So gelingt die Beratung zu Hämorrhoidalleiden |
Autsch! Brennen, Schmerz, Schleimabsonderungen aufgrund vergrößerter Hämorrhoiden können den Toilettengang zur Tortur machen. / Foto: Getty Images/japatino
Eine aktuelle Umfrage unter 305 Apothekenteams im Auftrag von Dr. Kade hat es mal wieder bestätigt: Probleme im Analbereich sind nach wie vor ein Tabuthema. 87,2 Prozent der befragten Apotheker und PTA stimmten zu, dass das Thema für Kunden unangenehm oder schambehaftet ist. 86,1 Prozent haben den Eindruck, dass Beschwerden von den Kunden oft unvollständig beschrieben werden und Unangenehmes weggelassen wird. »Viele Patienten können auch gar nicht zwischen ‚Brennen‘ und ‚Schmerzen‘ unterscheiden beziehungsweise können keine spezifischen Beschwerden nennen«, informierte Hien bei einer digitalen Pressekonferenz von Dr. Kade zum Thema Hämorrhoidalbeschwerden.
Uneindeutige Beratungsszenarien wie »Ich habe unten rum Beschwerden«, die Eigendiagnose Hämorrhoiden oder einen konkreten Produktwunsch kennt sicher jeder aus der Offizin. Um dann kompetent beraten zu können, empfiehlt Apothekerin Hien, gezielt nachzufragen (siehe Kasten): »Wichtig für die passende Präparateempfehlung ist eine zielgerichtete Fragetechnik, nämlich mit eher geschlossenen Fragen oder Alternativfragen.« Ein passendes Präparat könne nur ausgesprochen werden, wenn die Betroffenen möglichst offen über ihre Beschwerden sprechen. Dabei gelte, den Patienten emotional abzuholen. »Darf ich Ihnen einen Tipp geben, wie Sie Ihre Beschwerden schnell und nachhaltig in den Griff bekommen?«
Schließlich ist immer die Frage zu klären, ob eine Selbstmedikation möglich oder ob eine ärztliche Abklärung der Beschwerden anzuraten ist. Das heißt, es ist immer nach der Dauer der analen Beeinträchtigungen zu fragen. Dazu hat Dr. Eduard Karsten, niedergelassener Proktologe und Leiter einer Darmsprechstunde aus Wuppertal, eine klare Meinung: »Eine ärztliche Abklärung ist immer notwendig. In der Akutphase von Hämorrhoiden kann eine Eigentherapie unterstützend wirken, um Symptome wie Juckreiz und Schmerzen zu lindern. Jedoch ist es wichtig, dass jegliche Beschwerden am After proktologisch abgeklärt werden.«
Neben einem Hämorrhoidalleiden könnten Fissuren, Marisken, Analvenenthrombosen oder – wenn auch wesentlich seltener – Neoplasien die gleichen Symptome aufweisen. »Um mögliche negative Folgen für die Patienten zu verhindern beziehungsweise rechtzeitig die richtigen Behandlungsschritte vornehmen zu können, ist es ratsam, dass Betroffene frühzeitig eine eindeutige Differentialdiagnose durch einen Proktologen erhalten.« Ein Patient mit starken Schmerzen bekomme in seiner Gemeinschaftspraxis immer sehr zeitnah einen Termin, sagte der Facharzt auf Nachfrage von PTA-Forum.
