So bleiben Angehörige selbst gesund |
Entscheidend für Angehörige ist der Umgang mit den eigenen Bedürfnissen. Wer nicht auf sie achtet, geht über seine Grenzen. Zumal Erkrankte diese Grenzen auch oft nicht (mehr) wahrnehmen und sie überschreiten.
Grenzen setzen hilft Angehörigen, nicht in den Strudel der Krankheit zu geraten. Doch »wie viel Nähe und Distanz die einzelne Person benötigt, ist höchst individuell«, sagt Weißenborn. Ein klares Mittel zur Abgrenzung ist die räumliche Trennung. »Das ist für viele erst einmal eine Herausforderung, aber man schützt sich damit«, so Fischer. Lebt die erkrankte Person nicht im selben Haushalt, empfiehlt er Angehörigen, höchstens ein- bis zweimal pro Woche mit ihr zu telefonieren oder sie zu besuchen. Denn häufigere Kontakte führen oft dazu, dass die Gedanken fast nur noch um den psychisch Kranken kreisen. Das ist ungesund.
Im Alltag kann ein psychiatrischer Pflegedienst helfen. Dieser kann zum Beispiel morgens und abends vorbeikommen und die Medikamente verabreichen, erklärt Fischer. Möglich ist außerdem, eine gesetzliche Betreuung zu beantragen. Bei schweren psychischen Erkrankungen kann dies die Familie entlasten, so der Experte.
Psychische Erkrankungen sind oft langwierig, Rückschläge gehören dazu. In dieser Zeit ist es wichtig, dass man sich als Angehöriger mental schützt. Denn: »In einer depressiven Umgebung zu leben, kann selbst krank machen«, so Therapeutin Völkel. Angehörige brauchen einen Ausgleich.
»Freundschaftliche Kontakte, die mit einem über die Krise sprechen, ohne zu stigmatisieren, können helfen«, empfiehlt Gudrun Weißenborn. Stärken kann zudem eine Selbsthilfegruppe, ein Ort, an dem man anonym und frei sprechen kann, und wo man Anregungen erhält, wie man mit der Krise umgehen kann. »Sie treffen dort Menschen in ähnlichen Situationen und lernen, sich nicht als Opfer des Schicksals zu sehen«, so Rolf Fischer, der jede Woche mit Angehörigen spricht.
Und Angehörige sollten an den Dingen festhalten, die ihnen Freude bereiten. »Das kann regelmäßiger Sport sein«, sagt Völkel. Ebenso können Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung helfen, sofern man sich nach Ruhe und Erholung sehnt.
»Am besten ist es, wenn man sich feste Termine in der Woche setzt«, rät Fischer. Und sich bewusst um sich kümmert und sagt: »Da gehe ich jetzt hin, egal, was zu Hause los ist.«