Schimmelpilzbefall bei Nahrung |
Gerade in der warmen Jahreszeit verderben Lebensmittel schneller: Schimmlige Nahrungsmittel gehören in den Müll. Bei Verzehr drohen ansonsten gesundheitliche Schäden. / Foto: Getty Images/Ekaterina Lutokhina
Ob Ziehfäden in den Haferflocken, Flaum auf dem Joghurt, eine muffig riechende Nuss im Studentenfutter oder ein grünmatschiger Fleck an der Pflaume: Sie alle zeigen, wie verderblich Lebensmittel sind – vor allem im Sommer. »Schimmelpilze sind weit verbreitet«, berichtet Dr. Stefan Weigel, Leiter der Fachgruppe Pflanzen- und Mykotoxine am Bundesinstitut für Risikobewertung. Schimmelpilze gelten als krankheitserregend, weil viele von ihnen in ihrem Stoffwechsel sogenannte Mykotoxine bilden. Das sind Gifte, mit denen sie sich vermutlich gegen konkurrierende Bakterien behaupten oder Fressfeinde abwehren und die Mensch, Tier und Pflanze schaden können.
»Wir können ihr Vorkommen nicht komplett vermeiden. Aber wir müssen die Konzentration von Mykotoxinen in der Nahrung so niedrig wie möglich halten«, ergänzt Weigel im Gespräch mit PTA-Forum. Für ihr Wachstum brauchen die verschiedenen Schimmelpilzarten unterschiedliche klimatische Bedingungen und Nährstoffe. »Die bekanntesten Mykotoxine sind Aflatoxine, Ochratoxin A, Fusarientoxine, Mutterkorn-Alkaloide, Patulin und Citrinin«, erläutert Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung auf Nachfrage.
Die nach dem Pilz Aspergillus flavus benannten Aflatoxine werden vorwiegend in wärmeren Klimazonen auf fettreichen, pflanzlichen Produkten gebildet zum Beispiel Erdnüssen, Pistazien und anderen Nussarten sowie Mais, Mohn, Sesam und Trockenfrüchten, aber auch auf Gewürzen und in Milch. »Aflatoxine können Leberschäden und Krebs verursachen«, warnt die Ernährungswissenschaftlerin. Stefan Weigel fügt hinzu: »Weltweit sind Aflatoxine eine häufige Ursache für Leberkrebs – vor allem in subtropischen und tropischen Regionen mit besseren Wachstumsbedingungen für aflatoxinbildende Schimmelpilze und teilweise unvorteilhaften Lagerbedingungen.« Akute Vergiftungen allerdings würden meist erst durch vergleichsweise hohe Konzentrationen ausgelöst und seien in Mitteleuropa aufgrund der allgemein guten Lebensmittelqualität und häufiger Kontrollen selten.
Das ebenfalls krebserregende Ochratoxin A bildet sich vor allem in Getreide und Trockenfrüchten, aber auch in Kaffee, Wein, Bier, Traubensaft, Kakao, Gewürzen und Süßholz. Fusarientoxine werden häufig in Getreide und Mais nachgewiesen und können im Menschen Haut, Verdauungs- und Immunsystem angreifen. Mutterkorn wiederum wächst vorwiegend auf Roggen, aber auch auf Weizen, Gerste und Hafer. Von ihm gebildete Alkaloide sind hochgiftig und ließen im Mittelalter viele Menschen am sogenannten »Antoniusfeuer« sterben. Dass Mutterkorn-Vergiftungen inzwischen sehr selten sind, liegt daran, dass heutige Roggensorten für den Pilz weniger anfällig sind, und dass moderne Siebe und Scanner die Körner direkt nach der Ernte sorgfältig sortieren.
Vor allem in Äpfeln, aber auch in anderen Früchten kommt das Zellgift Patulin vor. In höheren Dosen eingenommen, kann das Schimmelpilzgift Übelkeit verursachen sowie Magenschleimhautentzündungen und Leberschäden. Citrinin schließlich wirkt nierenschädigend und krebserregend. Es kann vor allem in Reis, aber auch in anderen Getreidearten stecken sowie in Nahrungsergänzungsmitteln, die aus fermentiertem Reis und Getreide gewonnen werden.
Bei alldem ist aber nicht jede Schimmelbildung für den menschlichen Genuss schädlich. Zur Herstellung von Camembert, Brie und Edelpilzkäse wie Gorgonzola oder Roquefort wird Milch oder Käsemasse ganz bewusst mit Reinzucht-Schimmelkulturen angereichert, um einen bestimmten Geschmack oder ein typisches Aussehen zu erzielen. »Diese Schimmelkulturen enthalten keinerlei Gifte und sind gesundheitlich unbedenklich«, betont Ernährungswissenschaftlerin Antje Gahl.