90 Prozent der Patienten werden unabhängig vom Stadium ihres Hämorrhoidalleidens mit einer konservativen Therapie symptomfrei, schätzt Karsten. Für die Beratung in der Offizin hält es Apothekerin Hien für wichtig, sich ein genaues Bild über die Beschwerden zu verschaffen und dann gezielt nach Symptom zu behandeln. »Die Präparateabgabe sollte immer mit einem Kundennutzen verbunden werden, beispielsweise durch die Empfehlung einer Kombitherapie und der Erläuterung ihrer Anwendung. Es sind klare Empfehlungen auszusprechen, vor allem hinsichtlich der möglichen Anwendungsdauer.«
Bei den meisten Betroffenen stehen die Symptome Juckreiz, Brennen und Schmerzen beim Toilettengang im Fokus. Eine gute Empfehlung ist dann eine Rektalsalbe mit einem Lokalanästhetikum wie Lidocain (wie Posterisan® akut, der einzigen rezeptfrei erhältlichen Salbe, die Lidocain enthält) oder Quinisocain (wie Haenal® akut). Sie erzielen eine schnelle Schmerzlinderung innerhalb von 30 Minuten im Analbereich während der Akutphase und können bis zu drei Tage lang angewendet werden. Auch ein Juckreiz lasse sich damit gut angehen. Das verhindere, dass die Haut in der Analregion durch Kratzen beschädigt werde, sich dadurch entzündet und ein Teufelskreis entsteht.
Nennt der Betroffene Juckreiz, Brennen und Nässen als Hauptbeschwerden, sind Adstringenzien eine gute Wahl. Sie wirken austrocknend, schwach blutungsstillend und antiinflammatorisch. Dabei die größte Bedeutung haben Zubereitungen mit Gerbstoff-haltigen Drogenauszügen wie aus den Blättern und der Rinde der virginianischen Zaubernuss Hamamelis (wie Faktu® lind, Hametum®) oder mit basischem Bismutgallat (wie Mastu®). Adstringenzien können in sowie nach der Akutphase zur Behandlung bis zu vier Wochen lang angewendet werden.
Treten sowohl Schmerzen als auch Nässen und Brennen auf, empfiehlt Apothekerin Hien ein Therapiekonzept, bestehend aus einer Tag- und einer Nachtversorgung. »Tagsüber nimmt eine Lidocain-haltige Salbe schnell die Beschwerden, über Nacht hilft die Anwendung von adstringierend wirkenden Präparaten, um Brennen, Nässen und den Juckreiz zu lindern und den Heilungsprozess zu fördern. Für die Nacht empfehle ich gerne ein Zäpfchen; es hat dann Zeit, abzuschmelzen, und die Wirkstoffe bleiben an Ort und Stelle.« Analtampons sind nicht mehr im Handel.
Auch zur Prophylaxe von erneut auftretenden Hämorrhoidalsymptomen und zur Pflege des Analbereichs hat Hien einen Tipp: Eine Schutzsalbe mit Jojobawachs, Cetiol und Bienenwachs (wie Posterisan® protect) legt sich wie ein wasserabweisender Schutzmantel über die empfindliche Analregion. Dadurch wird die Haut gepflegt und der empfindliche Bereich vor Reizungen geschützt. »Man kann die Schutzsalbe auch vor dem Stuhlgang auftragen, um die Region weich und geschmeidig zu halten und zu verhindern, dass es durch die Stuhlsäule zu erneuten Einrissen kommt.« Auch Analvorlagen würden den Kunden ein sichereres Gefühl geben.
»Eine gute Analhygiene hilft, erneuten Beschwerden vorzubeugen«, sagte Hien. Dabei könnten Sitzbäder mit Kamille (wie Kamillosan®), Eichenrinde oder synthetischen Gerbstoffen (wie Tannolact®, Tannosynt® flüssig) oder spezielle Feuchtpflegetücher wie Faktuclean® unterstützen. Nicht zu vergessen sei auch ein richtiges Defäkationsverhalten: Das bedeutet kein Pressen und keine längeren Sitzungen, etwa mit dem Smartphone auf dem stillen Örtchen.
Darüber hinaus unterstützt ein gesunder Lebensstil die Therapie. So sorgt eine ballaststoffreiche Ernährung beziehungsweise die Stuhlregulation mit etwa Plantago ovata (Flohsamen) für eine geregelte Darmtätigkeit. Ebenso sollte ausreichend, also zwischen 1,5 bis 2 Liter pro Tag getrunken und sich regelmäßig bewegt werden. Liegt eine chronische Obstipation vor, ist es wichtig, einen weichen, geformten Stuhl zu erzielen, zum Beispiel mit Macrogolen. Zudem sollte Übergewicht reduziert und Kraftsport sowie das Heben schwerer Lasten vermieden werden.