So heilt die Wunde nach der Zahn-Operation gut |
Ein Zahn muss raus? Dann gibt es hinterher ein paar Dinge zu beachten. / Foto: Adobe Stock/harbucks
Ein kariöser Zahn ist nicht mehr zu retten oder für Weisheitszähne bleibt einfach kein Platz? Dann muss der Zahn raus. Auch bei einer Wurzelspitzenresektion oder bei einer Abszessentfernung kommt der Zahnarzt nicht um einen Eingriff herum. Damit die Heilung reibungslos funktioniert, sollten Patienten einige Verhaltensmaßnahmen beherzigen. Intermittierendes Kühlen mit kalten Tüchern oder Coolpacks ist das A und O, um Schwellung und Schmerzen bestmöglich zu minimieren. Das ist besonders in den ersten ein bis zwei Tagen wichtig. Aber Achtung, direkt aus der Tiefkühltruhe darf ein Geschirrtuch oder Handtuch nicht fehlen – andernfalls drohen Erfrierungen. Bewährt hat sich etwa 20-minütiges Kühlen mit anschließender Kühlpause von etwa 20 bis 30 Minuten.
Essen dürfen Patienten erst dann wieder, wenn die lokale Betäubung nachgelassen hat, damit sie sich nicht versehentlich auf Lippe, Zunge oder Wange beißen. Kauintensive Gerichte sollten sie zunächst von ihrem Speiseplan streichen. Gleiches gilt für bröseliges Essen, wie etwa Hackfleisch oder Körnerbrot, schließlich könnten Körner oder Krümel leicht in die Wunde gelangen und dort Probleme hervorrufen. Auch scharfe Gewürze oder sehr heiße Speisen sind keine gute Wahl, ebenso wenig Fruchtsäfte oder Obst, damit die Säure die Wunde nicht unnötig reizt. Doch glücklicherweise greifen die meisten intuitiv zum passenden Essen.
Auch wenn es Rauchern schwerfällt: Der Glimmstängel verzögert die Wundheilung und erhöht das Risiko für Komplikationen. Patienten sind gut beraten, nach dem Eingriff kurzfristig auf ein Nikotinpflaster auszuweichen. Gute Alternativen stellen auch Nikotin-Lutschtabletten oder ein Spray dar. Kaugummis sind wegen der zusätzlichen Kaubelastung nur mäßig geeignet, aber immer noch besser als der Griff zur Zigarette. Selbstredend ist auch Alkohol tabu. Kaffee und schwarzer Tee sollten für zwei Tage ebenfalls gestrichen werden. Denn das enthaltene Koffein treibt den Blutdruck nach oben und begünstigt Nachblutungen. Nehmen Patienten »Blutverdünner« ein, bespricht der Arzt im Vorfeld, ob die Einnahme wirklich pausiert werden muss oder nicht. Falls es doch hinterher blutet, sollten Patienten Ruhe bewahren, auf einen Tupfer oder ein sauberes (Stoff-)Taschentuch beißen und keinesfalls an der Wunde saugen oder ständig ausspucken. Kommt die Blutung nach etwa einer halben Stunde nicht zum Stillstand, ist der Zahnarzt aufzusuchen.
Im deutschsprachigen Raum hält sich sehr hartnäckig die Empfehlung, in den ersten Tagen nach einem Eingriff auf Milchprodukte wie Quark, Joghurt oder Milch zu verzichten. Doch ist das wirklich nötig? Schließlich erscheint ein weicher Pudding oder kühler Joghurt besonders verführerisch. Um das zu prüfen, haben Wissenschaftler in einer Pilotstudie kürzlich 150 Zahnärzte, Oralchirurgen und Mund-Kiefer-Gesichts-(MKG-)Chirurgen in Deutschland befragt, wie sie es mit dieser Empfehlung handhaben. Während mit 65 Prozent die Mehrheit der Zahnärzte von Milchprodukten abrieten, mahnten nur 42 Prozent der MKG-Chirurgen zum Verzicht.
Die Experten schlussfolgern, dass die Empfehlung kritisch hinterfragt werden müsse. Denn einerseits gäbe es für die Empfehlung weder hierzulande noch im englischsprachigen Raum eine Evidenz. Andererseits lassen sich alle üblichen Argumente entkräften, die gegen den Verzehr von Milchprodukten sprechen. Viele fürchten beispielsweise ein erhöhtes Infektionsrisiko durch Milchsäurebakterien. Bei gesunden Probanden ändert sich die bakterielle Zusammensetzung durch Milch und Milchprodukte jedoch nicht, allenfalls bei Immunsuppression erscheint Vorsicht angemessen.
