Jeder Chef hat Macken. Mitarbeiter sollten Verständnis zeigen, aber sie müssen sich auch nicht alles gefallen lassen. / Foto: Getty Images/Luis Alvarez
Der perfekte Chef ist fachlich kompetent, berechenbar, entscheidungsfreudig und hat alle Arbeitsabläufe und Zuständigkeiten in der Apotheke klar geregelt. Er kann gut mit Menschen umgehen, ist offen für Vorschläge seiner Mitarbeiter und kann das Team inspirieren und motivieren. Er gesteht eigene Fehler ein und ist tolerant gegenüber Fehlern seiner Mitarbeiter. Er lässt eigene Stimmungsschwankungen niemals an Mitarbeitern aus und vergreift sich in Kritikgesprächen nicht im Ton. Natürlich hat er stets ein offenes Ohr für die Probleme seiner Mitarbeiter und er würde niemals einzelne Mitarbeiter bevorzugen oder ungerecht behandeln.
Wer die Erwartungen an seinen Chef zu hoch setzt, kann wohl nur enttäuscht werden. Denn in der Realität wird man den perfekten Chef leider kaum antreffen. Chefs sind eben auch Menschen mit Stärken und Schwächen, Launen, Macken und Defiziten. Und leider gibt es auch unter den Chefs Choleriker, Pedanten, Kontrollfreaks und Ausbeuter.
Als Macke wird umgangssprachlich eine Verhaltensweise bezeichnet, die als störend, unangenehm oder unangebracht empfunden wird. Welches Verhalten als eine solche Macke wahrgenommen wird, hängt dabei sehr stark von den eigenen Meinungen, Verhaltensregeln und Wertvorstellungen ab. Ein Verhalten, das man selbst als störend empfindet, nehmen andere Menschen vielleicht gar nicht wahr.
Die persönlichen Eigenschaften Ihres Chefs können Sie sicherlich nicht verändern und auf seine Verhaltensweise in der Apotheke haben Sie ebenfalls keinen direkten Einfluss. Sie haben aber die Möglichkeit, Ihre eigene Denk- und Verhaltensweise entsprechend anzupassen. Die folgenden Situationen sind im Alltag immer wieder zu beobachten.
So gibt es viele Chefs, die persönliche Stimmungsschwankungen an Mitarbeitern auslassen oder einen wenig respektvollen Umgangston haben. Als Mitarbeiter müssen Sie sich aber nicht alles gefallen lassen. Sprechen Sie unangemessene Umgangsformen am besten sofort an. Sagen Sie Ihrem Chef höflich, aber bestimmt, was Sie stört. Begegnen Sie Ihrem Chef dabei auf Augenhöhe, denn Unterwürfigkeit ist für ein gutes Chef-Mitarbeiter-Verhältnis genauso ungeeignet wie Überheblichkeit.
Kann sich Ihr Chef nur schwer entscheiden und zögert oft sehr lange? Bekommen Sie auf Fragen oder Verbesserungsvorschläge oft lange keine konkrete Antwort? Dann sollten Sie konsequent daran erinnern und Ihre Vorschläge oder Fragen nicht aus Höflichkeit oder Unsicherheit in Vergessenheit geraten lassen. Vielleicht ist Ihr Chef ja auch einfach nur überlastet und konnte sich aus zeitlichen Gründen nicht mit dem Thema beschäftigen. Stellen Sie mögliche Entscheidungsalternativen zukünftig immer sofort mit ihren Vor- und Nachteilen dar und empfehlen Sie dann eine der Alternativen mit entsprechender Begründung: »Wir könnten A, B oder C machen. Ich schlage vor, dass wir A machen, weil …!« Ihr Chef ist dann in der Lage, anhand Ihrer Informationen sofort eine Entscheidung zu treffen. Zugleich wird er das Gefühl haben, dass er frei entschieden hat und Sie ihm »nur« wertvolle Entscheidungsgrundlagen geliefert haben.
