SMART zur Asthmakontrolle |
Juliane Brüggen |
09.08.2023 14:00 Uhr |
Erhalten Patienten mehrere Inhalationsgeräte, müssen sie für jedes einzelne die Handhabung erlernen. / Foto: Adobe Stock/Tobilander
Lange Zeit sah das Stufenschema zur Behandlung von Asthma bronchiale vor, für den Bedarfsfall ausschließlich auf rasch wirksame, bronchienerweiternde Inhalatoren zu setzen. Diese enthalten β2-Adrenozeptor-Agonisten mit schnellem Wirkeintritt – entweder mit kurzer Wirkdauer (Abk.: SABA) oder mit langer Wirkdauer (Abk.: LABA). Die Bedarfstherapie folgte einem symptomorientierten Ansatz – ohne entzündungshemmende Cortison-Komponente.
Die inhalative Langzeittherapie bestand in der Regel aus einem Corticosteroid (ICS) oder, falls erforderlich, einer Kombination aus ICS und LABA – in schweren Fällen ergänzt durch ein langwirkendes Anticholinergikum (LAMA). Durch die Trennung von Bedarfs- und Langzeittherapeutika waren Patienten schon ab Therapiestufe 2 mit mehreren Inhalatoren konfrontiert.
Corticosteroide wirken unter anderem antientzündlich, immunsuppressiv und antiallergisch. Da sie die der Erkrankung zugrundeliegende Entzündung behandeln, sind ICS die Basis der Asthma-Langzeittherapie.
Bei der inhalativen Therapie kommen die Corticoide Budesonid, Beclometasondipropionat, Fluticasonfuroat oder -propionat, Mometasonfuroat und Ciclesonid zum Einsatz.
Mittlerweile gehen die Empfehlungen in eine andere Richtung. Bereits 2018 wurde in der Nationalen Versorgungsleitlinie Asthma (NVL) die Fixkombination aus einem niedrigdosierten ICS und Formoterol als mögliche Bedarfstherapie ab Stufe 3 eingeführt. Seit 2020 besteht Konsens, das Kombinationspräparat schon ab Stufe 1 einzusetzen. »Zum einen soll dies die Gefahr des Übergebrauchs an ß2-Adrenozeptor-Agonisten reduzieren, zum anderen soll frühzeitig der Einsatz von ICS sichergestellt werden, was dann gegen die erste Erwartung zu einem Einspareffekt von ICS führt«, heißt es dazu in »Arzneiverordnung in der Praxis« (AVP, 2/2023).
In den Stufen 1 und 2 ist die ICS/Formoterol-Kombination ausschließlich zur Behandlung akuter Symptome vorgesehen – also aus Patientensicht als reine Bedarfstherapie. Ab Stufe 3 kommt der regelmäßige Einsatz einer ICS/LABA-Kombination zum Tragen. Ein zur Langzeittherapie eingesetztes ICS/Formoterol-Präparat kann dann gleichzeitig als Bedarfsmedikation genutzt werden. Das entspricht einer »single maintenance and reliever therapy« (SMART). Der Patient hat also einen Inhalator, sowohl für die Bedarfs- als auch für die Erhaltungstherapie. Besteht die Dauertherapie aus einer anderen ICS/LABA-Kombination, sollen Patienten der NVL zufolge weiterhin ein separates SABA für den Akutfall erhalten.
Ab Stufe 4 kommt das SMART-Konzept an seine Grenzen, da Ärzte hier in den Off-Label-Bereich geraten. Für eine gleichzeitige Bedarfs- und Erhaltungstherapie ist nur Formoterol in Kombination mit niedrigdosiertem Budesonid oder Beclometason zugelassen. In den höheren Therapiestufen werden jedoch mittel- bis hochdosierte ICS empfohlen, sodass Patienten wieder auf mehrere Inhalatoren zurückgreifen müssen. Eine Übersicht, welche Präparate für das SMART-Konzept infrage kommen, findet sich in der AVP-Ausgabe 2/2023.
Gut zu wissen: Während die NVL die alleinige Gabe eines SABA als Bedarfstherapie in Stufe 1 noch als Option aufführt, setzt die Leitlinie Global Initiative for Asthma (GINA) ausschließlich auf die kombinierte Gabe von ICS und SABA/LABA.
β2-Adrenozeptor-Agonisten (auch β2-Sympathomimetika genannt) werden meist inhalativ verabreicht und bewirken unter anderem, dass die glatte Muskulatur der Bronchien erschlafft. Sie werden unterteilt in kurzwirkende Substanzen (SABA, engl. short-acting beta2-agonist) und langwirkende Substanzen (LABA, engl. long-acting beta2-agonist).