Früher war Mutterkorn, ein giftiger Getreidepilz, gefürchtet. Heute besteht kaum noch ein Risiko für Verbraucher. / Foto: Getty Images/mb-fotos
Da man Mykotoxine nicht sehen oder riechen könne, ließen sie sich nur durch analytische Verfahren im Labor nachweisen. Das bedeute durch Eigenkontrollen der Lebensmittelhersteller und durch amtliche Überwachung, stellt Stefan Weigel klar. Verbraucher können folglich nicht sehen, ob das gekaufte Lebensmittel mit Mykotoxinen belastet ist. Zudem hätten sie kaum Einfluss auf die Ernte- und Lagerungsbedingungen der Nahrungsmittel, die sie einkaufen, und bräuchten das hierzulande aufgrund amtlicher Lebensmittelüberwachung auch nicht.
»Aber natürlich können und sollten sie eingekaufte Nahrungsmittel in der Küche so lagern, dass Schimmelpilze keine guten Wachstumsbedingungen finden.« Dazu gehört vor allem, Lebensmittel sauber, trocken und möglichst kühl aufzubewahren. Sind sie verfärbt, riechen sie muffig oder sind sie bereits von sichtbarem Schimmel befallen, gehören sie in den Müll. »Eine übelschmeckende Nuss würde ich im Zweifelsfall auch immer lieber ausspucken«, so Weigel.
Je flüssiger ein Lebensmittel ist (Saft, Kompott oder weiches Obst), desto schneller breiten sich in ihm Schimmel und gegebenenfalls dessen Toxine aus. Deshalb sollte angefaultes Obst nicht mehr verzehrt werden. Auch die Verarbeitung zu Kompott oder Konfitüre ist keine gesunde Alternative. Denn Mykotoxine sind hitzebeständig und werden auch beim Kochen, Rösten oder Backen nicht zerstört. Bei angeschimmelten Konfitüren und Gelees hilft es auch nicht, den oben angesetzten Schimmel großzügig zu entfernen. Stattdessen gehört das ganze Glas entsorgt. Bei Schimmelstellen auf ganzen Brotstücken sollten diese insgesamt weggeworfen werden.
Vorbeugend rät Antje Gahl schon für den Einkauf: »Kaufen Sie Lebensmittel möglichst frisch und auch nur in Mengen, die Sie bald verbrauchen.« Gelagert werden sollten sie darüber hinaus kühl und trocken – vor allem Getreideprodukte und Mehl. Vergessen werden beim Thema Schimmelbildung oft die Gewürze. Dabei neigen gerade hier viele Menschen dazu, sie in (zu) großen Mengen zu kaufen und dann jahrelang aufzubewahren. Doch auch Gewürze können schimmeln und sollten nicht allzu lange liegen, bevor sie verbraucht werden.
Last but not least: Auch für Tiere sind Mykotoxine schädlich, daher sollten verschimmelte Produkte nicht an Hund, Katze und Co. verfüttert werden.
Lebensmittel werden im Kühlschrank gelagert, damit sie länger frisch bleiben. Denn viele Bakterien und Schimmelpilze wachsen unter sieben Grad Celsius langsamer. Das bedeute aber nicht, dass sie ganz aufhören würden, sich zu vermehren, betont Weigel. Wichtig sei hierbei auch die richtige Küchenhygiene.
Kühlschränke sollten alle zwei bis drei Monate gründlich gereinigt werden. Warmes Wasser mit ein wenig Spülmittel oder mildem Allzweckreiniger reichen dazu völlig aus. Ein zusätzlicher Spritzer Zitronensaft reduziert unangenehme Gerüche. Verdünnter Essigreiniger hilft gegen Schimmel, die Säure kann aber das Material angreifen. Wichtig ist, zum Schluss alles mit einem sauberen Tuch trockenwischen. Da sich Schimmelsporen über die Luft verbreiten, sollte auch zwischendurch angeschimmeltes Obst und Gemüse immer sofort herausgenommen und verschüttete Flüssigkeiten gründlich weggewischt werden. Wiederverwendbare Frischhaltedosen oder auch einfach eine mit einem passenden Teller abgedeckte Schüssel tragen viel zur Hygiene im Kühlschrank bei.
Geschnittene Gemüsesalate und geschnittenes Obst sollten bis zum Verzehr im Kühlschrank aufbewahrt werden. Fleisch, Geflügel und Fisch brauchen es besonders kühl und sollten deshalb im untersten Fach des Kühlschranks (oberhalb des Gemüsefachs) liegen oder alternativ in einem extra dafür vorgesehenen 0 °C-Fach.
Um den Kühlschrank bei der Arbeit nicht zu überlasten, sollte die Tür nicht öfter als nötig geöffnet und erst recht nicht länger offengehalten werden. Außerdem darf er nicht zu voll gepackt sein, damit die kühle Luft zwischen den Lebensmitteln ausreichend zirkulieren kann. Selbstverständlich sollten angebrochene Lebensmittel so zügig wie möglich verbraucht und entsprechend – vor allem im Sommer – nicht allzu viele Packungen auf einmal geöffnet werden.