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Gefahren aus der Küche

Schädliche Substanzen im Essen vermeiden

Was tagtäglich auf den Teller kommt, sollte nicht nur schmecken, sondern möglichst auch gesund sein. Doch Lebensmittel enthalten mitunter Stoffe, die für den Körper potenziell gefährlich sind. Sie können zudem bei einer unsachgemäßen Zubereitung von Speisen entstehen. Was zu beachten ist, um die Risiken zu minimieren.
Barbara Döring
20.12.2024  15:00 Uhr

Salz, Zucker, rotes Fleisch – von vielen Nahrungsmitteln ist bekannt, dass sie im Übermaß genossen ein gesundheitliches Risiko bergen. Was vielen Verbrauchern weniger bewusst sein dürfte: Auch bei der industriellen Herstellung von Produkten und bei der Zubereitung von Speisen in der eigenen Küche entstehen mitunter Stoffe, die eine Mahlzeit zum Gesundheitsrisiko machen. Beim Seminar »Tatort Küche« des Vereins Society of Nutrition and Food Science berichteten Experten über unerwünschte Substanzen in Lebensmitteln und erklärten, worauf Verbraucher achten sollten, um potenziell krebserzeugende oder mutagene Substanzen zu vermeiden.

Was die Lebensmittelsicherheit betrifft, wiegen sich viele Verbraucher in falscher Sicherheit. So würden Speisen, die im Restaurant auf den Tisch kommen, oft kritischer betrachtet als Mahlzeiten aus der eigenen Küche, sagte Dr. Irmela Sarvan vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bei der Online-Veranstaltung. So würde etwa die Gefahr von Lebensmittelverunreinigungen im Haushalt von Verbrauchern als sehr viel geringer eingeschätzt als die Gefahr in der Gastronomie.

Der Verbrauchermonitor des BfR, eine halbjährliche Befragung der Bevölkerung zu gesundheitsbezogenen Themen, zeigte, dass 70 Prozent der Teilnehmer das Thema Lebensmittelverunreinigung in der Gastronomie beunruhigend finden. Wenn es um die Lebensmittelhygiene zu Hause geht, galt das jedoch nur für etwa 30 Prozent der Befragten. Dabei lauern auch in der eigenen Küche so manche Gefahren. Jährlich würden aus diesem Bereich etwa 100.000 Fälle von Lebensmittelinfektionen gemeldet, bei denen vor allem Kreuzkontaminationen, fehlende Erhitzung oder mangelnde Kühlung eine Rolle spielten.

Welche potenziellen Risiken Lebensmittel und ihre Zubereitung in privaten Haushalten bergen, dem geht die seit 2015 laufende BfR-Meal-Studie auf den Grund. MEAL steht für »Mahlzeiten für die Expositionseinschätzung und Analytik von Lebensmitteln«. Untersucht wird, welche unerwünschten Stoffe in Lebensmitteln enthalten sind, die häufig in Deutschland konsumiert werden, und welche gesundheitlichen Auswirkungen sich aus der Art der Zubereitung ergeben können. Für die Studie wurden 90 Prozent der am meisten verzehrten Lebensmittel ausgewählt, darunter auch saisonale Produkte wie Weihnachtsplätzchen. Für die Analyse bereiten die Forscher die Lebensmittel haushaltstypisch zu, also etwa mit gängigen Küchenmessern und anhand der in Deutschland beliebtesten Kochbücher und Rezeptseiten im Internet.

Um riskante Stoffe in Lebensmitteln zu messen, haben die Forscher sowohl herkömmliche als auch Bioprodukte aus verschiedenen Regionen Deutschlands untersucht und jeweils ähnliche Produkte in Pools zusammengefasst. Im Fall einer Belastung lassen sich deshalb Rückschlüsse auf eine Lebensmittelgruppe ziehen, nicht jedoch auf einzelne Produkte. Möglich wäre also, dass nur ein Produkt stärker oder alle ein wenig belastet sind.

Starke Bräunung meiden

Sarvan stellte erste Ergebnisse der Studie vor, die zeigen, wie eine unsachgemäße Zubereitung von Lebensmittel die Schadstoffbelastung der Ernährung in die Höhe treiben kann. Demnach setzen sich Verbraucher nicht selten einem gesundheitlichen Risiko aus, indem sie ihr Toastbrot zu dunkel bräunen oder Pommes besonders kross backen oder frittieren. Das Problem: In Lebensmitteln, in denen Kohlenhydrate und freies Asparagin enthalten sind, entsteht bei Temperaturen über 120 °C Acrylamid. Das karzinogene und genotoxische Amid ist ein Nebenprodukt der Maillard-Reaktion, bei der die erwünschten Röstaromen entstehen.

