Saugute Fleischalternative |
Am besten frisch: Dicke Bohnen haben jetzt Saison. / Foto: Getty Images/by Elena Botta
Dicke Bohnen zählen zu den Schmetterlingsblütlern (Fabaceae). Ihr botanischer Name Vicia faba verrät, dass sie nicht – wie die Gartenbohne – zu der Gattung der Bohnen (Phaseolus vulgaris), sondern zu den Wicken gehört. Dicke Bohnen sind vor allem in der grünen und braunen Variante bekannt, aber es gibt auch weiße, rote und violette Versionen. Die schmackhafte Hülsenfrucht ist unter vielen Namen bekannt: Saubohne, Schweinsbohne, Favabohne, Große Bohne, Puffbohne, Pferdebohne, Viehbohne, Faberbohne oder Ackerbohne.
Dicke Bohnen blicken auf eine lange Geschichte zurück und zählen zu den ältesten kultivierten Nutzpflanzen. Schon vor mehr als 6000 Jahren sollen sie im östlichen Mittelmeerraum beheimatet gewesen sein. Von dort aus breiteten sie sich in andere Teile in Europa, Nordafrika und Asien aus. Nicht nur die alten Ägypter bauten dicke Bohnen an, sondern auch bei den antiken Griechen und Römern waren sie beliebt. Dort wurden sie zu Suppen, Breien und in Brot verarbeitet.
Im Mittelalter hatten sie in Europa Hochkonjunktur bei Bauern und Arbeitern, denn: Sie sind anspruchslos im Anbau (gedeihen sogar auf salzigem Nordseeboden), einfach zu lagern und eine kostengünstige Proteinquelle. So wurden dicke Bohnen zu dieser Zeit auch als »Fleisch der Armen« bezeichnet. Erst im 16. Jahrhundert schwappten auch andere Bohnensorten wie die optisch eleganteren Garten- oder Feuerbohnen vom amerikanischen Kontinent über nach Europa. Sie liefen den Dicken Bohnen zunehmend den Rang ab, sodass Letztere mehr und mehr im Futtertrog der Schweine landeten. Daher stammt auch der Name Sau- oder Schweinsbohne.
Mittlerweile werden dicke Bohnen wieder verstärkt angebaut (überwiegend in Nordrhein-Westfalen) und nehmen an Bedeutung zu als gesunde Kraftpakete. Mit bis zu 11 g Protein pro 100 g stellt die Hülsenfrucht eine ausgezeichnete Proteinquelle und Fleischalternative dar. Dabei liefert sie nur etwa 90 kcal und passt dadurch auch in die fettarme, leichte Sommerküche, sofern sie nicht zu deftig zubereitet wird.
Die Saubohnen sind reich an Ballaststoffen (zum Beispiel Pektin). Diese tragen nicht nur zu einer gesunden Verdauung bei, sondern auch insgesamt zu einer ausbalancierten Darmmikrobiota – als Zentrum der Gesundheit. Die Bohnen halten lange satt und den Blutzuckerspiegel niedrig.
Aber auch für die Mikronährstoffzufuhr eignet sich das alte Gemüse: Ackerbohnen sind reich an Mineralstoffen wie Kalium, Magnesium, Phosphor und Eisen und ebenso eine gute Quelle für B-Vitamine (zum Beispiel Vitamin B1, Folat) sowie die Vitamine K und C. Abgerundet wird das Angebot durch wichtige Antioxidantien wie Flavonoide (Polyphenole), je nach Farbe beziehungsweise Sorte in unterschiedlicher Konzentration und Kombination.
Dicke Bohnen wie auch andere Hülsenfrüchte enthalten Purine. Gichtpatienten sollten das Gemüse daher mit Augenmaß genießen. Menschen mit Favismus («Bohnenkrankheit«) müssen dicke Bohnen komplett meiden, denn das Krankheitsbild ist gekennzeichnet durch einen Zerfall an roten Blutkörperchen (Hämolyse), der in schweren Fällen lebensbedrohlich werden kann. Ursache ist eine genetische Störung: ein Mangel an Glucose-Phosphat-Dehydrogenase (G6PD). Auch einige andere Lebensmittel und Medikamente können Auslöser sein. Im Gegensatz zu einem höheren Vorkommen im Mittelmeerraum, in Afrika und Asien liegt die Häufigkeit in Deutschland weit unter 1 Prozent.
Dicke Bohnen haben eine vielfältige kulinarische Tradition: Schon im mittelalterlichen Ägypten beispielsweise waren dicke Bohnen die wichtigste Zutat im Gericht »Ful Medames« – einem traditionell zum Frühstück mit Fladenbrot servierten Mus, mit cremigem Tahin und orientalischen Gewürzen. Das Gericht wurde besonders gerne von Frauen in Hamams (öffentlichen Bädern) gegessen. Bis heute ist Ful Medames sehr beliebt, auch in anderen Ländern Nord- und Ostafrikas sowie im Nahen Osten – jede Region hat ihre eigene typische Verfeinerung.
