So vielfältig ist die Tomate |
Rot, grün, gelb und lila: Die Welt der Tomaten ist bunt! / © Adobe Stock/Christian BERND
Wer an Tomaten denkt, hat sofort Italien im Kopf – Pasta, Pizza, Bruschetta. Doch ihre wahre Heimat liegt viel weiter westlich: in Südamerika. Dort wurden Tomaten schon vor Jahrhunderten von den Azteken kultiviert, die sie »xitomatl« nannten – das bedeutet so viel wie »pralle, saftige Frucht«. Als die Spanier im 16. Jahrhundert aus Mittel- und Südamerika zurückkehrten, nahmen sie die Tomate mit nach Europa. Doch hier stieß sie zunächst auf Skepsis: Zu nah schien ihre Verwandtschaft zu den giftigen Nachtschattengewächsen, beispielsweise der Tollkirsche oder dem Stechapfel, die in Europa gefürchtet waren. Also fristete die Tomate ihr Dasein zunächst als exotische Zierpflanze in adligen Gärten. Erst mit der Zeit – und vor allem dank der italienischen Küche – erkannte man ihr kulinarisches Potenzial. Über die Jahre entwickelte sich die Tomate vom dekorativen Außenseiter zum roten Star auf den Tellern Europas.
Botanisch zählt die Tomate zur Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) – wie auch Paprika, Aubergine und Kartoffel. Die meist einjährig kultivierte Pflanze ist krautig, stark verzweigt und trägt klebrige, aromatisch duftende Blätter, an denen man sie sofort erkennt. Ihre Früchte sind Beeren, die bei kultivierten Pflanzen im Durchmesser bis zu 10 cm groß werden können.
Besonders faszinierend ist die Sortenvielfalt der Tomaten: Mehr als 7000 Sorten sind weltweit bekannt – von winzigen Wildtomaten, kaum größer als eine Erbse, bis hin zu schwergewichtigen Fleischtomaten mit über einem halben Kilogramm pro Frucht. Farblich reicht die Palette von klassischem Rot über sonniges Gelb und leuchtendes Orange bis hin zu dunklem Violett und fast schwarzem Blau. Jede Sorte hat ihren eigenen Charakter: ob süß oder säuerlich, fest oder saftig, mild oder aromatisch-intensiv. Diese Vielfalt ist nicht nur ein kulinarisches Vergnügen, sondern auch ernährungsphysiologisch spannend – denn je nach Sorte unterscheiden sich auch Gehalt und Zusammensetzung wertvoller Pflanzenstoffe.
Viele moderne Tomatensorten wurden auf Ertrag, Transportfähigkeit und Haltbarkeit gezüchtet – oft zulasten von Aroma und Nährstoffgehalt. Sortenerhaltungs-Tomaten, also alte, nicht weitergezüchtete Sorten, überzeugen hingegen durch intensiven Geschmack, charakteristische Formen und teils höhere Gehalte an sekundären Pflanzenstoffen wie Lycopin und Anthocyanen. Wer Wert auf Geschmack und gesundheitlichen Mehrwert legt, liegt mit diesen traditionellen Sorten genau richtig. Besonders empfehlenswert sind:
Alte Sorten findet man auf Wochenmärkten, in Bioläden oder beim Gärtner des Vertrauens. Auch viele Saatguthersteller bieten heute wieder alte Sorten für den eigenen Anbau an.
Zwar besteht die Tomate zu rund 95 Prozent aus Wasser, doch die übrigen 5 Prozent haben es in sich: Sie liefern wertvolle Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Besonders bekannt ist das rote Carotinoid Lycopin, ein starkes Antioxidans. Dieses schützt laut Studien Zellen vor oxidativem Stress und zeigt positive Effekte bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie in der Krebsprävention – etwa bei Prostata- oder Brustkrebs. Neben Lycopin enthalten Tomaten Flavonoide wie Quercetin sowie Phenolsäuren und Chlorogensäure, die ebenfalls entzündungshemmend und zellschützend wirken. Diese Stoffe sitzen vor allem in der Schale und dem angrenzenden Fruchtgewebe.
Auch Kalium, Folsäure und eine moderate Menge an Ballaststoffen machen die Tomate zur wertvollen Begleiterin im Alltag. Kalium hilft bei der Blutdruckregulation, Folsäure ist wichtig für Zellteilung und Blutbildung – und die Ballaststoffe unterstützen eine gesunde Verdauung, ohne zu belasten.
Ein spannender Aspekt ist die Bioverfügbarkeit der enthaltenen Wirkstoffe – vor allem beim Lycopin. Während man Vitamin C am besten aus rohen Tomaten aufnimmt, wird Lycopin erst beim sanften Erhitzen wirklich gut verfügbar, da die Zellstrukturen aufbrechen. Besonders wenn Tomaten mit einem hochwertigen Fett wie Olivenöl kombiniert werden, kann der Körper den Naturwirkstoff optimal aufnehmen. Ein klassisches Tomatensugo oder warme Bruschetta sind daher nicht nur köstlich, sondern auch ernährungsphysiologisch besonders wertvoll. Wer also auf eine gesunde Ernährung achtet, profitiert von einer abwechslungsreichen Zubereitung – mit einem Mix aus rohen und gegarten Tomaten.
Beim Einkauf lohnt es sich, genau hinzuschauen. Tomaten sollten prall aussehen und aromatisch duften – das ist ein Zeichen für Reife und Frische. Weiche oder grüne Stellen deuten auf Über- beziehungsweise Unreife hin. Wichtig: Tomaten gehören nicht in den Kühlschrank. Bei Kälte verlieren sie ihr Aroma, da die enzymatischen Prozesse, die den typischen Duftstoff Methylsalicylat erzeugen, unter 10 °C gestoppt werden. Am besten lagert man sie bei Zimmertemperatur, möglichst luftig und getrennt von Ethylen-empfindlichem Gemüse wie Gurken oder Blattsalat beziehungsweise Obst wie Bananen, Äpfel und Birnen.
Auch bei der Zubereitung gilt: Weniger ist oft mehr. Tomaten entfalten ihr Aroma optimal, wenn sie nicht zu stark erhitzt werden – gerade bei frischen Sommersorten ist eine schonende Behandlung in der Küche empfehlenswert. Ein Spritzer Olivenöl oder ein paar Blätter frisches Basilikum reichen aus, um den vollen Geschmack zur Geltung zu bringen.
Ob roh als frischer Snack, auf dem Brot, im Salat oder warm in Suppen, Soßen und Aufläufen – Tomaten passen fast immer. Je nach Sorte bringen sie süße, fruchtige oder würzige Aromen mit. Besonders beliebt sind sie in mediterranen Gerichten, etwa als Basis für Pasta-Soßen, Ratatouille oder die klassische Bruschetta. Dafür werden einige Scheiben rustikales Vollkornbrot leicht geröstet und noch warm mit einer halbierten Knoblauchzehe eingerieben. Reife, aromatische Tomaten werden gewürfelt, mit kaltgepresstem Olivenöl, frisch gehacktem Basilikum, Salz und Pfeffer (gerne auch fein gewürfelten roten Zwiebeln) vermengt – und großzügig auf das knusprige Brot gegeben. Aber auch geschmort, getrocknet oder gefüllt entfalten sie ihre volle Geschmackstiefe.
Erfrischung im Sommer: Eisgekühlte Gazpacho / © Adobe Stock/Vitalina Rybakova
Traditionell wird Gazpacho roh zubereitet – das erhält viele Vitamine, das wichtige Lycopin ist dann jedoch nicht optimal verfügbar. Wird ein Teil der Tomaten leicht erhitzt (kurz über 70 bis 80 °C) und anschließend wieder abgekühlt, verbessert sich die Lycopin-Verfügbarkeit deutlich. Geschmacklich gewinnt das Ganze dabei an Tiefe, da das Erhitzen die natürlichen Aromen der Tomaten hervorhebt.
Zutaten für 4 Gläser (kleine Vorspeise) oder 2 Portionen (Hauptgericht):
Zwei Drittel von 600 g reifen Tomaten (zum Beispiel Roma- oder Strauchtomaten) grob würfeln und mit einer klein gehackten roten Zwiebel und einer zerdrückten Knoblauchzehe in 1 EL Olivenöl etwa fünf Minuten sanft erhitzen. Nach dem Abkühlen die Mischung mit den restlichen rohen Tomaten, einer halben geschälten Gurke (grob zerkleinert), einer roten Paprika, 1 bis 2 EL Rotweinessig, Salz und Pfeffer fein pürieren. Danach gut durchkühlen, mit einem Spritzer Olivenöl abrunden und servieren.
Tipp: Klassisch wird Gazpacho mit kleinen Würfeln aus roher Gurke, Zwiebel und Paprika garniert – für Extra-Biss und Farbspiel im Teller. Dazu passt geröstetes Brot.