Schutz für schwangere PTA |
PTA arbeiten in verschiedenen Bereichen in der Apotheke. Daher müssen Arbeitgeber für jeden dieser Einsatzorte eine Gefährdungsbeurteilung erstellen und diesen anpassen, falls seine Mitarbeiterin schwanger ist. / Foto: GettyImages/ferrantraite
Rund um die Geburt brauchen Mutter und Kind besonderen Schutz. Dieser wird durch das Mutterschutzgesetz gewährleistet. Es hat zum Ziel, die Gesundheit der schwangeren und stillenden Frau und die ihres Kindes zu schützen, während sie ihrer Erwerbstätigkeit weiter nachgehen kann, soweit dies verantwortbar ist. Es schützt die Schwangere außerdem vor einer unberechtigten Kündigung und sichert das Einkommen in der Zeit, in der eine Beschäftigung verboten ist, zum Beispiel während des Mutterschutzes. Kurzum: Es soll Benachteiligungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung entgegenwirken.
»Diesen besonderen Schutz darf die PTA selbstbewusst einfordern«, sagt Christiane Eymers, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Apothekengewerkschaft Adexa im Gespräch mit PTA-Forum. In ihrer Rechtsberatung stelle sie immer wieder fest, dass schwangere PTA ein schlechtes Gewissen aufgrund ihres Zustandes haben. »Ich finde das schade, denn wir haben ja eine gesellschaftliche Aufgabe und die entsprechenden Gesetze, um Schwangere vor Arbeitsgefahren zu schützen. Die dürfen dann auch in Anspruch genommen werden, das sollte eine Selbstverständlichkeit sein.« Wenn der Arbeitgeber einen genervten Eindruck mache, weil er nun den Arbeitsplatz seiner Mitarbeiterin umorganisieren muss, sei das Nützlichste immer, ins Gespräch zu gehen und an die eigene Perspektive zu erinnern, ergänzt die Rechtsanwältin.
Wann muss die Mitarbeiterin ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft überhaupt mitteilen? Das sei eine Frage, die regelmäßig in der Beratung auftaucht, sagt Eymers. Dazu gibt das Mutterschutzgesetz keine Frist vor. Im § 15 heißt es, eine schwangere Frau soll (nicht »muss«) ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald sie von der Schwangerschaft weiß. Das heißt, die Schwangere kann den Zeitpunkt der Meldung an den Arbeitgeber selbst bestimmen.
Eymers rät schwangeren PTA, ihren Arbeitgeber so früh wie möglich zu informieren, auch wenn sie eigentlich gerne noch etwas warten würden. »Das ist ein Zwiespalt, den ich auch schwierig finde, aber nur dann kann der entsprechende Schutz gewährleistet werden.« Denn nur der Apothekenleiter kann die Arbeitsbedingungen für seine Mitarbeiterin so anpassen, dass sie keinen Gefährdungen beispielsweise durch giftige Substanzen in der Rezeptur ausgesetzt ist. Die Schwangere kann ihren Arbeitgeber schriftlich oder mündlich informieren. Er muss die zuständige Aufsichtsbehörde informieren, die die Umsetzung der Arbeitsschutzmaßnahmen überwacht.
Mit Beginn der Schwangerschaft und bis vier Monate nach der Geburt genießt die Schwangere einen besonderen Kündigungsschutz, auch wenn sie noch in der Probezeit ist. Auch bei einer Fehlgeburt nach der zwölften Woche gilt, dass erst vier Monate danach gekündigt werden darf. Sollte der Arbeitgeber noch nichts von der Schwangerschaft wissen und kündigt seiner Mitarbeiterin, kann diese ihn innerhalb von zwei Wochen darüber informieren. Die Kündigung wird dann unwirksam. »Das gilt auch, wenn die Mitarbeiterin die rechtzeitige Meldung versäumt aus Gründen, die sie nicht zu verantworten hat, zum Beispiel wenn sie erkrankt ist oder ihr mit der Post versendetes Schreiben nicht angekommen ist«, ergänzt Eymers. Sie muss dies allerdings unverzüglich nachholen. Der besondere Kündigungsschutz ist ebenso wirksam für den Zeitraum einer angemeldeten Elternzeit, die sich unmittelbar an die Geburt des Kindes anschließt.
Was ist bezüglich der Arbeitszeiten zu berücksichtigen? »Schwangere dürfen nicht mehr als achteinhalb Stunden täglich und nicht mehr als 90 Stunden in zwei Wochen arbeiten«, so Eymers. Für Schwangere, die jünger als 18 Jahre alt sind, gelten acht Stunden pro Tag oder 80 Stunden pro Doppelwoche als Höchstgrenze. Zudem darf die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Monatsdurchschnitt nicht überschritten werden. An Sonn- und Feiertagen sowie zwischen 20 und 22 Uhr darf die schwangere Mitarbeiterin nur arbeiten, wenn diese ausdrücklich damit einverstanden ist, von ärztlicher Seite nichts dagegenspricht und die zuständige Aufsichtsbehörde zustimmt.
Während der gesetzlichen Mutterschutzfrist gilt ein allgemeines Beschäftigungsverbot für alle schwangeren Mitarbeiterinnen. Sie beginnt sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und endet acht Wochen danach. Bei einer Frühgeburt, Mehrlingsgeburt oder wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung ärztlich festgestellt wird, endet sie zwölf Wochen danach. In dieser Zeit erhält die Mitarbeiterin Mutterschaftsgeld, welches sie bei ihrer Krankenversicherung beantragt. Die Krankenversicherung zahlt höchstens 13 Euro pro Kalendertag, der Arbeitgeber übernimmt die Differenz zum täglichen Netto-Entgelt. Sie bekommt den durchschnittlichen Nettolohn der letzten drei Monate vor Eintritt in den Mutterschutz.
Darf die Schwangere aufgrund eines betrieblichen oder eines individuellen ärztlichen Beschäftigungsverbotes außerhalb der gesetzlichen Schutzfrist nicht arbeiten, erhält sie in dieser Zeit den Mutterschutzlohn. Er bemisst sich am durchschnittlichen Bruttoverdienst der letzten drei Monate vor Beginn des ersten Schwangerschaftsmonats, erklärt die Expertin. »Wenn eine Kollegin regelmäßig Sonntagsdienste in der Apotheke übernommen hat, werden diese Zuschläge bei der Berechnung des Mutterschutzlohnes beziehungsweise des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld berücksichtigt. Sie hat also keinen Nachteil.«
Resturlaubstage aus der Zeit vor den Beschäftigungsverboten sind übertragbar auf das laufende oder nächste Urlaubsjahr. Dieser Resturlaub kann auch noch nach der Elternzeit genommen werden, wobei ein in Vollzeit erworbener Urlaub bei einer anschließenden Teilzeittätigkeit umgerechnet werden muss. Das bedeutet beispielsweise, dass aus einer Woche in Vollzeit bei einer 6-Tage-Woche erworbener Urlaub zwei Wochen bei einer 3-Tage-Woche werden.
PTA arbeiten in der Apotheke in unterschiedlichen Umgebungen, sei es im Handverkauf, in der Rezeptur, im Labor oder im Backoffice. Jeder dieser Arbeitsplätze birgt eigene Gefahren für die schwangere PTA, zum Beispiel bedenkliche Substanzen in der Rezeptur oder zu viele Kartons und Kisten im Backoffice. Der Arbeitgeber hat deshalb für jeden Arbeitsplatz die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der physischen und psychischen Gesundheit der Mitarbeiterin zu treffen, diese auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Das sei oft gar nicht so leicht, sagt Eymers. Sie hat den Eindruck, dass vor allem die psychischen Belastungen zugenommen hätten, gleichzeitig werde diesem Punkt im gelebten Offizinalltag wenig Beachtung geschenkt. Zudem sei er schwierig umzusetzen.
Nichtsdestotrotz ist der Apothekenleiter verantwortlich für die Umsetzung des Mutterschutzes. Er erstellt und überprüft die Gefährdungsbeurteilungen für jeden Arbeitsplatz und passt Schutzmaßnahmen individuell an die neue Situation an. Dabei kann ihm auch ein Betriebsarzt behilflich sein. Das Mutterschutzgesetz gibt im § 13 eine klare Rangfolge für durchzuführende Schutzmaßnahmen vor: Zunächst muss der Apothekenleiter prüfen, ob er den Arbeitsplatz seiner Mitarbeiterin umgestalten kann. Er könnte ihr beispielsweise einen Kassenplatz mit einem Stehhocker zuweisen, damit sie ihre Beine auch im Handverkauf entlasten kann. In der zweiten Stufe muss er prüfen, ob die Mitarbeiterin an einem anderen Arbeitsplatz arbeiten kann, etwa administrative Aufgaben im Backoffice erledigen kann. Ist all dies nicht möglich, kann ein betriebliches Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. Eymers: »Auch während der Pandemie war es so, dass Arbeitgeber eine individuelle Gefährdungsbeurteilung erstellen mussten, wenn ihnen eine Schwangerschaft bekannt wurde. Sie konnten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, ein automatisches Beschäftigungsverbot gab es nicht.«
Das Mutterschutzgesetz macht konkrete Angaben zu Tätigkeiten, die während einer Schwangerschaft unzulässig sind, um eine unverantwortbare Gefährdung für die Frau und ihr Kind auszuschließen. So darf die Schwangere nicht regelmäßig mehr als 5 kg heben und nicht gelegentlich mehr als 10 kg. Sie darf nicht mit sehr giftigen, giftigen oder in sonstiger Weise chronisch schädigenden Gefahrstoffen, vor allem krebserzeugenden, erbgutverändernden und fruchtschädigenden Gefahrstoffen (CMR-Gefahrstoffen) in Kontakt kommen. Somit ist eine Beschäftigung in Rezeptur, Labor oder Zytostatikaherstellung für die schwangere PTA nicht möglich. Sie darf ebenso nicht mit Stoffen umgehen, die Krankheitserreger übertragen können, daher darf sie keine Blutzuckermessungen durchführen. Zudem darf sie nicht mit stechenden, schneidenden oder bohrenden Instrumenten arbeiten. Nach Ablauf des fünften Monats der Schwangerschaft darf die Mitarbeiterin nicht länger als vier Stunden überwiegend stehen – ein Punkt, der für PTA, die viel Zeit im Handverkauf verbringen, relevant sein dürfte. Die Apothekenleitung muss sicherstellen, dass schwangere Mitarbeiterinnen ihre Arbeit immer unterbrechen können, um sich bei Bedarf auszuruhen, sich hinzulegen oder hinzusetzen.
Schwangere Arbeitnehmerinnen dürfen nicht in einem unverantwortbaren Maß mit Biostoffen der Risikogruppe 2, 3 oder 4 im Sinne der Biostoffverordnung in Kontakt kommen. Das SARS-CoV-2-Virus wurde durch den Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe in die Risikogruppe 3 eingestuft. Dies muss der Apothekenleiter in der Gefährdungsbeurteilung individuell für seine Arbeitsstätte berücksichtigen, die aktuelle Infektionslage im Blick behalten und eine verantwortliche Entscheidung treffen. Bei Unsicherheiten aufseiten des Apothekenleiters sei es auf jeden Fall empfehlenswert, einen Betriebsarzt hinzuzuziehen, um die Situation zu beurteilen, sagt Eymers. /