Sind Rezepturen die Lieferengpass-Lösung? |
Juliane Brüggen |
05.09.2023 14:00 Uhr |
Die Herstellung der Augentropfen übernehmen Dr. Sandra Barisch und Dr. Julia Potschadel live auf der Expopharm-Bühne. / Foto: Avoxa Expopharm
»Rezeptur ist mein Herzensthema«, so Barisch, die den Rezepturtag aktiv mitgestaltet. »In vielen Sachen sind uns andere Berufe mindestens ebenbürtig, aber Rezeptur können nur wir. Das ist einfach unsere absolute Kernkompetenz.« Gerade in der aktuellen Situation, in der Kinderarzneimittel wiederholt von Lieferengpässen betroffen sind, böten Rezepturarzneimittel oftmals einen Ausweg. »Wenn es etwas nicht gibt, dann sollten wir nicht einfach sagen ›Das haben wir nicht‹, sondern schauen, dass wir die Patienten trotzdem versorgen. Und genau dazu soll der Rezepturtag beitragen – mit praktischen Handlungshilfen.«
Stellen Apotheken die ansonsten nicht verfügbaren Arzneimittel selbst her, erfolgt das häufig in größeren Mengen und im Voraus – also als Defektur. Passend dazu erklärt Dr. Rolf Daniels, Professor für Pharmazeutische Technologie an der Universität Tübingen, im ersten Vortrag des Rezepturtages, welche Freigabeprüfungen notwendig sind und wie der Prüfungsaufwand möglichst gering bleibt. Im Anschluss geht es um ganz praktische Aspekte: Dr. Julia Potschadel, leitende Klinikapothekerin am Rheinland Klinikum Dormagen, berichtet von ihren Erfahrungen mit Lieferkettenabbrüchen. Dabei wird deutlich werden, wie Rezepturarzneimittel einerseits zwar eine Lösung sein können, andererseits aber auch Herausforderungen mit sich bringen.
Kindgerechte Arzneimittel sind abseits von Lieferengpässen von jeher eine Herausforderung. Denn Fertigarzneimittel gibt es oft nicht in der richtigen Dosis oder sie haben keine Kinderzulassung. Informationen zu fast 600 Wirkstoffen und ihrem Einsatz in der Pädiatrie bietet die Datenbank Kinderformularium.de, die Professor Dr. Wolfgang Rascher, emeritierter Direktor der Kinder- und Jugendklinik Erlangen, vorstellt. Barisch zeigt sich begeistert von der Datenbank: »Dort finden Apotheken viele tolle und unabhängige Informationen.« So werden zum Beispiel die Regeldosierungen der Arzneistoffe für Kinder aufgeführt. »Das ist wirklich total hilfreich, bei Apothekenteams aber noch nicht so bekannt.« Teils finden sich auch vergleichbare Wirkstoffe, was wiederum helfen kann, mit Lieferengpässen umzugehen.
Am Nachmittag kommen alle Expertinnen und Experten zusammen und sprechen über Rezeptur und die Engpasssituation in der Pädiatrie. »Die Diskussionsrunde ist sehr vielschichtig«, so Barisch, die die Diskussionsrunde moderiert. »Es werden verschiedene Seiten beleuchtet.« Zu Wort kommen Expertinnen und Experten aus der Krankenhausapotheke, dem DAC/NRF-Team, dem universitären Umfeld und dem Kinderformularium. Die Zuschauenden können von diesem Erfahrungsschatz profitieren und erhalten Tipps, wie das Bewältigen von Lieferengpässen gelingen kann.
Den Abschluss bildet eine Live-Herstellung, die sich »Das Theater mit den Augentropfen« nennt. »Und es ist ja tatsächlich immer ein Theater, wenn ein Augentropfen-Rezept in die Apotheke kommt – weil man Augentropfen meist nicht so oft herstellt und die Anforderungen der Sterilität zu beachten sind«, meint Barisch, die zusammen mit Potschadel auf der Bühne stehen wird. Das Besondere: Die Augentropfen werden aus einem Fertigarzneimittel hergestellt. Dies sei in der Krankenhausapotheke üblich, könne aber angesichts der Engpasssituation auch öffentliche Apotheken betreffen. Langweilig wird es Barisch zufolge nicht: »Es wird interaktiv, die Zuschauer dürfen mitüberlegen und zwischendurch Fragen beantworten.«
Samstag, 30. September 2023, Messe Düsseldorf