Ringelröteln erkennen und behandeln |
Barbara Döring |
02.04.2024 15:00 Uhr |
Ein feuerrotes Exanthem auf den Wangen ist typisch für eine Ringelröteln-Infektion. / Foto: Adobe Stock/Evgen
Der Hautausschlag beginnt mit feurig-roten Flecken auf den Wangen, breitet sich über Rumpf und Extremitäten aus, wobei die roten Flecken mit der Zeit in der Mitte verblassen und Ringel bilden – vom Erscheinungsbild, das für die Infektionskrankheit typisch ist, hat diese ihren Namen. Die Ringelröteln (Erythema infectiosum) zählen neben Röteln, Scharlach, Masern und Windpocken zu den fünf klassischen Kinderkrankheiten.
Der deutsche Arzt Georg Sticker beschrieb das Krankheitsbild bereits im Jahr 1899. Aber erst 1974 entdeckte die australische Virologin Yvonne Cossart den Erreger – das Parvovirus (lateinisch parvum = klein) – zufällig bei einer elektronenmikroskopischen Untersuchung von Spenderblut und benannte es nach der Probe B 19. Bis auf die Ähnlichkeit der Namen und des Hautausschlags haben die Ringelröteln nichts mit den Röteln gemeinsam, da sie von unterschiedlichen Viren verursacht werden.
Alle vier bis fünf Jahre kommt es in Deutschland – meist von Februar und Juni – zu regional begrenzten Krankheitsausbrüchen. Betroffen sind überwiegend Kinder zwischen 5 und 15 Jahren. Doch auch ältere Personen, die engeren Kontakt zu Kindern haben, können erkranken. In diesem Jahr waren bislang vor allem norddeutsche Regionen betroffen. So zählte das Institut für Infektionsmedizin an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel im Januar und Februar schon 260 Fälle in Schleswig-Holstein, während es 2023 in diesem Zeitraum nur 40 Erkrankungen gab. Der Mensch ist das einzige Reservoir der Viren.
Ringelröteln | Röteln | |
---|---|---|
Erreger | Parvovirus B 19 | Rubella-Virus |
Hautausschlag | rote Girlanden und Ringel | rote Pünktchen |
Inkubationszeit | 4 bis 18 Tage | 14 bis 21 Tage |
Die Infektion erfolgt über Tröpfchen, beim Händeschütteln oder über kontaminierte Gegenstände. Bei Kindern verläuft die Infektion zunächst über zwei bis drei Tage wie ein grippaler Infekt mit Kopf- und Muskelschmerzen, Unwohlsein, manchmal auch Fieber. Darauf folgt eine beschwerdefreie Woche, nach der sich ein roter, großflächiger Hautausschlag auf den Wangen zeigt. Nase und Mund bleiben ausgespart, sodass die Form des Exanthems an einen Schmetterling erinnert. Nach Schätzungen sind 5 bis 10 Prozent der Kinder im Vorschulalter und 40 bis 60 Prozent der Über-20-Jährigen durch eine Infektion immun. Ab dem 70. Lebensjahr beträgt die Durchseuchungsrate mehr als 85 Prozent.
Die Ringelröteln werden mitunter auch »Ohrfeigenkrankheit« genannt, da die Rötung der Wangen wie nach einer Ohrfeige erscheint. Innerhalb der nächsten Tage kann sich das Exanthem über Schultern, Oberarme und Oberschenkel oder das Gesäß ausbreiten, wobei das typische Ringelmuster entsteht. Der Hautausschlag geht manchmal mit Juckreiz oder Spannungsgefühl einher und klingt nach sieben bis zehn Tagen wieder ab. Durch Sonneneinstrahlung oder Stress kann der Ausschlag noch einmal »aufblühen«.
Bei jungen Erwachsenen sind mitunter nur Hände und Füße betroffen. Dann ist vom Handschuh-Socken-Syndrom die Rede. Erwachsene, die sich mit den Ringelröteln infizieren, haben generell stärkere Beschwerden als junge Patienten.
Manche Kinder – vermutlich ein Drittel der Betroffenen – bleiben asymptomatisch oder haben nur leichte Atemwegsbeschwerden, ohne dass sich ein Hautausschlag entwickelt. In der Regel heilt die Krankheit ohne Komplikationen aus. Nur selten kommt es, etwa bei immungeschwächten Patienten, zu einer gefährlichen Anämie, da sich das Virus in den Vorläuferzellen der roten Blutkörperchen, den Erythroblasten, vermehrt und diese zerstört. Manchmal bestehen nach der Erkrankung, vor allem bei Mädchen und Frauen, Gelenkschmerzen, die meist nach ein paar Wochen abklingen.