Auch die Bildung des Koagels, also des Wundverschlusses, bleibt von Milch unbeirrt. Lediglich bei Einnahme bestimmter Antibiotika wie Tetrazyklinen oder Chinolonen ist ein zeitlicher Abstand nötig, da sie mit Calcium schwerlösliche Komplexe bilden und damit ihre Bioverfügbarkeit sinkt. Diese Wirkstoffe spielen in der Zahnheilkunde jedoch nur eine untergeordnete Rolle.
Es ist ganz normal, dass Schwellung und Schmerzen die Mundhygiene kurzfristig einschränken. Patienten müssen den Wundbereich zunächst aussparen, die übrigen Zähne dürfen und sollen vorsichtig geputzt werden. Eine gelbe Schicht auf der Wunde ist übrigens kein Eiter, sondern in der Regel Fibrin im Rahmen einer normalen Wundheilung. Diese schützende Schicht darf keinesfalls entfernt werden! Auch kräftiges Spülen ist verboten, um den Wundpfropf nicht vorzeitig abzulösen. Dieser ist schließlich ganz entscheidend für den normalen Heilungsverlauf nach einer Zahnextraktion: Die Alveole blutet voll, ein Koagulum entsteht. Bereits nach einigen Tagen wird es von einem Netz kleiner Blutgefäße durchzogen, ehe es sich in Granulationsgewebe und schließlich Narbengewebe umwandelt. Nach acht bis zehn Tagen ist die Wunde üblicherweise so gut verheilt, dass kaum noch Einschränkungen bestehen.
Bildet sich hingegen kein stabiles Koagel oder zerfällt es vorzeitig, spricht der Arzt von einer »Alveolitis sicca«. Diese Komplikation ist äußerst schmerzhaft und tritt wenige Tage nach der Extraktion auf. Meist verzögert sich die Wundheilung dabei um mehrere Wochen, normale Schmerzmittel verschaffen kaum Linderung. Verhaltensregeln nach einem Eingriff sind also keine Schikane. Zur Vorbeugung einer Wundinfektion empfehlen daher viele Zahnärzte die Anwendung oraler Antiseptika, wie etwa Chlorhexidin-haltige Mundspüllösung. Die Lösung bleibt üblicherweise unverdünnt eine Minute im Mund und wird danach einfach ausgespuckt. Leichtes Ausschwenken genügt vollkommen. Klagen Patienten über ein Brennen oder Kribbeln, können sie beruhigt werden: Diese Nebenwirkung tritt besonders zu Behandlungsbeginn auf und verschwindet normalerweise im weiteren Verlauf. Bei längerer Anwendung können sich Zunge und Zähne außerdem reversibel verfärben.
Im Neutralen liegt Chlorhexidin als zweifach positiv geladenes Molekül vor. Glykoproteine und Muzine aus dem Speichel sind ebenso wie die Zahnoberfläche negativ geladen, sodass Chlorhexidin auf Zahnschmelz und Schleimhäuten adsorbiert. Dies führt zu einer Depotwirkung. In der Mundflüssigkeit ist der Wirkstoff bis zu acht Stunden nach der Mundspülung nachweisbar. Er zeigt eine breite antimikrobielle Wirkung gegen zahlreiche Bakterien und reduziert so vorübergehend die Keimzahl im Mundraum. Diese Molekülstruktur macht Chlorhexidin allerdings auch inkompatibel mit Seifen und anionischen Substanzen, wie beispielsweise Natriumdodecylsulfat. Letzterer wird auch als »SLS« oder »SDS« abgekürzt und ist in zahlreichen Zahnpasten enthalten. Zwischen Zähneputzen und Mundspülung sollte mindestens eine Stunde Zeit liegen – oder Patienten greifen besser direkt zu einer SLS-freien Zahnpasta.
Um die Heilung zu beschleunigen, kann Bromelain empfohlen werden. Dieses Enzymgemisch aus der Ananas wirkt abschwellend und wird als magensaftresistente Tablette mindestens eine halbe Stunde vor dem Essen eingenommen. Bei Einnahme von Blutverdünnern ist allerdings Vorsicht geboten und die Anwendung sicherheitshalber kontraindiziert. Altbekannte Hausmittel wie Salbei- oder Kamillentee werden für ihre entzündungshemmenden Eigenschaften geschätzt. Als Eiswürfel gelutscht, kühlen sie gleichzeitig von innen. Wer homöopathisch unterstützen möchte, liegt mit Arnika goldrichtig. Je nach Art des Eingriffs kommen auch Calendula, Hypericum oder beispielsweise Symphytum zum Einsatz. Zusammenfassend sollten Beschwerden nach einem Eingriff rasch nachlassen. Nehmen Schmerzen nach bereits erfolgter Besserung doch wieder zu, führt kein Weg am Zahnarzt vorbei.