Schmerzen beim Stillen |
Stillen ist nicht immer die helle Freude. Eine Brustentzündung kann das Erlebnis vorübergehend vergällen. / Foto: Adobe Stock/Alik Mulikov
Es kommt wie aus dem Nichts: Plötzlich fängt eine Brust an zu spannen, schwillt an und schmerzt. Beim Abtasten fallen knotige, verhärtete Stellen auf. Einige Frauen entwickeln eine erhöhte Temperatur, die aber nicht über 38,4 Grad Celsius steigt. Die Freude am Stillen ist dann erst einmal vorbei. Die beschriebenen Symptomen deuten auf einen Milchstau hin. Dieses Problem kann in der gesamten Stillzeit entstehen, die meisten Frauen sind jedoch in den ersten Wochen betroffen. Es kommen verschiedene Ursachen infrage.
Möglicherweise ist die Stilltechnik nicht optimal oder das Baby saugt nicht stark genug. Die Stillperioden können auch zu selten oder zu kurz sein. Verbliebene Milch kann in den Milchgängen eindicken und es können sich Klumpen bilden, die die Milchgänge verstopfen. Zu enge, einschnürende Kleidung lässt die Milch schlechter fließen. Stress, der durch Schlafmangel, Konflikte oder ein zu volles Tagesprogramm ausgelöst wird, hemmt die Freisetzung des Hormons Oxytocin. Dieses wird normalerweise durch den Saugreiz des Kindes ausgeschüttet. Es sorgt dafür, dass die glatte Muskulatur um die Milchgänge kontrahiert und die Milch abgesondert werden kann (Milchspendereflex, Let-down-Reflex). Eine übermäßige Milchproduktion kann ebenfalls zu einem Stau in den Milchgängen führen.
Durch den erhöhten Druck beim Milchstau nimmt die Permeabilität der Kapillaren zu und es gelangen mehr Mineralstoffe (Natrium, Chlorid) aus dem Serum in die Milch. Diese kann dadurch salziger schmecken und wird von einigen Säuglingen abgelehnt. Der Übergang zur Mastitis ist fließend. Diese ist oft bakteriell bedingt und entsteht, wenn durch kleine Verletzungen (Rhagaden) in der Brustwarze und im Warzenhof Bakterien eindringen. Meistens handelt es sich dabei um den Keim Staphylococcus aureus, der aus dem Mund- und Rachenraum des Säuglings auf die Haut der Mutter gelangt. Bei einer solchen Mastitis puerperalis treten außer den lokalen Beschwerden Allgemeinsymptome wie Fieber, Schüttelfrost und Schwächegefühl auf. Die erkrankte Brust zeigt deutliche Entzündungszeichen, ist gerötet und überwärmt. Aus der Brustwarze kann ein gelblicher, eitriger Ausfluss austreten, der gelegentlich Blutschlieren enthält. Die Lymphknoten in der Achselhöhle vergrößern sich. Die gute Nachricht ist, dass weder Milchstau noch Mastitis dem Baby schaden. Es kann und soll also weitergestillt werden.
Bei einem Milchstau müssen die Milchgänge wieder vollständig entleert werden. Welche Maßnahmen dabei hilfreich, können Hebammen und Stillberaterinnen erklären. Sie können die richtige Stillposition zeigen und kennen Tipps, wie die Mutter das Baby am besten anlegt. Um Verstopfungen in den Milchgängen zu lösen, kann die Frau ihre Brust massieren. Dazu streicht sie vorsichtig von der schmerzenden Stelle zur Brustwarze, um den Milchfluss anzuregen. Die Milch fließt besser, wenn die Brust warm ist. Wärmende Umschläge tun gut, auch warm zu duschen oder die Brust mit einer Wärmelampe zu bestrahlen unterstützt den Milchfluss. Es ist empfehlenswert, das Baby mindestens alle zwei bis drei Stunden trinken zu lassen. Am besten fängt die Frau mit der betroffenen Brust an, damit diese möglichst vollständig entleert wird. Dadurch geht der Druck in der Brust zurück.
Gelingt das Stillen an der entzündeten Brust nicht, kann die Milch alternativ abgepumpt werden. Zu langes Abpumpen kann allerdings die Milchproduktion verstärkt anregen. Nach dem Entleeren tut Kälte gut. Sie reduziert Schmerzen und Schwellungen und sorgt dafür, dass sich Blutgefäße zusammenziehen. Das drosselt die Milchproduktion. Zum Kühlen eignen sich Kompressen aus der Apotheke, kühlende Auflagen oder Wickel, die 20 bis 30 Minuten lang angewendet werden. Die Frau kann dafür als Hausmittel Quark oder Kohlblätter verwenden. Hebammen empfehlen häufig die gebrauchsfertige Wickellösung Retterspitz Äußerlich, die mehrmals täglich angewendet kann. Bevor das Baby wieder angelegt wird, muss die Brust gründlich von der Lösung gereinigt werden.