Für Kinder stellen die Ringelröteln keine größere Gefahr dar. Einmal infiziert, besteht zudem lebenslange Immunität. Problematisch wird es, wenn sich eine Schwangere ansteckt, die selbst die Krankheit noch nicht durchgemacht und keinen Immunschutz gegen das Ringelrötelvirus hat. In der ersten Hälfte der Schwangerschaft, bis einschließlich der 20. Woche, können die Viren auf das Ungeborene übertragen werden. Bei einer Infektion geschieht das in etwa einem Drittel der Fälle. Dann kann es durch Störung der fetalen Blutbildung zur Fruchtschädigung kommen.
In den ersten zwölf Schwangerschaftswochen ist die Gefahr für den Embryo am größten. Bei Infektionen während der ersten 20 Schwangerschaftswochen kommt es bei etwa 5 Prozent der Frauen zur Fehlgeburt. Danach besteht nur ein geringes Risiko, dass das Kind geschädigt wird.
Einer Infektion mit dem Parvovirus B 19 lässt sich nur schwer vorbeugen, denn die Gefahr einer Ansteckung besteht bereits, bevor sich die ersten Symptome zeigen. Am höchsten ist die Infektiosität in der Zeit von der Ansteckung bis zum Auftreten des Hautausschlags. Sobald dieser zu sehen ist, sind Erkrankte in der Regel nicht mehr ansteckend. Da Ringelröteln meist epidemisch in Kitas und Schulen auftreten, sollten sich schwangere Frauen, die keinen Immunschutz haben, aus solchen Einrichtungen fernhalten. Auch die allgemeinen Hygienemaßnahmen, wie regelmäßiges Händewaschen, Berührung der Schleimhäute von Auge, Nase oder Mund zu vermeiden oder Geschirr nicht gemeinsam zu benutzen, können das Risiko einer Ansteckung verringern.
Allerdings zählt das Parvovirus B 19 durch seine kompakte Struktur zu den widerstandsfähigsten Viren, sodass Detergenzien und Lösungsmittel eine Infektion nicht immer verhindern können. Frauen, die nicht immun sind und in einer Einrichtung mit kleinen Kindern arbeiten, bekommen in der Regel ein zeitlich begrenztes Beschäftigungsverbot. Ob eine Schwangere die Infektion schon einmal durchgemacht hat und Antikörper besitzt, zeigt eine Blutuntersuchung. Dieser Test zählt jedoch ohne Verdacht auf eine Infektion mit Ringelröteln im persönlichen Umfeld nicht zur Mutterschaftsvorsorge und ist als IGeL in der Arztpraxis selbst zu bezahlen. Die Kosten betragen 15 bis 30 Euro. Eine Schutzimpfung gegen die Ringelröteln gibt es nicht.
Falls eine schwangere Frau Kontakt zu einer erkrankten Person hatte, sollte sie umgehend den Arzt aufsuchen, damit eine engmaschige Kontrolle erfolgen kann. Dazu zählt die Testung auf Antiköper und Sonografien, um mögliche Wasseransammlungen im Körper des Fetus festzustellen. Bestehen bei einer Infektion der werdenden Mutter Hinweise auf eine fetale Anämie, kann das Kind im Mutterleib über die Nabelvene mit einer Bluttransfusion behandelt werden. Diese wird mitunter mehrfach wiederholt. Die meisten Kindern kommen nach erfolgreicher Behandlung ohne Spätfolgen innerhalb des normalen Zeitfensters auf die Welt.
Bei normalem Krankheitsverlauf außerhalb der Schwangerschaft ist eine spezielle Therapie nicht erforderlich. Ist die Temperatur erhöht, können fiebersenkende Maßnahmen wie Wadenwickel oder Zäpfchen beziehungsweise Fiebersaft (Paracetamol oder Ibuprofen) sinnvoll sein. Geht das Exanthem mit Juckreiz einher, helfen juckreizstillende Mittel (wie Fenistil® Tropfen) oder zinkhaltige Zubereitungen (Lotio alba). Durch den Ausschlag kann die Haut sehr rau und schuppig sein.
In den Wochen nach der Erkrankung kann eine intensivierte Hautpflege mit fett-feuchten Lotionen (wie Linola Baby & Kind Pflegelotion sensitiv, Bepanthen® Sensiderm Creme) oder Ölbädern (wie Balneum Hermal® F, Neuroderm® Mandelölbad) die Beschwerden lindern. Die Ringelröteln sind nicht meldepflichtig. Kinder dürfen bereits wieder in Kita oder Schule gehen, auch wenn der Hautausschlag noch zu sehen ist. Die Gefahr der Ansteckung besteht dann in der Regel nicht mehr.