken, ist der falsche Weg. Wer den Flüssigkeitsmangel auf diese Weise auszugleichen versucht, der riskiert ebenfalls eine überschießende Reaktion des Kreislaufsystems – insbesondere dann, wenn der Alkohol mit anderen Risikofaktoren für Herz-Kreislaufpatienten zusammenkommt.«
Wer blutdrucksenkende Arzneimittel nimmt, sollte zudem bei Hitze öfter den Blutdruck kontrollieren. Eine Blutdrucksenkung werde häufig durch die Einnahme von entwässernden Medikamenten wie Diuretika erreicht. Kommen dazu noch große Hitze und ein damit verbundener Flüssigkeitsverlust, könne der Blutdruck zu stark abfallen, warnt Schunkert. Er könne umgekehrt jedoch auch stark ansteigen, da der Körper durch die hohen Temperaturen unter großen Stress gerät.
Der Herzstiftungs-Experte warnt zudem vor einem weiteren, häufig unterschätzen Aspekt: der Feinstaubbelastung. »Aus wissenschaftlicher Sicht nehmen wir die zunehmenden Hitzewellen sehr ernst und raten Menschen mit Herzerkrankungen dazu, sich auf die für ihren Körper herausfordernden Bedingungen einzustellen – insbesondere dann, wenn zu den hohen Temperaturen noch weitere Risikofaktoren wie beispielsweise Feinstaub hinzukommen.« Dieser gelange nach dem Einatmen durch die Lungenbläschen ins Blut, belaste auch das Herz und löse Entzündungsreaktionen aus.
»Oftmals realisieren die Patienten allerdings gar nicht, dass sie sich einer erhöhten Feinstaubbelastung aussetzen. Viele bringen Feinstaub nur mit dem Straßenverkehr in Verbindung«, so Schunkert. Er könne aber beispielsweise auch durch große Waldbrände oder durch intensive landwirtschaftliche Nutzung entstehen.
Der Kardiologe rät daneben vor Aufenthalten in großen Höhen ab – sei es bei einer Wanderung in den Bergen oder bei Reisen in hochgelegene Regionen. Die kritische Grenze bei leichter körperlicher Aktivität liege bei einer Höhe von 2500 Metern, bei intensiver Belastung wie einem Berganstieg jedoch deutlich niedriger. Zum Vergleich: Die Zugspitze ist 2962 Meter hoch, das ebenfalls per Seilbahn erreichbare Klein-Matterhorn bei Zermatt 3883 Meter, und die bolivianische Hauptstadt La Paz liegt auf 3869 Metern.
Der Grund: Mit zunehmend dünnerer Luft gelangt weniger Sauerstoff in die Arterien, die Herzschlagrate steigt und der Säure-Basen-Haushalt im Blut gerät durcheinander. Ein hoher Puls belaste dann besonders Menschen mit einer Herzschwäche enorm.
Auch tropische oder arktische Regionen strengten das Herz-Kreislauf-System zu sehr an, warnt Professor Dr. Thomas Meinertz, früherer Vorsitzender der Herzstiftung. Er empfiehlt das Reisen in gewohnte Klimazonen, am besten im Herbst oder Frühjahr. Und: das Urlaubsprogramm nicht zu vollpacken oder direkt nach der Ankunft loslegen. Vor allem nach dem Anreisestress benötige der Körper etwas Ruhe und eine gewisse Anpassungszeit am Ferienort. »Aktivität ja – aber immer mit Augenmaß.«