Rezeptur stopft Löcher – aber nicht alle |
Augentropfen gehören nicht zu den beliebtesten Rezeptur-Arzneimitteln. Dabei ist die Herstellung durchaus auch im niedergelassenen Bereich zu bewerkstelligen, wie Dr. Sandra Barisch und Dr. Julia Potschadel live bei der Expopharm zeigten. / Foto: PZ/Alois Mueller
Mit Rezepturen und Defekturen, Einzelimporten oder auch einem Aushelfen zwischen verschiedenen Apotheken oder gar Krankenhaus und öffentlicher Apotheke im patientenbegründeten Einzelfall lassen sich die Versorgungslücken allenfalls mit einem enormen Aufwand mildern, komplett ausgleichen lassen sie sich nicht. Das wurde bei der Diskussionsrunde deutlich. Während im niedergelassenen Bereich vor allem die fiebersenkenden und antibiotischen Substanzen die Mängellisten anführen, prägt in den Klinikapotheken das Fehlen von i.v.-Präparaten das derzeitige Tagesgeschehen.
»Derzeit fehlen uns Infusionslösungen verteilt auf sämtliche Indikationen, vor allem antibiotische Infusionen, aber auch Blutprodukte, zum Teil auch Immunglobuline oder Antikörper, und auch Standards wie isotone Elektrolytlösungen, die wir überhaupt nicht anders produzieren und somit ausgleichen können«, berichtete Dr. Julia Potschadel, leitende Klinikapothekerin am Rheinland Klinikum Dormagen. Das Rezept könne dann nur sein: Behandlung extrem runterfahren auf das Leitlinien gebotene Maß; Substitution, wo es geht, und zwar mithilfe von Äquivalenzdosentabellen; die vorhandenen Präparate exakt dort einsetzen, wo sie lebensnotwendig werden. »Bisher konnten wir Lebenskritisches vermeiden. Das wird es aber werden, wenn es so weiter geht«, wagte sie eine bittere Prognose für die Zukunft.
Im vergangenen Winter vermehrt vorgekommen sei das Umarbeiten von Fertigarzneimitteln wie etwa das Umschmelzen von Zäpfchen. Kliniken, die über eine Kinderstation verfügen, fertigten auch Zäpfchen in Dosierungen, die normalerweise gar nicht im Handel sind, führte die Klinikapothekerin aus. Das konnte Professor Dr. Rolf Daniels, emeritierter Professor für pharmazeutische Technologie der Universität Tübingen, nur bestätigen. »Für die Rezeptur und Defektur bedeuten die Lieferengpässe heute nicht mehr so sehr Eigenherstellung, sondern vielmehr eine Umarbeitung verschiedener Darreichungsformen.«