So wirken Alkohol und Koffein auf den Schlaf |
Alkohol beeinflusst die Schlafqualität negativ. Wer ohnehin Probleme beim Ein- und Durchschlafen hat, sollte besser auf den »Schlaftrunk« verzichten. / Foto: Adobe Stock/Pormezz
Da Alkohol – in Maßen genossen – entspannend und somit schlaffördernd wirken kann, genehmigen sich viele Menschen am Abend ein Glas Bier oder Wein als »Schlaftrunk«. Allerdings verändern größere Mengen ab 0,6 g Alkohol pro kg/KG (beispielsweise 1 l Bier, zwei Gläser Wein à 0,2 l oder 6 Schnäpse) belegbar die Schlafarchitektur. So sorgt Alkohol normalerweise für einen schnelleren Schlafeintritt, unterdrückt dann allerdings – vor allem in den ersten Schlafzyklen – den sogenannten REM-Schlaf (REM = Rapid Eye Movement). Der wichtige REM-Schlaf stellt sich dann kompensatorisch erst im letzten Schlafdrittel wieder verstärkt ein, wenn die Alkoholwirkung infolge der Metabolisierung wieder abklingt.
Gesunde Erwachsene bauen stündlich zwischen 6 und 9 g Ethanol ab. Bei Frauen beträgt die stündliche Ethanol-Reduzierung im Blut somit etwa 0,1, bei Männern bis zu 0,2 Promille. Diese REM-Schlaf-Verlagerung wird auch als Rebound-Phänomen bezeichnet. Der Schlaf wird hierbei unruhig und flach und besitzt einen deutlich geringeren Erholungswert im Vergleich zu Schlaf ohne vorausgehenden Alkoholkonsum.
Alkoholgenuss führt bei den meisten Menschen subjektiv zu psychischer Entspannung mit einer erhöhten Gleichgültigkeit gegenüber Problemen und Stresssituationen. Es existieren jedoch klinische Studien, die belegen, dass Alkohol bereits bestehende Depressionen und Angsterkrankungen verschlimmert, die bei Betroffenen vermehrt Schlafstörungen bis hin zu ausgeprägter Schlaflosigkeit provozieren.
Besonders bei längerfristiger Alkoholeinnahme zeigen sich deutliche Veränderungen im Schlaf-EEG. Es kommt zu häufigem Erwachen aus Träumen, zu starkem Schwitzen sowie zu Kopfschmerzen und Mundtrockenheit in der zweiten Nachthälfte. Wird jedoch der zuvor regelmäßige Alkoholkonsum abrupt pausiert, entstehen meist ausgeprägte Insomnien. Im akuten Alkoholentzug nimmt der REM-Schlaf wieder deutlich zu und es kommt – wie Studien belegen – zu augenscheinlich paradoxen Ein- und Durchschlafstörungen mit entsprechender verminderter Schlafeffizienz. Außerdem entsteht eine Verminderung des Tiefschlafs bis hin zu völligem Ausfall. Überdies tritt gleichzeitig eine Verschiebung des Tiefschlafs bis hin zu späteren leichten und oberflächlichen Schlafstadien ein. Alkohol verursacht nachweislich vermehrte und auch verlängerte Phasen von obstruktiver Apnoe. Bevorzugt treten dabei die Schlafapnoen während der REM-Phasen auf. Wie im Wachzustand nimmt auch im Schlaf der Atemwiderstand unter Alkoholeinfluss so stark zu, dass vermehrt Weckreaktionen eintreten.
Neben seinen psychotropen Wirkungen verursacht Alkohol auch zahlreiche Veränderungen an Organsystemen, unter anderem am Atmungstrakt. Beeinträchtigungen der Atmung wirken sich dann auf die Schlafqualität aus. Dass Alkoholkonsum Schnarchen und das Schlafapnoe-Syndrom begünstigt, konnte in epidemiologischen Untersuchungen nachgewiesen werden. Alkohol erhöht sowohl die Anzahl als auch die Dauer obstruktiver Apnoe-Phasen. Der Atemwiederstand steigt unter Alkoholeinfluss auch im Schlaf an, bevor es zu einem vermehrten Auftreten von Weckreaktionen kommt.
Schnarchen und Schlafapnoe entstehen im Pharynx durch einen Kollaps des Weichgewebes. Beide Erscheinungen werden auch als schlafbezogene Atemstörungen (SBAS) bezeichnet. Alkoholgenuss ist die weitaus häufigste Ursache für SBAS sowie deren Folgeerkrankungen. Vergleichende Polysomnografien mit gesunden Personen, die entweder Alkohol genossen hatten oder abstinent geblieben waren, zeigen: Bei Alkoholverzicht wurden Normalisierungen von zuvor behandlungspflichtigen SBAS gefunden.