»Acrylamid kann an die DNA andocken und die Zelle so verändern, dass sie sich zur Krebszelle entwickeln kann«, erläuterte Sarvan. Betroffen sind Lebensmittel wie Chips und Pommes, Kartoffelpuffer und Bratkartoffeln, Brot und Frühstücksflocken sowie Backwaren wie Kekse oder Cracker. Besonders frittierte, geröstete, gebackene und gebratene Lebensmittel können mit Acrylamid belastet sein, weshalb in der EU seit 2018 strengere Richtwerte für industriell hergestellte Fertiglebensmittel bestehen.

Was jedoch beim Bruzzeln oder Toasten in der Küche entsteht, kann der Gesetzgeber nicht beeinflussen. In einer repräsentativen Haushaltsumfrage im Rahmen der BfR-MEAL-Studie gaben immerhin 16,4 Prozent der Verbraucher an, bei selbst zubereiteten Tiefkühlpommes den Bräunungsgrad 3 – definiert als knusprig, aber noch nicht verbrannt – zu bevorzugen, sagte Sarvan. Entsprechend zubereitete Pommes lagen in der Studie mit ihrem Acrylamid-Gehalt über dem von der EU vorgegebenen Richtwert für Acrylamid für Pommes frites von 500 µg/kg. Das galt sowohl für die Zubereitung im Ofen (835 µg/kg) als auch in der Fritteuse (1600 µg/kg) und in der Heißluftfritteuse (1500 µg/kg).

Weniger ist beim Braten und Frittieren auf jeden Fall mehr: So wurde bei Pommes mit dem Bräunungsgrad 2 ein mehr als dreifach so hoher Acrylamid-Gehalt nachgewiesen als bei Pommes mit Bräunungsgrad 1. Bruzzelten die Fritten bis zum Bräunungsgrad 3, wiesen sie sogar mehr als den 30-fachen Gehalt auf. Die Garmethode mit dem niedrigsten Acrylamid-Gehalt war bei Pommes frites bei allen Bräunungsgraden das Backen, während Süßkartoffelpommes besser in der Luftfritteuse aufgehoben waren. Diese Zubereitung führte bei den Bataten zu einer geringeren Acrylamid-Bildung.

Auch beim Toasten kann es sich lohnen, seine Gewohnheiten zu überdenken. Hier bevorzugen mit knapp über 45 Prozent die meisten Verbraucher auf einer Skala von 1 bis 5 den intensiveren Bräunungsgrad 3 und nehmen damit eine höhere Acrylamid-Belastung in Kauf. 13,5 Prozent bevorzugen eine noch stärkere Röstung mit Bräunungsgrad 4.

Um den Acrylamid-Gehalt in der Ernährung gering zu halten, rät Sarvan, Produkte, die potenziell belastet sein könnten, selbst zu Hause zuzubereiten. Dabei gilt die Empfehlung des BfR »Vergolden statt Verkohlen«, also nur leicht zu bräunen. Je länger Produkte erhitzt werden und je höher die Temperatur, umso stärker steigt der Acrylamid-Gehalt an.

Auch die Wahl von Lebensmitteln spielt eine Rolle, wenn es um die gesundheitliche Gefährdung durch Acrylamid geht. Wer etwa glaubt, Gemüsechips seien gesünder als die klassischen Kartoffelchips, irrt. So waren in der Studie Gemüsechips mit 1430 µg/kg Acrylamid die Spitzenreiter unter den getesteten Produkten. Kartoffelchips lagen mit 190 µg/kg deutlich darunter. Die Ergebnisse zeigten, dass die Maßnahmen des Minimierungskonzepts für Acrylamid in Kartoffelchips offenbar erfolgreich waren, sagte Sarvan. Für Gemüsechips gäbe es allerdings noch keine Richtwerte. Ein Grund für die hohen Werte könnte sein, dass Süßkartoffeln einen hohen Zuckergehalt hätten, sodass Acrylamid eventuell schneller entstehen kann. Das potenzielle Risiko durch Acrylamid lässt sich insgesamt verringern, wenn Verbraucher bei der Auswahl von Lebensmitteln auf Abwechslung und Vielfalt setzen, so die Empfehlung des BfR.

