Schadstoffe im Essen |
Obst und Gemüse werden häufig mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Sie sollten daher vor dem Verzehr gründlich gewaschen werden. / Foto: Adobe Stock/Alextype
Prinzipiell tragen Lebensmittelunternehmer die Verantwortung für die Qualität und Sicherheit der von ihnen in Verkehr gebrachten Lebensmittel. Sie müssen ihre Produkte also regelmäßig prüfen. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) koordiniert mit den zuständigen Ministerien der Bundesländer und kommunalen Behörden regelmäßige Betriebskontrollen und Lebensmittelanalysen.
Für viele Schadstoffe gibt es gesetzliche Höchstmengen, die nicht überschritten werden dürfen, andernfalls darf ein Produkt nicht verkauft werden. Im Folgenden geht es darum, welche Problemstoffe sich in unseren Lebensmitteln verstecken und wie jeder selbst beim Einkauf und im Umgang mit dem Essen Risiken minimieren kann.
Um pflanzliche Lebensmittel vor Unkraut, Insektenbefall oder Pilzerkrankungen zu schützen, werden sie mit behördlich zugelassenen Pflanzenschutzmitteln behandelt. Laut Angaben des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) überschritten in den letzten Jahren weniger als 1 Prozent der inländischen Proben die vorgeschriebenen Grenzwerte. Auch EU-Ware ist in der Regel weniger belastet als solche aus Drittländern. Klar: Insgesamt schneiden Bio-Lebensmittel bei Untersuchungen besser ab.
Weltweit werden rund 800 verschiedene Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Das Breitbandherbizid Glyphosat stuft die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als »wahrscheinlich krebserregend beim Menschen« ein. Von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erhielt Glyphosat 2017 eine erneute Zulassung, es soll aber Ende 2023 in Deutschland vom Markt genommen werden. Dagegen ist das als kanzerogen geltende Ethylenoxid in der EU schon seit 1991 verboten, wird aber beispielweise in Indien noch verwendet und immer wieder in Sesam, Kaffee und Gewürzen nachgewiesen.
Sowohl der Einsatz von Herbiziden wie auch von Insektiziden trägt maßgeblich zum Insektensterben bei. Die dadurch fehlende Bestäubung beeinträchtigt den Anbau von Obst und Gemüse. Laut der Umweltorganisation Greenpeace werden Zusammenhänge zwischen Insektiziden und Brustkrebs sowie Immundefiziten beim Menschen diskutiert. Von Pflanzenschutzmittelrückständen in Gewässern und Tieren geht laut BZfE allerdings kein Gesundheitsrisiko aus.
Mit diesen Tipps senken Verbraucher ihr Risiko:
Für die meisten Pflanzen ist Nitrat zum Aufbau von Proteinen unentbehrlich. Durch mikrobiellen Abbau von organischen, stickstoffhaltigen Verbindungen und durch Mineraldünger gelangt es in die Nahrungskette. Da Nitrat vor allem in Wurzeln, Stielen und Blättern gespeichert wird, ist der Gehalt in Blatt- (Spinat, Rucola, Kopf- und Feldsalat) und Wurzelgemüsen wie Rettich, Radieschen und Roter Bete besonders hoch. Tomaten, Gurken, Paprika, Erbsen, Bohnen und Zwiebeln sind nitratärmer. Mehr Licht bedeutet weniger Nitrat für die Pflanze, daher sollte man bei Eigenanbau bestenfalls am Abend eines sonnigen Tages ernten.
Nach dem Verzehr nitratreicher Lebensmittel stört entstehendes Nitrit den Sauerstofftransport im Blut. Dadurch kann es – vor allem bei Säuglingen – durch Methämoglobinämie zur Blausucht (Zyanose) kommen. Eiweißreiche Lebensmittel enthalten sekundäre Amine, die auch im Verdauungsprozess entstehen. Mit Nitrit bilden sie Nitrosamine, von denen einige als stark krebserzeugend eingestuft werden.
Tipps für Verbraucher:
Lange schon tragen Antibiotika in der Massentierhaltung maßgeblich zur Resistenzbildung bei. Auch Beta-Blocker oder Beruhigungsmittel, die in der Tiermast eingesetzt werden, stehen im Verdacht, beim Menschen Allergien zu fördern. Lebende Nutztiere, Fleisch, Fisch aus Aquakultur, Eier, Milch und Honig werden engmaschig überwacht. Immerhin wurden 2018 in ganz Europa die zulässigen Tierarzneimittelrückstände nur in 0,3 Prozent aller Proben überschritten. Wer auf Biomilch, -eier und -fleisch aus Weidehaltung zurückgreift oder auf das Tierschutzlabel achtet, sorgt neben dem eigenen auch für das Tierwohl.