Zu den SABA zählen Fenoterol, Orciprenalin, Pirbuterol, Procaterol, Salbutamol und Terbutalin.
LABA wirken mindestens zwölf Stunden. Zu ihnen gehören Bambuterol, Clenbuterol, Formoterol und Salmeterol.
Eine Wirkdauer von bis zu 24 Stunden erreichen sogenannte Ultra-LABA wie Indacaterol, Olodaterol und Vilanterol.
Die medikamentöse Asthmatherapie ruht laut NVL auf dem Prinzip »so viel wie nötig, jedoch so wenig wie möglich«. Das Stufenschema bietet den Behandelnden die Möglichkeit, eine Therapie zu intensivieren oder zu reduzieren. Es gilt das Prinzip der partizipativen Entscheidungsfindung, das heißt, die individuellen Bedürfnisse und Vorstellungen des Patienten fließen in die Entscheidung ein. Ob eine Stufe beibehalten wird, die nächste erreicht ist oder auf die vorherige reduziert werden kann, hängt vom Grad der Asthmakontrolle ab (kontrolliert, teilweise kontrolliert, unkontrolliert). Bevor die Therapiestufe erhöht wird, prüft der Arzt gemäß der Leitlinie folgende Punkte:
Eine Reduktion der medikamentösen Therapie kann wiederum erwogen werden, wenn das Asthma für mindestens drei Monate kontrolliert ist.
Medikamentöses Stufenschema für Erwachsene | |||||
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Stufe 1 | Stufe 2 | Stufe 3 | Stufe 4 | Stufe 5 | |
Bedarfstherapie: Fixkombination aus ICS niedrigdosiert + Formoterol1 oder SABA |
Langzeittherapie mit ICS niedrigdosiert + Bedarfstherapie mit SABA oder ausschließlich Bedarfstherapie mit Fixkombination aus ICS niedrigdosiert + Formoterol1 |
Langzeittherapie: ICS niedrigdosiert + LABA (bevorzugt) oder ICS mitteldosiert |
Langzeittherapie: ICS mittel- bis hochdosiert + LABA (bevorzugt) oder ICS mittel- bis hochdosiert + LABA + LAMA2 |
Langzeittherapie: ICS in Höchstdosis + LABA + LAMA2 Vorstellung bei erfahrenem Pneumologen und Anti-IgE- oder Anti-IL-5-(R)- oder Anti-IL-4-R-Antikörper |
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Alternative in begründeten Fällen: Langzeittherapie mit ICS niedrigdosiert + Bedarfstherapie mit SABA |
Alternative in begründeten Fällen: Langzeittherapie mit LTRA (Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten) + Bedarfstherapie mit SABA |
Alternativen zur Langzeittherapie in begründeten Fällen: ICS niedrigdosiert + LAMA2 oder ICS niedrigdosiert + LTRA |
Alternativen zur Langzeittherapie in begründeten Fällen: ICS mittel- bis hochdosiert + LABA + LTRA oder ICS mittel- bis hochdosiert + LAMA2 |
Alternativen zur Langzeittherapie in begründeten Fällen: Orale Corticosteroide (zusätzlich oder alternativ) |
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Zusätzlich Bedarfstherapie: SABA oder Fixkombination aus ICS + Formoterol, wenn diese auch die Langzeittherapie darstellt |
Zusätzlich Bedarfstherapie: SABA oder Fixkombination aus ICS + Formoterol, wenn diese auch die Langzeittherapie darstellt |
Zusätzlich Bedarfstherapie: SABA oder Fixkombination aus ICS + Formoterol, wenn diese auch die Langzeittherapie darstellt |
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Asthmaschulung, Allergie-/Umweltkontrolle, Beachtung von Komorbiditäten | Asthmaschulung, Allergie-/Umweltkontrolle, Beachtung von Komorbiditäten | Asthmaschulung, Allergie-/Umweltkontrolle, Beachtung von Komorbiditäten | Asthmaschulung, Allergie-/Umweltkontrolle, Beachtung von Komorbiditäten | Asthmaschulung, Allergie-/Umweltkontrolle, Beachtung von Komorbiditäten | |
Spezifische Immuntherapie (bei gegebener Indikation) | Spezifische Immuntherapie (bei gegebener Indikation) | Spezifische Immuntherapie (bei gegebener Indikation) | Spezifische Immuntherapie (bei gegebener Indikation) | Spezifische Immuntherapie (bei gegebener Indikation) |