So werden Bissverletzungen behandelt |
Verena Schmidt |
15.05.2024 16:00 Uhr |
Katzenbisse sind besonders anfällig für Infektionen, da ihre langen, schmalen Zähne tief in das Gewebe eindringen und so auch Erreger in tiefe Gewebeschichten gelangen. / Foto: Adobe Stock/Northern life
Bei einem Hunde- oder Katzenbiss entstehen meist oberflächliche Schürf-, Riss- und Quetschwunden; bei tieferen Bissen können auch Sehnen, Gelenke oder Knochen geschädigt werden. Wichtig zu wissen ist auf jeden Fall: Bei Bisswunden ist das Infektionsrisiko besonders hoch, denn über den Biss gelangen Bakterien aus der Mundhöhle des Tieres in die Wunde und können sich im Gewebe ausbreiten. Experten zufolge kommt es bei 10 bis 20 Prozent aller Bissverletzungen zu einer Infektion. In seltenen Fällen werden dabei Erreger von Tollwut, Tetanus oder Leptospirose übertragen.
Dabei sind Katzenbisse in puncto Infektion besonders gefährlich: Schätzungen zufolge infizieren sich 30 bis 50 Prozent der Handwunden durch Katzenbisse, vor allem mit dem Bakterium Pasteurella multocida. Dieses findet sich in der Mundflora bei rund 90 Prozent aller Katzen und kann – bei Menschen allerdings recht selten – eine Pasteurellose mit Symptomen im Gastrointestinaltrakt und den oberen Luftwegen auslösen.
Katzenzähne sind relativ dünn und fein, bei einem Biss dringen sie tief in das Gewebe ein – und befördern so auch Krankheitserreger in tiefe Gewebeschichten. Das tatsächliche Ausmaß einer Verletzung durch einen Katzenbiss wird oft unterschätzt. Äußerlich kann der Biss mitunter recht klein wirken, die geschädigte obere Hautschicht verheilt schnell, in tieferen Schichten kann sich jedoch unbemerkt eine Entzündung ausbreiten.
Ob sich eine Bisswunde entzündet, ist abhängig von Art und Lokalisation der Wunde, aber auch vom Zustand des Betroffenen und des Verursachers. Prinzipiell gilt: Ein erhöhtes Risiko haben tiefe und verschmutzte Wunden, Wunden mit starker Gewebszerstörung, Ödem und/oder schlechter Durchblutung sowie Wunden an Händen, Füßen, im Gesicht, an den Genitalien und bei Verletzung von Knochen, Gelenken und Sehnen. Auch Menschen, deren Immunabwehr durch Vorerkrankungen geschwächt ist, sowie Säuglinge und Kleinkinder sind anfälliger für Infektionen.
Alle Bisswunden sollten, auch wenn sie nicht schwerwiegend erscheinen, einem Arzt gezeigt werden. Um das Infektionsrisiko zu senken, sollten Betroffene beziehungsweise Ersthelfer Folgendes beachten: zunächst abwarten, bis die Blutung stoppt, dann erst die Wunde mit kaltem, klarem Wasser ausspülen. Anschließend die Wunde mit einem Wunddesinfektionsmittel desinfizieren und mit einer sterilen Wundauflage plus Mullbinde oder einem Pflaster abdecken. Die betroffene Körperregion sollte bis zum Arztbesuch möglichst ruhig gehalten werden.
Eine Wundinfektion mit Entzündungszeichen wie Rötung, Schwellung, Eiter, pochenden Schmerzen sowie allgemeines Unwohlsein und Fieber tritt meist nach etwa 12 bis 24 Stunden, manchmal aber auch erst nach mehreren Tagen auf. Betroffene sollten dann wieder den Arzt aufsuchen, der ein Antibiotikum verordnen beziehungsweise zunächst eine Blutuntersuchung zum Erregernachweis veranlassen kann. Bei Bisswunden im Gesicht oder an der Hand wird auch oftmals prophylaktisch ein Antibiotikum gegeben.
Für den Arztbesuch sollte man auch den Impfpass bereithalten. Bedeutsam ist vor allem der Schutz vor Tetanus. Ist kein Impfschutz vorhanden, nicht aktuell oder der Impfstatus unbekannt, sollte nach dem Biss vorsorglich eine Tetanus-Impfung verabreicht werden. Wichtig ist auch die Frage: Ist das Tier, das die Bissverletzung verursacht hat, gegen Tollwut geimpft?
Prinzipiell besteht eine Ansteckungsgefahr für Menschen bei Bissen infizierter Tiere oder Wund- beziehungsweise Schleimhautkontakt mit infiziertem Speichel. Zwar gilt Deutschland seit 2010 als praktisch tollwutfrei – die Krankheit tritt hierzulande nur noch bei Fledermäusen auf –, hundertprozentig auszuschließen ist eine Infektion aber nicht, beispielsweise wenn das Tier Kontakt zu Tieren aus endemischen Gebieten (beispielsweise illegal nach Europa importierte Hunde) hatte. Sollte ein Bisskontakt als potenziell gefährlich eingestuft werden, gibt es die Möglichkeit, eine Postexpositionsprophylaxe zu verabreichen: Ungeimpfte erhalten dazu möglichst schnell nach dem Biss eine Tollwut-Impfung plus ein Tollwut-Immunglobulin.
Vor allem nach Katzenbissen können Zeichen einer Wundinfektion schnell auftreten. Der Zustand der Wunde kann sich innerhalb von Stunden verschlechtern und die Entzündung kann sich weiter ausbreiten. Haben die Bakterien bereits einen Gewebeschaden verursacht und ist Gewebe abgestorben, muss das Gewebe operativ entfernt werden.
Aus einem infizierten Biss entsteht unbehandelt in seltenen Fällen eine Sepsis. Wer folgende Symptome bemerkt, sollte umgehend den Arzt beziehungsweise die Notaufnahme aufsuchen: Fieber, eventuell mit Schüttelfrost, ungewöhnlich schweres Krankheitsgefühl, Müdigkeit, Apathie, plötzlich auftretende Verwirrtheit, schnelle, schwere Atmung, erhöhter Puls, niedriger Blutdruck und kalte, fleckige Haut an Armen und/oder Beinen.
Besonders Kinder werden häufig gebissen, oft vom eigenen Haustier der Familie. Kleine Kinder können Reaktionen und das Verhalten von Tieren noch nicht einschätzen und bewerten. Sie merken beispielsweise nicht, wenn sich das Tier bedrängt fühlt. Eltern sollten kleinere Kinder beim Umgang mit Hund und Katze daher immer beaufsichtigen. Die Kinder sollten früh lernen, dass Haustiere keine Spielzeuge sind und dass man rücksichtsvoll mit ihnen umgehen muss.
Folgende Verhaltensregeln können dazu beitragen, Bisse zu vermeiden: