Richtig essen für zwei |
Eine ausgewogenen Ernährung, die alle wichtigen Vitalstoffe liefert, ist in der Schwangerschaft ideal. / Foto: Adobe Stock/LIGHTFIELD STUDIOS
Ist ein Baby in Planung oder bereits unterwegs, interessieren sich viele Frauen vermehrt für eine gesunde Ernährung. Gut so, denn alles, was sich Frau nun gönnt – oder auch weglässt –, betrifft auch das Ungeborene. Da gibt es viel Informationsbedarf, der nicht zuletzt auch in der Apotheke gedeckt werden kann. Was viele Frauen besonders interessiert: Darf ich jetzt wirklich für zwei essen?
Diese Frage muss man leider verneinen. Der Kalorienbedarf ändert sich während der Schwangerschaft nämlich kaum. Ab dem vierten Schwangerschaftsmonat können es laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) 250 kcal mehr sein, danach etwa 500 kcal. Und das nur, wenn sich die Schwangere ähnlich viel bewegt, wie vor der Schwangerschaft. Diese Kalorienmenge entspricht in etwa einem beziehungsweise zwei belegten Broten. So bekommen Mutter und Kind genug Energie und es sammeln sich während der Schwangerschaft nicht zu viele Kilos an.
Sehr schlanken Frauen empfehlen Experten über die gesamte Schwangerschaft hinweg eine Gewichtszunahme von bis zu 18 Kilogramm, Normalgewichtigen etwa 11,5 bis 16 kg und stark Übergewichtigen unter 7 kg.
Viel wichtiger als die Kalorienzahl ist die Qualität der Nahrung. Am besten eignet sich wie auch für die Allgemeinbevölkerung eine ausgewogene Mischkost. Dazu gehören reichlich Gemüse und Obst, Vollkorn- und Milchprodukte, Hülsenfrüchte, gute Öle, hin und wieder Fleisch oder Eier sowie ein- bis zweimal in der Woche Seefisch. Diese Kost gewährleistet ein ausgewogenes Verhältnis an guten Kohlenhydraten, Fetten und Eiweiß – genau nachzurechnen braucht man in der Regel nicht. Einige Nährstoffe sollten allerdings supplementiert werden (siehe Kasten).
Frauen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, empfiehlt es sich, etwas genauer hinzuschauen. Vegetarierinnen, die Eier und Milchprodukte essen und ihre Kost bewusst zusammenstellen, sind in der Regel ähnlich gut versorgt wie andere Frauen. Lediglich die Eisenversorgung könnte etwas schlechter ausfallen. Da lohnt es sich, eisenreiche Lebensmittel wie etwa Hülsenfrüchte oder Getreideprodukte mit Vitamin-C-reichen Lebensmitteln wie Gemüse oder Orangensaft zu kombinieren. Das erhöht die Verfügbarkeit von Eisen im Darm.
Bei vegan lebenden Frauen kann laut DGE neben den üblichen Verdächtigen auch die Versorgung mit Vitamin B12, Zink, Protein und Calcium kritisch sein. So wird Veganern prinzipiell zur Substitution mit Vitamin B12 geraten. Die Fachgesellschaft empfiehlt zudem: »Veganerinnen sollen bereits vor und auch während der Schwangerschaft ihre Versorgung mit den kritischen Nährstoffen ärztlich überprüfen lassen und eine qualifizierte Ernährungsberatung in Anspruch nehmen.«
Während sich der Bedarf an Kalorien und Hauptnährstoffen kaum ändert, brauchen Schwangere teils deutlich mehr Mikronährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Meist lässt sich dieser ebenfalls durch eine ausgewogene Ernährung decken. Doch es gibt Ausnahmen:
Lebensmittelinfektionen spielen hierzulande keine große Rolle und sind für die meisten Menschen ohnehin harmlos. Für Schwangere gilt es jedoch, sich vor manchen Keimen in besonderer Weise zu schützen. Denn Listerien und Toxoplasmose-Erreger können dem ungeborenen Kind schaden. Die wichtigste Regel lautet: keine rohen tierischen Lebensmittel essen. Meiden sollte man unbedingt:
Das Bundeszentrum für Ernährung empfiehlt außerdem, auf offene Feinkostsalate, Pasteten, vorgeschnittenes Obst oder vorgefertigte Sandwiches und Co. zu verzichten. Salate, Obst, Gemüse oder Keimlinge sollten vorsichtshalber immer gut gewaschen werden.
Mit Vorsicht genießen sollten Schwangere koffeinhaltige Getränke. In Studien konnten Forschende einen Zusammenhang zwischen Koffeinzufuhr und einer Wachstumsverzögerung des Fetus nachweisen. Es gibt auch Hinweise auf ein erhöhtes Risiko von Fehlgeburten ab 300 mg Koffein pro Tag. Fachgesellschaften sehen eine Aufnahme von bis zu 200 mg/Tag jedoch als unproblematisch an. Das entspricht etwa zwei kleinen Tassen Filterkaffee oder Espresso oder zwei bis drei großen Tassen Schwarztee. Die DGE rät vom Konsum von Energydrinks ab, da die Wechselwirkungen mit weiteren Inhaltsstoffen wie Taurin unzureichend untersucht sind.
Alkohol fördert Fehlbildungen, hemmt das Wachstum, kann Gewebe und Nervenzellen schädigen und zu einer irreversiblen Intelligenzminderung des Kindes führen. Schwangere und Frauen, die sich ein Kind wünschen, sollten Alkohol daher komplett meiden.
Die körperlichen und hormonellen Veränderungen in der Schwangerschaft sorgen mitunter dafür, dass die Verdauung nicht ganz wie üblich läuft. Viele werdende Mütter begleitet in dieser Zeit Sodbrennen oder Verstopfung. Es lohnt sich, diese Themen anzusprechen und im Bedarfsfall zu beraten.
Interessant für viele Betroffene: »Progesteron hat in der Schwangerschaft viele wichtige Aufgaben, verhindert etwa Kontraktionen der Gebärmutter und erhält somit auch eine Schwangerschaft im frühen Stadium. Die Muskelentspannung wirkt sich aber auch auf den Darm aus, der dann nicht mehr so aktiv arbeitet«, erklärt Dr. med. Klaus Doubek, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte und niedergelassener Gynäkologe in Wiesbaden. »Durch das wachsende Ungeborene verschieben sich die Organe im Bauchraum und es kann mehr Druck auf den Darm entstehen, was ebenfalls die Darmbewegungen behindert.« Außerdem könnten Eisenpräparate eine Verstopfung begünstigen.
»Im Hinblick auf Eisenpräparate kann es helfen, den Einnahmezeitpunkt zu variieren: zum Beispiel vor dem Schlafengehen oder zwischen den Mahlzeiten. Zudem ist ein Eisensaft möglicherweise für manche Frauen besser verträglich als eine Eisentablette.« Abhilfe schaffen laut Doubek außerdem eine ballaststoffreiche Ernährung und ausreichendes Trinken. Auch Trockenfrüchte in Maßen oder Joghurt regen die Verdauung auf natürliche Weise an. Bei stärkeren Beschwerden können PTA Flohsamenschalen, Lactulose oder Macromol empfehlen.
Auch mit Sodbrennen haben viele Frauen zu kämpfen. Im dritten Trimester betrifft es rund jede zweite Frau. Folgende Allgemeinmaßnahmen gelten auch in der Schwangerschaft: Erhöhung des Kopfendes des Bettes, Vermeidung von Spätmahlzeiten und enger Kleidung sowie Verzicht auf Schokolade, Koffein, scharfe Speisen, Zitrusfrüchte und kohlensäurehaltige Getränke. Als einfaches Hausmittel gelten überdies gut zerkaute Mandeln oder Zwieback. Helfen diese Maßnahmen nicht, können Antacida, Alginate sowie Sucralfat empfohlen werden. Sie gelten laut Leitlinien auch in der Schwangerschaft als sicher. Andere Arzneimittel verordnen Ärzte nur, wenn die genannten Maßnahmen nicht greifen und nach Prüfung von Nutzen und Risiko.
Nicht zuletzt kann es in der Schwangerschaft zu Übelkeit kommen. Gut 80 Prozent der Frauen leiden darunter, 2 Prozent besonders stark. Erst kürzlich wurde die Ursache für dieses Phänomen entdeckt: Ein Hormon namens GDF15, das vermehrt von der Plazenta gebildet wird. Gegen die Übelkeit können regelmäßige kleine Mahlzeiten helfen, sowie leichte Snacks wie Cracker oder Toastbrot. Auch Ingwer könnte die Übelkeit reduzieren. Das Mittel der Wahl, das in Deutschland zur Behandlung zugelassen ist, ist rezeptpflichtig und enthält eine Kombination aus Doxylamin und Pyridoxin (wie Xonvea®).