Auch Schwermetalle wie Quecksilber, Cadmium oder Blei aus Industrie und Straßenverkehr verunreinigen Lebensmittel. Sie sind teils enorm giftig und können zu Schäden an Organen und Nervensystem führen. Deshalb gelten hier besonders strenge Grenzwerte. Seefische und Muscheln filtern im Meer befindliche Schadstoffe und reichern dabei Schwermetalle an. Schwangeren, Stillenden und Kleinkindern wird deshalb empfohlen, auf Heilbutt, Thun- und Schwertfisch zu verzichten. Denn diese Fische stehen am Ende der Nahrungskette und sind deshalb besonders stark mit Methylquecksilber belastet, das die Hirnentwicklung beeinträchtigen kann.
Wildpilze nehmen aus dem Waldboden Quecksilber und Cadmium auf. Höhere Konzentrationen an Cadmium wurden in Untersuchungen des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) aber auch in Gemüse, Weizen, Roggen, Reis, Schokolade und Leinsamen gefunden. Es wirkt wahrscheinlich krebserregend und erhöht das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen. Vor allem schädigt es jedoch Nieren und Knochen. Durch Blei aus belasteten Böden und alten Hauswasserrohren können Nerven-, Nieren- und Hirnschäden auftreten, aber auch Fehl- und Frühgeburten.
Anorganische Arsenverbindungen, die durch Phosphatdünger oder Klärschlamm in Nahrung und Trinkwasser gelangen, gelten als kanzerogen; Reis wird auf unter Wasser stehenden Feldern angebaut, er nimmt daher über die Wurzeln besonders viel Arsen auf. 2016 hat die EU daher Grenzwerte für Reis und bestimmte Reisprodukte eingeführt. Vor allem gilt: Vorsicht bei Reisflocken und Reiswaffeln für Babys. Sie sollten nicht in großen Mengen gefüttert werden. Weitere Tipps:
Dioxine entstehen als Nebenprodukte bei Verbrennungsprozessen, während polychlorierte Biphenyle (PCB) bis in die 1980er Jahre unter anderem als Weichmacher in Farben oder Kunststoffen eingesetzt wurden. Durch ihre lange Halbwertszeit kommen die Substanzen ubiquitär vor und reichern sich im Fettgewebe an.
Menschen nehmen Dioxine und PCB daher vor allem durch fettreiche tierische Lebensmittel wie Eier, Fleisch, Fisch oder Milch auf. Immer wieder sind etwa Eier von Rückrufen aufgrund überhöhter Werte betroffen. Laut Stiftung Warentest tragen Fleisch und Fisch jedoch mehr zur Gesamtbelastung bei. Nach Angaben des Umweltbundesamtes sind Dioxine und PCB gesundheitsschädlich: In Tierexperimenten zeigten sich Auswirkungen vor allem auf die Spermienqualität, aber auch auf Immun- und Nervensystem, Schilddrüse und Leber. Ebenso gelten sie als krebserregend.
Werden stärkehaltige Lebensmittel bei Temperaturen über 120° C und geringer Feuchtigkeit gebacken, gebraten oder geröstet, so bildet sich aus darin enthaltenen Zuckern und Aminosäuren Acrylamid (Maillard-Reaktion). Dessen krebs- und erbgutschädigende Wirkung ist tierexperimentell erwiesen. Einer 2015 von der EFSA veröffentlichten Risikobewertung zufolge erhöht Acrylamid das Krebsrisiko für Verbraucher aller Altersgruppen, wobei Kinder aufgrund ihres niedrigeren Körpergewichtes stärker gefährdet sind. Oft belastete Lebensmittel sind etwa Kartoffelchips, Pommes frites, Knäcke- und Toastbrot sowie Kaffee. Bei Säuglingen und Kleinkindern sind Zwieback und Kekse die wichtigsten Quellen.