Manchmal übertragen Chefs neue Aufgaben auf Mitarbeiter nach dem Motto: »Erledigen Sie das doch bitte mal eben!« Sie erkennen dabei häufig nicht, dass der betreffende Mitarbeiter bereits voll ausgelastet oder sogar überlastet ist. Verweigern oder Jammern sind in diesem Fall sicherlich keine geeigneten Reaktionen. Antworten Sie: »Ich erledige das gerne. Welche meiner derzeitigen Aufgaben kann ich dafür stoppen oder reduzieren? Welche meiner derzeitigen Tätigkeiten ist nicht so wichtig wie diese neue Aufgabe?«
Manche Chefs haben nur noch wenig Kontakt zum Alltagsgeschäft in der Apotheke und das zeigt sich gelegentlich in ihren Entscheidungen und Arbeitsanweisungen. Wenn Ihr Chef offensichtlich sinnlose Anweisungen gibt, können Sie den Zeit- und Arbeitsaufwand, Hürden bei der Umsetzung oder mögliche Negativkonsequenzen detailliert ansprechen. Vielleicht erkennt Ihr Chef erst dann bestimmte Auswirkungen, an die er vorher nicht gedacht hat. Zeigen Sie bei Bedarf sinnvollere Alternativen und deren Vorteile auf.
Mitarbeiter haben gegenüber Ihrem Chef auch oft in fachlicher Hinsicht einen Wissensvorsprung in ihrem Aufgabengebiet. Das ist nicht ungewöhnlich und war vielleicht sogar der Grund, warum Sie eingestellt wurden. Wenn Ihr Chef aus fachlicher Sicht falsche oder ungeeignete Aussagen trifft oder ihm fachliche Fehler unterlaufen, sollten Sie ihn trotzdem nicht in Gegenwart anderer Mitarbeiter darauf hinweisen. Wenn Sie das Ego oder die Autorität des Chefs verletzen, wird das zwischenmenschliche Verhältnis nachhaltig beschädigt. Führen Sie daher in diesen Fällen ein Einzelgespräch. Stellen Sie Ihre Sichtweise dar und begründen Sie Ihre Meinung mit Ihren besonderen Fachkenntnissen oder praktischen Erfahrungen.
Der Chef mit einem gesteigerten Geltungsbedürfnis spricht gerne über sich selbst und an seinem Arbeitsplatz befinden sich oft Urkunden oder Auszeichnungen, die seine Fähigkeiten beweisen. Er ist wenig kritikfähig und reagiert auf fremde Vorschriften und Vorgaben meist ablehnend. Wenn er unter Druck gesetzt oder angegriffen wird, reagiert er unter Umständen aggressiv. Als Mitarbeiter schenken Sie diesem Chef am besten ihren uneingeschränkten Respekt und akzeptieren seine Entscheidungen. Zeigen Sie als Mitarbeiter nicht ungefragt, dass Sie ihm fachlich ebenbürtig oder in einigen Bereichen sogar überlegen sind. Wenn sie eine neue Idee durchsetzen möchten, dann geben sie ihrem Chef einen Hinweis in die entsprechende Richtung und lassen ihm anschließend das Gefühl, dass es seine Idee gewesen ist.
Dieser Cheftyp hat wenig Vertrauen in die Fähigkeiten und das Engagement seiner Mitarbeiter. Er delegiert ungern und kann wichtige Aufgaben nicht vollständig aus der Hand geben. Er ist allgegenwärtig und Mitarbeitende haben das Gefühl, dass der Chef ihnen ständig über die Schulter schaut. Diesem Chef ist nicht bewusst, dass kein Mitarbeiter besser arbeitet, wenn er das Gefühl hat, permanent beobachtet zu werden. Legen Sie in diesem Fall Arbeitsabläufe und Arbeitsweisen gemeinsam detailliert fest und informieren Sie Ihren Chef bei Bedarf regelmäßig von sich aus über ihre aktuelle Tätigkeit. Auf diese Weise reduziert sich vielleicht das Gefühl, Ihre Tätigkeit ständig kontrollieren zu müssen.
Bei störenden Verhaltensweisen des derzeitigen Chefs bringt ein Jobwechsel leider nicht immer die erhoffte Verbesserung, weil man am neuen Arbeitsplatz mit den Eigenarten eines anderen Chefs konfrontiert wird. Deshalb ist es häufig sinnvoll, zunächst die Zusammenarbeit mit dem derzeitigen Chef so weit wie möglich zu verbessern. Unterstellen Sie Ihrem Chef grundsätzlich keine böse Absichten oder Gleichgültigkeit. Bedenken Sie, dass sein Verhalten einen Grund haben kann, den Sie vielleicht nicht kennen oder dass Ihrem Chef die negativen Auswirkungen seines Verhaltens nicht bewusst sind.
Bei dauerhaft störenden Verhaltensweisen sollten Sie ein Vier-Augen-Gespräch führen. Sagen Sie, was Sie stört und was Sie sich stattdessen wünschen. Wenn sich im Gespräch keine einvernehmliche Lösung finden lässt, können Sie sich entweder mit der unbefriedigenden Situation abfinden oder Sie ziehen die Konsequenzen und beginnen mit der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz.