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Schluckstörungen im Alter

Schluckstörungen können viele Ursachen haben, bleiben aber oft unerkannt. Dies kann besonders bei älteren Menschen fatal sein, stehen Schluckstörungen doch häufig am Anfang einer gesundheitlichen Abwärtsspirale.
Judith Schmitz
26.11.2024  12:00 Uhr

Ist der Schluckvorgang, also der geregelte Transport von Essen und Trinken vom Mund in den Magen, eingeschränkt, liegt eine sogenannte Dysphagie vor. Eine oder mehrere Phasen des Schluckvorgangs können betroffen sein. Eine Schluckstörung aufgrund des Alters wird Presbyphagie genannt. Hiervon betroffen sind etwa 14 Prozent der älteren Menschen, die ein unabhängiges Leben führen, sowie mehr als die Hälfte der Pflegeheimbewohner.

Typisch für eine Schluckstörung sind Residuen, also Reste von Nahrungsbestandteilen, vor dem Kehlkopf und hinter dem Kehldeckel, jedenfalls vor dem oberen Speiseröhrenschließmuskel. Von diesen Residuen gelangt einiges über die Stimmritze in die Luftröhre – das wird Aspiration genannt. Zudem kann es zu einem Rückfluss von Speisebrei aus dem Magen über die Speiseröhre an den Kehlkopf kommen. Dadurch kommt es schließlich noch leichter zur Aspiration.

Der Betroffene hustet, räuspert sich oder würgt womöglich nach dem Essen oder Trinken. Auch kann sich seine Atmung nach dem Schlucken bis hin zu Luftnot ändern. Möglich ist zudem, dass der Betroffene bestimmte Nahrung ablehnt, da er sie schlecht schlucken kann. Auch beim Schlucken von Tabletten können Probleme auftreten.

Der Schluckvorgang ist sehr komplex, rund 50 Muskelfunktionsgruppen sind daran beteiligt. Entsprechend gibt es eine Vielzahl an Ursachen für Schluckstörungen, darunter anatomisch-mechanische, Operationen im Kopf-Hals-Bereich bei Tumoren, neuromuskuläre Veränderungen oder Anomalien der Schilddrüse. Auch die mit dem Älterwerden verbundenen gefäßbedingten und neurodegenerativen Veränderungen oder Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Morbus Alzheimer können eine Schluckstörung auslösen oder verstärken.

Ursache Medikamente

Medikamente können Schluckstörungen in allen Altersgruppen verursachen. Das Problem: »Bis heute werden medikamentenassoziierte Auswirkungen auf die Schluckfunktion von Ärzten und/oder Patienten häufig nicht ausreichend wahrgenommen, stillschweigend akzeptiert oder die Kausalität wird nicht erkannt«, sagt Dr. Cornelia Schwemmle von der HNO-Universitätsklinik Gießen gegenüber PTA-Forum. Sie hat zusammen mit Kollegen 2015 eine Übersichtsarbeit zu medikamenteninduzierten Dysphagien in der Fachzeitschrift »HNO« veröffentlicht. Demnach gibt es Medikamente, welche die Schluckfunktion direkt beeinflussen: Sie wirken auf am Schluckvorgang beteiligte Strukturen, etwa die Muskulatur der Speiseröhre. Eine indirekte Wirkung liegt vor, wenn sie übergeordnet die Voraussetzungen für den Schluckvorgang beeinflussen oder eine Mundtrockenheit auslösen.

Dass es dazu kommt, können Risikofaktoren begünstigen wie ein schlechter Allgemeinzustand, erhöhtes Alter, Polymedikation, anatomische Besonderheiten des Magen-Darm-Trakts oder neurodegenerative Veränderungen. Ebenso können laut den Autoren »Überdosierungen bei nicht beachteter reduzierter Leber- und Nierenleistung mit Kumulationseffekten« medikamentenassoziierte Schluckstörungen auslösen oder verstärken. Zudem »können Arzneistoffe untereinander kumulative Effekte bewirken«.

Risiko Aspiration

»Schluckstörungen stehen oft am Anfang einer gesundheitlichen Abwärtsspirale älterer Menschen«, sagt der Geriater Dr. Jörg Schwab vom DGD Diakonie-Krankenhaus Wehrda gegenüber PTA-Forum. Denn bei Schluckstörungen besteht die Gefahr, dass Nahrung in die Luftröhre und darüber in die Lunge kommt. Eine normale Abhilfe wäre Raushusten. Besonders bei Älteren besteht aufgrund einer verminderten Wahrnehmungsfähigkeit jedoch die Gefahr der sogenannten stillen Aspiration: Der Betroffene merkt nicht, dass sich Essensreste auf dem Weg zur Lunge befinden. Schutzreflexe wie Husten oder Räuspern bleiben aus. Eine relativ häufige Folge dieser stillen Aspiration ist laut Schwab eine Bronchitis, seltener eine Lungenentzündung. Auch droht eine akute Erstickungsgefahr, wenn größere Nahrungsstücke verschluckt werden.

Die Negativspirale setzt sich fort: Die durch Verschlucken bedingte Bronchitis lässt das Level an Entzündungsproteinen steigen. Diese wiederum unterhalten oder steigern die Gebrechlichkeit. Der Betroffene fühlt sich allgemein nicht gut und wird zunehmend anfälliger gegenüber Krankheitskeimen, Überlastung oder Unruhe. Es folgt ein höheres Risiko für Stürze und Orientierungslosigkeit.

Selbst wenn der Hustenreflex beim Verschlucken aufgrund der Schluckstörung funktioniert: Viele Betroffene wollen nach dem Essen und Trinken nicht immer husten müssen und nehmen daher weniger zu sich. Doch wer zu wenig trinkt, trocknet aus: Es drohen Schwindel, Stürze und Obstipation. Wird das Essen verweigert, sinkt das Körpergewicht und die Kaumuskulatur wird schwächer. Auch das macht gebrechlicher. Schwab resümiert: »Bei häufigen Infekten, Fieber, ungewollter Gewichtsabnahme und verschlechtertem Allgemeinzustand sollte man auch eine Schluckstörung als Ursache erwägen.«

Welche Hilfen gibt es?

Besteht der Verdacht auf eine Schluckstörung, sollte dieser ärztlich abgeklärt, die Ursache gefunden und behandelt werden. Je nach Ursache kommen eine Schlucktherapie mit Schluckübungen und stützenden Techniken zum Einsatz, Medikamente oder chirurgische Verfahren. Liegt es an der Medikation, könne in vielen Fällen auf Alternativpräparate umgestellt werden, so Schwab.

Allgemein gilt: Ältere Menschen sollten nie im Liegen essen und trinken, sondern immer sitzend im 90-Grad-Winkel, damit sie sich nicht verschlucken. Schwab empfiehlt die »Chin tuck«-Methode, das Schlucken mit Kopfneigung nach vorne: Die Nahrung wird aufgenommen, der Kopf weit nach vorn geneigt, sodass das Kinn fast die Brust berührt. Die Schwerkraft verhindert ein vorzeitiges Abgleiten von Nahrung oder Flüssigkeit aus der Mundhöhle. Beim Schlucken wird der Kehlkopf nach oben und nach vorn bewegt.

Das supraglottische Schlucken eignet sich laut Schwab bei schneller Atmung (Dyspnoe bei Asthma, COPD, Emphysem). Denn wird während des Essens oder Trinkens eingeatmet, kann Nahrung oder Flüssigkeit in die Luftröhre gelangen. Daher: Tief durch die Nase einatmen. Atem anhalten. Essen oder Trinken in den Mund nehmen. Schlucken. Ausatmen.

Ein weiterer Tipp: Flüssiges andicken, denn Wasser fließt leicht auch ohne Schlucken den Rachen herunter und gelangt so möglicherweise falsch in die Luftröhre. Zudem sollte man weiche Kost anbieten wie Brei und Weißbrot ohne Rinde, damit keine Krümel aspiriert werden können. Empfehlungen rund ums Essen und Trinken bei Schluckstörungen bietet auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE).

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