In Italien isst man dicke Bohnen besonders gerne in Salaten, Eintöpfen und Suppen (wie Minestrone). Am 1. Mai gibt es die jungen, zarten Bohnen in Rom traditionell sogar roh mit einem Pecorino-Romana-Salat. Eine weitere nette Tradition gibt es in Spanien und Portugal, wo einige getrocknete Bohnen in der Weihnachtszeit in einem Kuchen mitgebacken werden. Dem Finder soll dies Glück bringen. Die alten Römer brachten Bohnen auch an Türen und Fenstern an, um böse Hausgeister zu vertreiben. Hierzulande – vor allem in Westfalen und im Rheinland – kennt man die dicken Bohnen eher in der deftigen Version: mit Mehlsauce, Speck und Würstchen.
Anders als andere Bohnensorten können Ackerbohnen grundsätzlich roh verzehrt werden, da sie keine giftigen Phasine und Lektine enthalten. Allerdings sollte man bedenken, dass nur die ganz jungen, geschälten Samen roh schmackhaft sind und manche Menschen überempfindlich auf den rohen Verzehr reagieren. So wird insgesamt dazu geraten, sie zumindest kurz zu blanchieren.
Am besten kauft man dicke Bohnen frisch vom Wochenmarkt, einem regionalen Erzeuger, als getrocknete Ware (Einweichzeit!) oder auch als Tiefkühlware. Im Glas oder aus der Dosenkonserve liefern sie häufig viel Salz und Zucker. Wer die Hülsenfrüchte selbst angebaut hat, dessen Boden profitiert auch mit gesteigerter Fruchtbarkeit, denn in ihren Wurzeln fixieren sie mithilfe der symbiotischen Knöllchenbakterien den Stickstoff aus der Luft. Dieser steht dann auch anderen Pflanzen zur Verfügung.
Im Kühlschrank können die frischen Bohnenhülsen bis zu zwei Wochen gelagert werden. Für das gewünschte Gewicht an essbaren Bohnen benötigt der Hobbykoch die drei- bis vierfache Menge, denn entfernt werden die nicht essbare Hülse sowie die Samenhaut. Nur bei den kleinen, ganz frischen Bohnen kann man die Samenhaut mitessen. Nachdem die zweite Schale entfernt wurde, welche Gerb- und Bitterstoffe enthält, haben dicke Bohnen ein süßlich-nussiges Aroma.
Die Hülsen werden der Länge nach aufgebrochen. Das Entfernen der Schale gelingt einfach durch kurzes Blanchieren und anschließendes kaltes Abschrecken. Bei ganz jungen Bohnen reicht es häufig, diese wenige Minuten zu blanchieren. Je nach Reifezustand und Härte dürfen es auch schon mal 10 bis 20 Minuten Garzeit sein. Die Zugabe von Bohnenkraut verbessert die Bekömmlichkeit.
Auch wenn rheinische »Dicke Bohnen mit Speck« für viele Menschen ein Hochgenuss sind, gibt es doch zahlreiche weitere Möglichkeiten, die Bohnen etwas leichter und moderner zu interpretieren: zum Beispiel als Zutat in Tarte, Quiche, Minestrone, Salat, Pasta, Frittata (siehe Rezept), als Snack mit Pecorino oder Parmesan.
Leicht, aber macht satt: Sommerliche Frittata / Foto: Getty Images/GMVozd
Zubereitung (für 4 Portionen): Von 200 g frischer Ware die dicken Bohnen aus der Hülse pulen und die weiße Samenhaut entfernen. Nun von 200 g Erbsenschoten die Erbsen herauspulen und von 200 g Stangenbohnen die Enden abschneiden, bei Bedarf halbieren. Eine zerdrückte Knoblauchzehe in einer Pfanne mit ein wenig Olivenöl kurz anbraten und wieder herausnehmen. Die Erbsen sowie von insgesamt 200 ml Gemüsebrühe circa ein Drittel hinzufügen und fünf Minuten auf mittlerer Hitze köcheln lassen. Dann kommen die dicken Bohnen und ein weiteres Drittel der Gemüsebrühe hinzu. Das Ganze weitere fünf Minuten köcheln lassen. Anschließend dürfen die Stangenbohnen mit dem Rest Gemüsebrühe hinzu und etwa zehn Minuten bis zum Garpunkt weiter köcheln lassen. Es sollte sich nun nicht mehr viel Flüssigkeit in der Pfanne befinden.
Während das Gemüseallerlei abkühlt, fünf Eier und mit etwas Salz und Pfeffer sowie zwei Esslöffeln frisch geriebenem Parmesan verquirlen. Das noch lauwarme Gemüse wird nun mit der Eiermasse vermengt und in eine heiße Pfanne mit etwas Olivenöl gegeben. Die Frittata stockt nun über etwa fünf Minuten. Die Oberfläche sollte nicht mehr flüssig sein. Dann mit Hilfe eines großen Tellers oder Deckels umdrehen und wieder in die Pfanne gleiten lassen. Für wenige Minuten weiterbraten und dann entweder direkt warm servieren – oder an heißen Tagen auch gerne später als kalte Frittata. Guten Appetit!