Sind Fettpfropfen in der Milch eine Ursache für den Milchstau, können Frauen mit ihrem Arzt über die Einnahme von Lecithin sprechen. Der Emulgator kann Fett in Lösung bringen. Gegen die Schmerzen und das Fieber helfen Paracetamol oder Ibuprofen. Sie gehen nur in geringen Mengen in die Muttermilch über. Acetylsalicylsäure ist hingen kontraindiziert für Stillende.
Hat sich aus dem Milchstau eine Mastitis entwickelt, ist schnelles Handeln gefragt. Im Anfangsstadium stehen Kälteanwendungen im Vordergrund. Ein straff sitzender BH oder das Hochbinden der betroffenen Brust entlasten. Ausreichend trinken und Ruhe unterstützen den Körper im Kampf gegen die Entzündung. Wenn sich die Beschwerden jedoch innerhalb von 24 Stunden nicht bessern, ist ärztliche Hilfe erforderlich.
Bei einer bakteriell bedingten Mastitis verschreibt der Arzt Antibiotika. Er wählt dabei solche aus, die wie Cephalosporine oder Penicilline mit dem Stillen vereinbar sind. Das Apothekenteam kann darüber informieren, was bei den einzelnen Arzneimitteln in der Stillzeit zu beachten ist. Eine gute Informationsquelle ist neben der Fachinformation die Datenbank Embryotox, die es auch als App für das Smartphone gibt (www.embryotox.de).
Wollen Frauen dennoch eine Stillpause einlegen, besprechen sie das Vorgehen am besten mit ihrem Frauenarzt, ihrer Hebamme oder einer Stilberaterin. Es ist wichtig, dass das Antibiotikum ausreichend lange eingenommen wird, um einen Rückfall zu vermeiden. Fühlt sich die Patientin trotz der Einnahme innerhalb von 48 Stunden nicht besser, kann der Wechsel auf ein anderes Mittel erforderlich sein.
Wird eine Mastitis nicht frühzeitig und konsequent behandelt, können sich Komplikationen wie eitrige Geschwüre, Fisteln und sogar eine Blutvergiftung entwickeln. Abszesse lassen sich als Knoten ertasten, die unter Druck nachgeben. Sie sind schmerzhaft und müssen wie Fisteln innerhalb der Brustdrüse in der Regel chirurgisch behandelt werden.
Bei einigen stillenden Frauen kehrt die Mastitis immer wieder zurück. Möglicherweise legen sie das Baby nicht optimal an. Eine Hebamme oder Stillberaterin kann in solchen Fällen helfen. Wichtig ist stets, sich Zeit zum Stillen zu nehmen und das Baby ausreichend lange trinken zu lassen. Nach dem Stillen kann die Mutter nach Verhärtungen in der Brust tasten, die auf Milchreste hindeuten. Diese lassen sich unter der Dusche oder über einem Waschbecken ausstreichen, damit die Brust vollständig entleert ist. Das Ausstreichen dauert zwar länger als ein Abpumpen, ist aber sanfter. Milchreste dürfen auf der Brustwarze nach dem Stillen verbleiben und können antrocknen. Sie wirken wundheilungsfördernd.
Zeitmangel, Stress oder Schlafmangel sind Feinde des Stillens. Die PTA kann Frauen in dieser anstrengenden Zeit ermutigen, sich für den Haushalt und für Alltagsaufgaben wie Einkaufen Hilfe zu holen. Nicht vernachlässigen sollte die Mutter jedoch eine gute Stillhygiene. Dazu gehört, die Brust nur mit gewaschenen Händen anzufassen, um keine Keime zu übertragen. Einmal täglich kann die Brust mit warmem Wasser gewaschen werden, wobei die Brustwarze und der Brustwarzenhof auszusparen sind. Stilleinlagen aus Baumwolle, Wolle oder Seide sind luftdurchlässig und stellen ein trockenes Milieu im Bereich der Brustwarzen sicher. Die Frau sollte sie regelmäßig wechseln. Um die Brustwarzen zu pflegen und zu verhindern, dass sich Risse und damit Eintrittspforten für Bakterien bilden, eignet sich hochgereinigtes Wollwachs (Lanolin). Es wird nach dem Stillen dünn auf die Haut aufgetragen und bildet einen feuchtigkeitsspendenden Schutzfilm. Lanolin ist gut verträglich und muss vor dem Stillen nicht abgewaschen werden. Pflegeprodukte mit ätherischen Ölen, Paraffin oder Vaseline sind hingegen ebenso wenig zur Brustwarzenpflege bei Stillenden geeignet wie das Hausmittel Honig.