So klappt die Kommunikation mit der Arztpraxis |
Lange Leitung oder gute Verbindung? / © Adobe Stock/Jenny Sturm
Die wichtigste Regel für eine effektive Zusammenarbeit erklärt die Apothekerin ganz zu Anfang: Unklarheiten oder Missverständnisse bezüglich einer Rezeptur-Verordnung sind immer direkt mit dem Arzt ohne Beisein des Patienten zu klären. »Die Therapiehoheit liegt immer beim Arzt. Seine fachliche Kompetenz ist niemals vor dem Patienten infrage zu stellen.« Sollte es ein fast gleiches Fertigarzneimittel geben, sei es legitim, den Arzt auch darauf hinzuweisen. Schließlich gelte folgende Reihenfolge: Fertigarzneimittel vor Magistralrezeptur vor Individualrezeptur.
Im Grunde rät Barisch von einer telefonischen Erstkontaktaufnahme ab. Geschickter sei es, bei Kommunikationsbedarf per E-Mail den Kontakt herzustellen. »Der Arzt steht genauso wie wir in der Apotheke unter zeitlichem Druck und möchte nicht mit den Problemen aus dem Nichts überfallen werden. Gebt ihm Zeit zum Nachdenken.«
Die Rezeptur-Expertin empfiehlt für die Kommunikation mit der Arztpraxis, die DAC/NRF-Vordrucke zu nutzen. Das sind zwölf verschiedene Formulare für jegliche Plausibilitätsprobleme und andere häufige Rückfragen an den Arzt. »Wenn ihr euch immer wieder aufs Neue als kompetente Ansprechpartner zeigt und immer wieder Lösungsvorschläge parat habt, wird sich auch das Vertrauen der Arztpraxis zur Apotheke und das Verhältnis zwischen beiden verbessern.« Barisch legt Wert darauf, immer einen konkreten Lösungsvorschlag bieten zu können. Aussagen wie »Ich kann das nicht herstellen« oder »Ich will das nicht herstellen« seien tabu.
Zur Kommunikationsdiplomatie gehört auch, gemeinsam mit der Arztpraxis Standards festzulegen, auf welchem »Kanal« Rücksprachen mit der Arztpraxis getroffen werden sollen. »Dazu gehört auch die Vereinbarung, mit wem man bei welchem Thema spricht und wer entscheidet, ob das Gespräch zum Arzt weitergeleitet wird«, erinnert die Apothekerin.
Auch eine spezielle Telefonnummer für den direkten Draht von der Apotheke direkt in die Arztpraxis hält Barisch für eine gute Idee. »Dann hängt Ihr nicht in der Warteschleife so wie alle Patienten. Ein spezieller Klingelton signalisiert, dass die Apotheke anruft und es offenbar eine Rückfrage gibt.«
Die erfahrene Apothekerin rät, immer sachlich zu bleiben. Auf Aussagen vonseiten der Arztpraxis wie: »Ich weiß nicht, wo das Problem ist. Andere Apotheken können das doch auch«, reagiert man am besten nicht emotional. Viel diplomatischer ist Barischs Vorschlag: »Früher hat man sich über diese Problematik tatsächlich wenig Gedanken gemacht. Neue wissenschaftliche Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die Komponenten X und Y nicht kompatibel sind. Deshalb ist die Wirkung der Rezeptur fraglich.« Barisch spricht sich also deutlich dafür aus, die Unklarheiten immer patientenorientiert anzupacken und am besten die Auswirkungen für den Patienten in den Mittelpunkt zu stellen.
Weil Hautärzte oft die Hauptverordner von Rezepturen sind, lohnt sich laut der Rezeptur-Expertin der Hinweis auf das »NRF für Ärzte«, also die standardisierten Rezepturen aus dem Govi-Verlag. Da diese Vorschriften ausführlich untersucht, geprüft und damit stabil sind, gibt es automatisch in der Folge weniger Rückfragen aus der Apotheke.
Auch »der kollegiale Austausch außerhalb des Tagesgeschäfts oder auf dem kleinen Dienstweg« fördere die Zusammenarbeit. Barisch denkt dabei an eine kurze Schulung für die MFA oder an einen fachlichen Austausch über Unverträglichkeiten für Rezepturbestandteile mit dem Arzt. Auch die Erarbeitung von praxisindividuellen Rezepturen oder die Überarbeitung der Standardrezepturen der Praxis – am besten mit passender NRF-Vorschrift – seien ein gutes Angebot, das die Apotheke der Arztpraxis machen könne. »All das könntet Ihr in entspannter Atmosphäre, ohne dass der Patient involviert ist, diskutieren.«
Was ist zusätzlich hilfreich? Barisch hat gute Erfahrungen gemacht, den Arztpraxen verschiedene Übersichten bereitzustellen, zum Beispiel welche Kosmetika in Rezepturen verwendet werden können oder welche Konservierungsmittel für Kinderhaut geeignet sind.
Bei der Rezepturherstellung sind freilich auch die Kosten im Blick zu behalten. Alles, was für die Arzneimittelherstellung verwendet wird, muss von der Apotheke finanziert werden. Insofern ist es wünschenswert, dass die verwendeten Stoffe und Packmittel auch von der Gesetzlichen Krankenversicherung erstattet werden. Um Retaxationen bei freien Rezepturen zu vermeiden, sollte der Arzt von vornherein benötigte Stoffe und Packmittel mitverordnen. So sollte beispielsweise »inklusive Applikationshilfe« oder »inklusive Puffer« auf der Verordnung stehen. Nur dann wird die Rezeptur auch vollständig von der Krankenkasse bezahlt.
Kurz, anschaulich und praxisrelevant: In den Rezeptur-Videos von PTA-Forum, PTA Channel und DAC/NRF erklärt Apothekerin Dr. Sandra Barisch das Einmaleins der Arzneimittelherstellung in der Apotheke. So sind viele gute Tipps des DAC/NRF-Expertenteams für den Rezepturalltag jederzeit abrufbar.