Das richtige Fett

Auch beim Braten in der Pfanne oder Frittieren gibt es einige Fallstricke zu beachten. Öle mit einem hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren gelten zwar an sich als gesund und sind ideal für die Salatsoße geeignet. Werden sie jedoch länger oder zu hoch erhitzt, gehen die cis-Fettsäuren durch Isomerisierung in die trans-Konfiguration über, erläuterte Professor Dr. Walter Vetter vom Institut für Lebensmittelchemie der Universität Hohenheim in Stuttgart. Bekannt ist, dass ein hoher Konsum von trans-Fettsäuren (TF) das Verhältnis des günstigen HDL- hin zum ungünstigen LDL-Cholesterol im Blut verschiebt und so mit einem erhöhten Risiko für Atherosklerose einhergeht. »Laut geltender Ernährungsempfehlung sollte höchstens ein Energieprozent über Transfette gedeckt werden«, sagte Vetter. Bei einer normalen Ernährung mit täglich 2000 kcal entspreche dies maximal etwa 2,2 g trans-Fettsäuren pro Tag.

Bis vor etwa 30 Jahren hatte industriell gehärtetes Fett einen hohen Gehalt an trans-Fettsäuren, doch dieses Problem sei mittlerweile weitgehend gelöst, sagte der Referent. Allerdings wiesen importierte Fette und Frittierfette teilweise noch immer hohe TF-Anteile auf. Beruhigend zu wissen: Eine Untersuchung seines Instituts habe gezeigt, dass Pommes frites von Fast-Food-Ketten oder Imbissen nur noch sehr selten zu viele trans-Fettsäuren enthalten. Professionelle Anbieter würden demnach offenbar größtenteils geeignetes Frittierfett verwenden.

Um die Entstehung von Transfetten in der eigenen Küche gering zu halten, sollten Verbraucher beim Braten ausschließlich speziell geeignete Fette oder Öle verwenden. Je nach Modell des Herdes könnten Herdplatten so stark aufheizen, dass der Rauchpunkt eines nicht zum Braten geeigneten Öls schnell erreicht ist. Auch Substanzen aus der Gruppe der E-Vitamine (Tocopherole und Tocotrienole) würden dabei zersetzt. Dabei sei weniger der Verlust an Vitamin E entscheidend als vielmehr die entstehenden Abbauprodukte, erläuterte Vetter. Pflanzliche Öle sollten zudem niemals zum Frittieren verwendet werden, sondern ausschließlich Fette, die laut Verpackung dafür geeignet sind.

Der Mixer macht's

Wer sich einen Smoothie zubereiten will, vermutet wahrscheinlich nicht, dass der Handmixer den gesundheitlichen Wert der Leckerei schmälern könnte. Der Lebensmittelchemiker erinnerte daran, dass beim Betrieb elektrischer Mixer mitunter Chlorparaffine frei werden. Die polychlorierten Kohlenwasserstoffe gelten als krebserregend und können in Ölen enthalten sein, mit denen die Maschinen in der Produktion behandelt werden.

Bei einer Untersuchung in Schweden stellten sich 70 Prozent der im Handel erhältlichen Handmixer als problematisch heraus. Auch in Deutschland enthielten 6 von 19 Handmixern die kritischen Substanzen. Pro Anwendung könnten bis zu 120 µg Chlorparaffine freigesetzt werden und in das gemixte Produkt übergehen, sagte Vetter. Problematisch sei vor allem, wenn Mixer, die Chlorparaffine enthalten, zur Herstellung von Säuglingsnahrung verwendet würden. Verbraucher können sich bei Produkttests informieren, welche Modelle unbedenklich sind.

Hirschhornsalz adé

Für Freunde der Weihnachtsbäckerei gab Vetter einen weiteren Tipp zum Thema Acrylamid. In einigen Rezepten findet sich als Zutat Hirschhornsalz, ein traditionelles Backtriebmittel, das im Gegensatz zu Backpulver keine saure Komponente aufweist und etwa Lebkuchen eine lange Haltbarkeit beschert. Die Mischung aus verschiedenen Ammoniumverbindungen ist auch in fertigen Weihnachtsplätzchen und dunkel gebratenen oder frittierten Lebensmitteln zu finden. Beim Erhitzen wird Ammoniak freisetzt, aus dem wiederum Acrylamid entsteht. Vetter rät, auf ein anderes Backtriebmittel wie Backpulver oder Natron auszuweichen, auch wenn sich dadurch der Geschmack verändern könnte. An leckeren – nicht zu dunkel gebackenen – Plätzchen, dürfte es in der Weihnachtszeit dennoch nicht mangeln.

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