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Schizophrenie

So kündigt sich eine Psychose an

Einer Psychose gehen oft Warnzeichen voraus – auch wenn diese nicht immer offensichtlich sind. Welche Symptome auftreten und warum Früherkennung so wichtig ist, erklärte eine Ärztin bei einer Informationsveranstaltung des LWL-Universitätsklinikums Bochum.
AutorKontaktJuliane Brüggen
Datum 05.12.2022  14:30 Uhr

Oft zeigen sich die ersten Symptome schon vier bis fünf Jahre vor einer schizophrenen Psychose. Das Problem: »Frühwarnsymptome sind häufig sehr unspezifisch«, so Dr. Vera-Estelle Makulla, Oberärztin des Behandlungsbereichs Psychotische Störungen am LWL-Universitätsklinikum Bochum. »Die Anzeichen werden häufig nicht erkannt, sodass Jahre vergehen, bis eine Diagnose erfolgt und eine Behandlung unter erschwerten Bedingungen starten kann.«

Dabei ist es überaus wichtig, früh einzuschreiten: Wird die Therapie erst spät begonnen, kann dies laut Makulla mit einem unzureichenden Rückgang der Symptome, längeren Krankenhausaufenthalten, einem höheren Depressions- und Suizidrisiko, mehr Rückfällen und einer verminderten Compliance einhergehen. »Durch die Früherkennung soll das Neuauftreten von Psychosen vermindert und die Verlaufsprognose verbessert werden. Auch die Krankheits- und Folgekosten sollen reduziert werden«, verdeutlichte die Medizinerin. Psychotische Störungen zählen aufgrund oft chronischer Verläufe und wiederholter stationärer Aufenthalte zu den pro Kopf kostenintensivsten Erkrankungen der Psyche.

Als erste (und sehr unspezifische) Anzeichen treten Interessenverlust, sozialer Rückzug, Leistungseinbruch und veränderte Gefühle wie Niedergeschlagenheit, Angst oder erhöhte Reizbarkeit auf. Auch Appetitveränderungen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie Schlafstörungen können mit einer sich entwickelnden Psychose in Verbindung stehen. Die in der Vorläuferphase (Prodromalphase) präsenten Basissymptome seien wiederum etwas spezifischer, so Makulla – sie betreffen Kognition und Sinneseindrücke. Betroffene bemerkten selbst, dass Denkabläufe, Sprache und Wahrnehmung nicht wie sonst funktionierten. Beispiele sind unter anderem:

  • Gedankeninterferenz: Andere, völlig unwichtige Gedanken stören den Denkprozess. Betroffene müssen sich anstrengen, um dies zu unterbinden.
  • Gedankenjagen: Plötzliches Einsetzen zahlreicher, nicht zusammenhängender Gedanken.
  • Gedankenblockaden: Gedankengänge werden unterbrochen, Gefühl der Gedankenleere.
  • Störung der rezeptiven Sprache: Personen wissen nicht mehr, was ein alltägliches Wort bedeutet.
  • Eigenbeziehungstendenz: Betroffene beziehen Dinge aus der Umgebung auf sich und berichten beispielsweise von dem Gefühl, andere Menschen beobachteten sie oder schauten ihnen nach.
  • Derealisation: Die Umgebung erscheint unwirklich, »wie einzelne Reliefs oder eine schlecht aufgebaute Filmkulisse«.
  • Akustische Wahrnehmungsstörungen: Geräusche werden in veränderter Intensität oder Qualität wahrgenommen. Akustische Reize halten abnorm lange an.
  • Optische Wahrnehmungsstörungen: ­Gesicht und Gestalt von anderen Menschen oder der eigenen Person werden als optisch verändert wahrgenommen, ebenso wie Farbe, Form und Größe von Objekten sowie Bewegung und Entfernung von Dingen.

Darüber hinaus könne sich auch der Sprachschatz verändern oder es falle Betroffenen mitunter schwer, Symbole zu erfassen oder die Aufmerksamkeit auf mehrere Dinge gleichzeitig zu richten. 

Je nach Art und Häufigkeit werden Basissymptome in kognitiv-perzeptive Symptome (COPER) oder kognitive Störungen (COGDIS) eingeteilt. Patienten, die Basissymptome aufweisen, haben ein erhöhtes Psychoserisiko (CHR = clinical high risk). Differentialdiagnosen und organische Ursachen müssen zuvor ausgeschlossen werden. 

Symptome werden immer spezifischer

Im weiteren Verlauf werden die Symptome immer spezifischer und »psychose-näher«, wie die Oberärztin erläuterte. Die späte Prodromalphase sei zunächst durch unterschwellige psychotische Symptome (APS = attenuated psychotic symptoms), dann durch kurzzeitig und in hoher Intensität auftretende psychotische Symptome (BLIPS = brief limited intermittent psychotic symptoms) gekennzeichnet. Zu den auftretenden Symptomen gehören ungewöhnliche Denkinhalte, wahnhafte Ideen, Misstrauen oder Verfolgungsideen, Größenideen, Wahrnehmungsabweichungen, Halluzinationen oder eine desorganisierte Kommunikation, die sich zum Beispiel in ungewöhnlichen Ausdrücken oder Satzkonstruktionen äußert.

Leiden Patienten unter APS und BLIPS, ist das Psychoserisiko besonders stark erhöht. Das Screening auf diese Symptome dient daher dazu, Patienten mit einer unmittelbar (innerhalb der nächsten zwölf Monate) drohenden Psychose zu erkennen (Ultra-High-Risk-Syndrom). In die Ultra-High-Risk-Kategorie fallen außerdem Personen, die ein genetisches Risiko für die Entwicklung einer Schizophrenie tragen und bei denen psychosoziale Funktionseinbußen auffallen.

Mittel der Wahl: Kognitive Verhaltenstherapie

Patienten mit einem Hochrisiko-Status entwickeln Makulla zufolge mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 36 bis 37 Prozent innerhalb eines Jahres eine klinisch manifeste Psychose. Die meisten Fälle träten in den ersten zwei bis drei Jahren nach der Feststellung des hohen Risikos auf.

Ist das erhöhte Risiko bekannt, könnten Patienten von einer professionellen Hilfe profitieren, erklärte die Ärztin und verwies auf das von der Europäischen Psychiatrischen Gesellschaft (EPA) empfohlene Interventionsmodell. Dieses beruht in erster Linie auf einer kognitiven Verhaltenstherapie. Nur wenn diese nicht anschlägt und sich ein negativer Verlauf andeutet, sollen niedrig dosierte atypische Antipsychotika eingesetzt werden – mit dem Ziel, den Patienten wieder für die psychologische Behandlung zu stabilisieren. Hinsichtlich der Früherkennung sieht Makulla in Deutschland noch Handlungsbedarf: »Es gibt zu wenige spezialisierte Zentren, die eine wirksame Prävention für Patienten anbieten.«

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