Grillgut sollte bei niedriger Hitze vergoldet statt verkohlt werden, sonst können krebserregende heterocyclische aromatische Amine (HAAs) entstehen. Krebsfördernde polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) bilden sich, wenn aus dem Grillgut Fleischsaft oder Fett in die heiße Glut tropfen. Aus den weit verbreiteten Grillschalen geht Aluminium in Lebensmittel über, vor allem in saure und salzige.
Weitere Verbrauchertipps:
Trinkflaschen, Frischhaltefolie, Lebensmittelpackungen im Handel, aber auch Aufbewahrungsboxen im Haushalt sind aus Kunststoffen wie PVC oder Polycarbonat gefertigt. PVC erhält die für Verpackungszwecke nötige Flexibilität durch Weichmacher wie Phthalate. Als hormonelle Disruptoren wurden deshalb einige von der EU als fortpflanzungsgefährdend eingestuft. Andere wirkten im Tierexperiment schädigend auf Schilddrüse und Hypophyse. Auch lebertoxische Effekte traten auf.
Nach Angaben des BfR gehen für Erwachsene und ältere Kinder keine gesundheitlichen Gefahren durch die über Lebensmittel aufgenommenen Mengen aus. Weil Kleinkinder aber viele Dinge, die Weichmacher enthalten, in den Mund stecken, könnte in Summe für sie unter Umständen ein Gesundheitsrisiko bestehen.
Für die Herstellung von Polycarbonat wird Bisphenol A (BPA) benötigt, welches im Tierversuch unter anderem Immunsystem, Stoffwechsel, Leber und Nieren schädigt. Aufgrund hormonähnlicher Wirkungen wird es von der Europäischen Chemikalienagentur als besorgniserregende Substanz eingestuft. Säuglingsflaschen und Trinklerntassen dürfen EU-weit kein BPA enthalten. Zur BPA-Verunreinigung von Lebensmitteln kommt es durch die Innenbeschichtung von Konserven und Getränkedosen mit Epoxidharzen. Die EFSA sieht durch die täglich aufgenommenen Mengen ein Gesundheitsrisiko für alle Bevölkerungsgruppen. Entsprechende Ware sollte als »bisphenolfrei« gekennzeichnet sein. »BPA-frei« kann nämlich bedeuten, dass andere, bisher wenig untersuchte Bisphenole enthalten sind.
Über Luft, Böden, Grund- oder Meerwasser wird Mikroplastik in Rohstoffe und Lebensmittel eingetragen. Noch ist unklar, ob es mit dem Stuhl unverdaut wieder ausgeschieden wird. Diskutiert wird ferner, ob es Entzündungen des Lungengewebes oder des Darms hervorrufen kann. Eine Bewertung des gesundheitlichen Risikos durch das BfR gibt es bislang nicht. Nach der Europäischen Verordnung für Kunststoff-Lebensmittelverpackungen gilt der Übergang von bis zu 60 mg Kunststoffbestandteilen pro Kilogramm Lebensmittel als tolerierbar.
MOSH (mineral oil saturated hydrocarbons) und MOAH (mineral oil aromatic hydrocarbons) stammen von mineralölhaltigen Druckfarben, die für die Beschriftung von Verpackungen verwendet werden oder aus Recyclingkartons ins Produkt übergehen. Lebensmittel können auch bereits während der Ernte oder Verarbeitung kontaminiert werden, beispielsweise wird beim Pressvorgang durch ölende Maschinenteile Mineralöl in Speiseöle eingebracht. Problematisch sind Produkte mit hohem Fettanteil wie Schokolade, Speisefette oder -öle und solche mit großer Oberfläche wie Mehl, Reis, Nudeln, Frühstückscerealien oder Babymilchpulver. Einer europaweiten Studie zufolge ist jedes achte Produkt belastet.
Laut BfR sind Mineralöl-Gehalte in Lebensmitteln unerwünscht und – soweit technisch möglich – zu minimieren. Gesetzliche Grenzwerte existieren bislang jedoch keine. Um den Übergang von MOSH und MOAH in das Lebensmittel zu verhindern, werden teils Innenverpackungen mit Barrierefunktion verwendet, die aber weder gesetzlich vorgeschrieben noch für den Verbraucher erkennbar sind. Aus tierexperimentellen Studien ist bekannt, dass sich die Substanzen im Körperfett anreichern und insbesondere an Herz, Leber und Lymphknoten zu Schäden führen können. Ein erbgutschädigendes und krebserzeugendes Potenzial der MOAH-Fraktion ist nicht auszuschließen. Daher gilt: