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Opioide

Schmerzmittel in der Krise

Opioide sind zur Therapie starker Schmerzen unverzichtbar. Sie haben jedoch ein großes Abhängigkeitspotenzial. In den USA hat der unverantwortliche Einsatz in den vergangenen Jahrzehnten zu einer der größten gesundheitlichen Krisen geführt – sie dauert bis heute an.
Verena Schmidt
24.10.2023  16:00 Uhr

Die Anfänge der Opioid-Krise in den USA liegen in den 1990er-Jahren. Damals begannen Hersteller, Großhändler und Apotheken, die hochwirksamen Schmerzmittel aggressiv zu bewerben, insbesondere das Oxycodon-haltige Schmerzmittel Oxycontin der Firma Purdue Pharma. Ärzte verschrieben die Oxycodon-Präparate fortan recht großzügig – und viele Patienten wurden abhängig.

War die Behandlung vorüber, bekamen die Patienten Oxycodon nicht mehr auf Rezept verordnet. Viele besorgten sich das Mittel dann auf dem Schwarzmarkt und stiegen mit der Zeit schließlich auf billigere Alternativen um, etwa Heroin und Fentanyl. Letzteres ist besonders leicht und kostengünstig herzustellen und wirkt 50-mal stärker als Heroin. Dazu kommt das Problem, dass auch viele vermeintlich harmlosere Substanzen, die Menschen missbräuchlich einnehmen, etwa Kokain oder Dexamfetamin, mit Fentanyl verunreinigt sind. So kann es dann mitunter schnell »versehentlich« zu einer Opioid-Überdosis kommen.

In den vergangenen 20 Jahren sind in den USA rund 500.000 Menschen an einer Opioid-Überdosis gestorben. Die Folgen der Krise sind noch heute verheerend: Aktuell stirbt in den USA ungefähr alle fünf Minuten ein Mensch an einer Überdosis. Die Coronapandemie hat die Krise noch einmal verschärft: Zwischen April 2020 und April 2021 waren erstmals mehr als 100.000 Drogen-Todesopfer in einem Jahr verzeichnet worden, so die Gesundheitsbehörde CDC. Dabei gehen drei von vier Toten auf das Konto von Opioiden.

Die Opioid-Krise hat auch zu einer landesweiten Klagewelle gegen Unternehmen der Pharmabranche geführt. Pharmakonzerne, die Apothekenketten Walmart, CVS und Walgreens sowie ganz aktuell die Beratungsfirma Mc Kinsey mussten schon hohe Summen an Vergleichen beziehungsweise Strafen zahlen.

Inzwischen werden Opioide in den USA natürlich wieder restriktiver verschrieben, aber die Uhr lässt sich nicht zurückdrehen. US-Präsident Joe Biden will die Strafen für Drogendealer und die Kontrollen an der Grenze zu Mexiko – wo ein Großteil des Schwarzmarkt-Fentanyls für die USA produziert wird – verschärfen. Seit einigen Monaten gibt es in den USA zudem Naloxon-Nasensprays ohne Rezept zu kaufen. Naloxon kann als Antidot die Wirkung bei einer Opiat-Überdosierung innerhalb von Minuten aufheben. Mancherorts werden die Nasensprays von Organisationen, die Drogenmissbrauch bekämpfen, kostenlos zur Verfügung gestellt, teilweise kann man sie auch an Automaten ziehen.

Die Lage in Deutschland

Deutschland ist von einer Opioid-Krise weit entfernt, aber auch hierzulande sind die definierten Tagesdosen (DDD) an Opioiden laut Bundesärztekammer zwischen 2006 und 2015 um durchschnittlich 30 Prozent angestiegen. Dies betrifft vor allem die höher potenten Opioide wie Oxycodon (+7,5 Prozent), Hydromorphon (+9,5 Prozent) und Tapentadol (+17,5 Prozent).

Die Bundesärztekammer weist auf ihrer Website darauf hin, dass vor Einleitung einer Therapie mit Opioiden nicht medikamentöse Therapieoptionen optimiert und medikamentöse Alternativen erwogen werden sollten. Nach dem bekannten Stufenschema der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Schmerzbehandlung werden Patienten zunächst mit Schmerzmitteln aus der Gruppe der nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR, zum Beispiel Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen) oder Paracetamol behandelt. Falls das nicht ausreicht, kommen Opioide höherer analgetischer Potenz, etwa Tramadol oder Tilidin, zum Einsatz. Erst wenn auch sie nicht angemessen wirken, sollten starke Opioide wie Fentanyl oder Morphin ins Spiel kommen.

Eine langfristige Anwendung, das heißt länger als 26 Wochen, sollte laut Bundesärztekammer bei allen Indikationen sehr genau abgewogen werden. Evidenzbasiert sollten Opioide nicht eingesetzt werden bei anhaltenden Schmerzen nach Rückenmarksverletzung und bei Morbus Parkinson. Darüber hinaus soll keine Kombinationstherapie von Opioiden mit Tranquilizern erfolgen.

Es bestehe ein fließender Übergang zwischen bestimmungsgemäßem Gebrauch und Fehlgebrauch von aus medizinischen Gründen verordneten Arzneimitteln, so die Ärztekammer. Mögliche Hinweise auf einen Fehlgebrauch beziehungsweise eine Abhängigkeit von Opioiden könnten unter anderem folgende sein:

  • wechselnde Schmerzlokalisationen, Ausbreitung der Schmerzen
  • Opioid-induzierte Hyperalgesie (Tendenz zur Schmerzausbreitung, Erhöhung der Schmerzempfindlichkeit und Opioid-Resistenz)
  • starker Ruheschmerz sowie Diskrepanz zwischen Schmerzangabe und Verhalten
  • Fordern eines bestimmten Opioids, speziell von kurzwirksamen und/oder schnell anflutenden Opioiden
  • Opioid-Einnahme überwiegend zur Linderung von Nicht-Schmerz-Symptomen (Unruhe, Angst, Depression, Schlafstörung)
  • anhaltender Widerstand gegen Änderungen der Opioid-Therapie trotz Wirkungslosigkeit
  • psychotrope (zumeist dosisabhängige) Nebenwirkungen (Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen)
  • Injektion oraler/transdermaler Verabreichungsformen
  • intravenöse und orale Anwendung transdermaler Systeme
  • Rezeptfälschungen
  • nicht plausibles Horten von Opioiden
  • »Verlust« von (BtM-)Rezepten.
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