Skurrile Rezepturen Schritt für Schritt erklärt |
Verena Schmidt |
18.09.2025 17:00 Uhr |
Rezepturexpertin Dr. Sandra Barisch stellte auf der Expopharm insgesamt fünf außergewöhnliche Rezepturen vor. / © PZ/Alois Müller
Als erstes Beispiel aus der »Hexenküche« hatte Dr. Sandra Barisch bei ihrem Vortrag in der Pharmaworld auf der Expopharm eine Verordnung über Analtamponaden gegen Feigwarzen im Gepäck. Sie ist Apothekerin, Lehrerin an einer PTA-Schule und beim Landesapothekerverband (LAV) Baden-Württemberg tätig. Als Rezepturcoach unterstützt sie dort Apotheken bei der Herstellung außergewöhnlicher Rezepturen.
Wie geht man also bei einer solchen skurrilen Rezeptur vor? »Zuerst sollte man immer im Rezepturenfinder des DAC/NRF schauen, ob man die gleiche oder eine ähnliche Rezeptur findet«, riet Barisch. In diesem Fall gibt es tatsächlich eine Empfehlung zur Zubereitung dieser Zäpfchen mit Imiquimod-Creme, Hartfett und einer Mullkompresse.
Die erste Frage, die sich PTA oder Apotheker hier stellt: Wie kann man eine Creme in Hartfett einarbeiten? »Wir machen im Endeffekt Emulsionszäpfchen, das in der Creme enthaltene Wasser muss im Hartfett gebunden werden, das ist gar nicht so einfach«, sagte Barisch. Sie empfahl, eine Hartfettvariante mit hoher Hydroxylzahl, also vielen freien OH-Gruppen, auszuwählen. »Je höher die Hydroxylzahl, desto mehr Wasser kann gebunden werden«, so die Expertin.
Und so funktioniert die Herstellung: Die Mulleinlage wird zum Dreieck gefaltet, die Spitze des Dreiecks wird gezwirbelt und in geschmolzenes Hartfett getaucht. Diese wird dann zum Abkühlen auf ein Stück Alufolie gelegt. Dann wird die Imiquimod-Creme nach Anleitung im NRF mit Hartfett gemischt, am besten in einer Zäpfchengießflasche. Dann 1 bis 2 mm unter den Rand in eine Metall- oder Kunststoffform ausgießen, dabei immer wieder gut schütteln. Anschließend, wenn der Ansatz noch flüssig ist, die Spitze der vorbereiteten Mullbinden reinstecken.
Ein weiteres Beispiel, das Barisch vorstellte, war die Verordnung einer zehnprozentigen Vitamin-E-Haftpaste gegen Aphthen für den Zahnarztbedarf, abgefüllt in einzelnen Spritzen. Im Rezepturenfinder ließe sich hier keine passende Vorschrift finden, so Barisch, dafür aber die Grundrezeptur für eine Haftpaste mit Hypromellose.
Um diese herzustellen, gibt man das hydrophobe Basisgel DAC mit dem Gelbildner Hypromellose zusammen. Barisch erläuterte: »Das hydrophobe Basisgel ist wasserfrei, das Quellmittel Hypromellose verbindet sich dann mit dem Speichel auf der Mundschleimhaut, quillt an der Oberfläche und haftet dann relativ lange auf der Mundschleimhaut. Ohne Gelbildner würde sich das Basisgel überhaupt nicht mit der Mundschleimhaut verbinden.«
Beide Komponenten werden laut der Rezepturexpertin einfach miteinander verrührt – es darf schwach gelb sein und rau aussehen, weil sich die Hypromellose nicht im Gel löst. Bei der Einarbeitung des Wirkstoffs könne man sich dann an der Vorschrift für Betamethason-Haftpaste, ebenfalls mit einem größeren lipophilen Wirkstoffmolekül, orientieren.
Wichtig ist: Bei Tocopherol muss ein Einwaagekorrekturfaktor beachtet werden. Das Tocopherol wird dann mit 1 bis 2 Prozent Paraffin, das auch im hydrophoben Basisgel enthalten ist, angerieben. Dann sollte man bis zu ein Fünftel der Gesamtansatzmenge mit Haftpastengel aufstocken, homogenisieren und dann bis zu 100 Prozent aufstocken und wieder homogenisieren. Abschließend wird die Haftpaste dann in Einwegspritzen abgefüllt.