Schlaf als Krankheit |
Eine Schlafattacke trifft Betroffene mit Narkolepsie in unterschiedlichsten Situationen und lässt sich oft nicht mehr abwenden. / © Adobe Stock/K Seisa/peopleimages.com
Bis zu 50 von 100.000 Menschen sind laut Paul-Ehrlich-Institut von der seltenen Schlaf-Wach-Störung Narkolepsie betroffen, das sind rund 0,5 Promille der Bevölkerung. Sie erhalten dabei oft erst sehr spät die richtige Diagnose: Nach Informationen des Narkolepsie-Netzwerks vergehen vom Auftreten der ersten Beschwerden bis zur Feststellung der Krankheit im Durchschnitt mehr als zehn Jahre. Bleibt die Krankheit gänzlich unerkannt, was durchaus vorkomme, würden Betroffene oft als chaotisch, faul oder unzuverlässig diskriminiert und entwickelten deshalb zum Teil ernsthafte psychische Probleme. Dabei bedarf es im Grunde nur einer gründlichen Anamnese, um eine Narkolepsie zu erkennen, berichtet Professor Dr. Gereon Nelles, Facharzt für Neurologie am Neuromed-Campus Köln, im Gespräch mit PTA-Forum.
Das wichtigste Symptom, das Betroffene schildern, ist die Tagesschläfrigkeit in Verbindung mit ungewolltem Einschlafen in verschiedenen, auch ungewöhnlichen Situationen, obwohl sie nachts ausreichend geschlafen haben. »Sie merken zwar die nahende Schlafattacke, können sie jedoch ab einem gewissen Zeitpunkt nicht abwenden und schlafen plötzlich ein«, schildert Nelles. Umgekehrt können Menschen mit Narkolepsie aber auch nachts wiederholt abrupt und ohne ersichtlichen Grund aufwachen und sind dann sofort hellwach. Diese Wachphasen sind meist kurz, manchmal dauern sie auch länger. Ein weiteres Symptom ist ein plötzliches Erschlaffen der Muskeln (Kataplexie), etwa in den Beinen oder der Kopfhaltemuskulatur, wodurch es zu Stürzen kommen kann. Das passiert vor allem dann, wenn Betroffene aufgeregt sind – sei es durch Freude oder Ärger. Auch beim Aufwachen können solche vorübergehenden Muskellähmungen auftreten.
Viele Patienten berichten zudem von Halluzinationen während des Einschlafens oder Aufwachens. Zu den beunruhigenden Bildern und Geräuschen kann die Vorstellung kommen, jemand sei im Raum. Eine Situation, die Ängste auslösen kann, da die Betroffenen halb wach, aber bewegungsunfähig sind. Deutet die Anamnese auf eine Narkolepsie hin, können verschiedene Untersuchungen die Diagnose bestätigen, berichtet Nelles. Zunächst wird in der Regel ein Blutbild erstellt, da sich starke Erschöpfung und Müdigkeit in manchen Fällen durch einen Mangel an Eisen oder Vitamin B12 oder eine gestörte Schilddrüsenfunktion erklären lässt. Auch ein Herz-EKG oder neurologische Tests können Klarheit bringen. Bei Verdacht auf Veränderungen im Gehirn kommen zudem bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie infrage.
Im Anschluss wird meist eine Polysomnografie durchgeführt. Dabei verbringt der Patient eine Nacht im Schlaflabor, wo Hirnströme, Herz- und Atemaktivität gemessen und über Kameras Schlaf- und Wachperioden sowie eventuelle Arm- und Beinbewegungen aufgezeichnet werden. So lassen sich mögliche weitere Ursachen für Tagesschläfrigkeit wie ein Schlafapnoe-Syndrom oder ein Restless-Legs-Syndrom nachweisen oder ausschließen. Eine weitere Diagnoseoption ist der multiple Schlaflatenztest (MSLT). Dabei legen sich Patienten über einen Tag verteilt vier- bis fünfmal für 20 Minuten ins Bett. Elektroden am Kopf messen dabei die Hirnströme (Elektroenzephalografie, EEG), um zu prüfen, wie schnell die Betroffenen einschlafen und in welche Schlafphase sie eintreten.