In der Bevölkerung leiden 1 bis 2 Prozent an obstruktivem Schnarchen und Schlafapnoe. Bei Männern lässt sich eine kontinuierliche Zunahme des Symptoms Schnarchen mit dem Lebensalter beobachten, Frauen sind bis zum Eintritt der Menopause achtfach weniger betroffen. Danach nimmt dieses Phänomen auch bei Frauen zu, sodass im Alter von 70 Jahren etwa 70 Prozent beiderlei Geschlechts schnarchen. Für diese schlafbezogenen Atemstörungen wird eine genetische Disposition angenommen. Letztendlich entstehen Schnarchen und obstruktive Schlafapnoe immer dann, wenn die den Pharynx verengenden Kräfte gegenüber denen dominieren, die ihn offenhalten. Alkohol stört dabei die Muskelkoordination im Schlund.
Bei Verdacht auf obstruktives Schnarchen oder ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom kann ein ambulantes Schlafmonitoring mit einem portablen Gerät hilfreich sein. Mit diesem Gerät lassen sich die Körperposition des Schlafenden, sein EKG, die Sauerstoffsättigung sowie der nasale Atemfluss oder das Schnarchen während der Nachtruhe registrieren. Die Auswertung der Aufzeichnungen entscheidet über die Notwendigkeit einer Überweisung in ein Schlaflabor. Eine Besserung kann auch bereits in einer Reduktion des Körpergewichts und einer Verbesserung der Schlafhygiene bestehen.
Neben chirurgischen Maßnahmen als letzte Option wird als Therapie auch eine nasale CPAP-Behandlung versucht. CPAP steht für Continuous Positive Airway Pressure. Bei diesem Verfahren wird unter Spontanatmung mithilfe eines Kompressors über ein in einer Nasenmaske endendes Schlauchsystem ein kontinuierlicher positiver Druck eingestellt, um so im Schlaf die Atemwege offen zu halten. Bestenfalls kommt es hierdurch zu einer Normalisierung der Atmung im Schlaf und damit zu einer insgesamten Verbesserung der Schlafarchitektur. Als Folge davon verbessert sich die Tagesbefindlichkeit der Patienten beträchtlich. Eine CPAP-Therapie sollte möglichst von einer Alkoholkarenz begleitet sein, da Alkohol einerseits die Adhärenz der Betroffenen verschlechtert und andererseits die Effektivität von CPAP reduziert.
In moderaten Dosen steigert Koffein durch Anregung des Zentralnervensystems die Aufmerksamkeit und die mentale und physische Leistungsfähigkeit. Im Durchschnitt für rund vier Stunden verhilft Koffein zu einer verbesserten Lern- und Merkfähigkeit, indem es auftretende Müdigkeitsgefühle unterdrückt und die Konzentration steigert. Vor allem das Kurzzeitgedächtnis funktioniert besser. Gedankenfluss und gedankliche Verknüpfungen werden gefördert. Auch Stimmung und Antrieb können verbessert sein.
Darin liegt aber auch die Verführung, der Menschen leicht erliegen können, wenn sie eine solche Substanz wie ein Dopingmittel einsetzen. Sie hoffen, dadurch dem Wunsch nach Lern- und Leistungssteigerung rascher nachkommen zu können, was auch als Neuro-Enhancement bezeichnet wird. Koffeinhaltige Substanzen, Getränke und Extrakte wie Kaffee, Tee, Mate, Guarana und auch Cola sollen dem Anwender körperliche Ausdauer und höhere Konzentrationsfähigkeit bei der Arbeit bringen. Gleichzeitig helfen diese Stimulanzien, Hungergefühle zu unterdrücken und Erschöpfungszustände zu überwinden.
Wird aber zu viel und zu häufig Koffein konsumiert – die Menge ist allerdings individuell variabel – mindern die erregenden Nebenwirkungen wie Zittern, Nervosität, Unruhe, Herzklopfen und Schlaflosigkeit die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit wieder, jedoch ohne kompensatorisch die Schlafbereitschaft zu fördern. Im Gegenteil, hohe Dosen von Koffein (circa 200 mg) können bei entsprechender Disposition Angstgefühle auslösen, die das Einschlafen erschweren oder unmöglich machen.
Eine Tasse Kaffee vor dem Einschlafen kann allerdings auch den Schlaf fördern. Dies ist vor allem bei älteren Menschen der Fall. Das Gehirn wird nämlich im Alter schlechter als in jüngeren Jahren durchblutet, was folglich wegen des verminderten Abtransports und des daraus resultierenden Staus von Kohlendioxid im Zentralnervensystem zu Schlafstörungen führt. Kohlendioxid fällt bei der Verstoffwechselung von Glucose an und steigert naturgemäß die Wachheit. Kaffee kann wegen einer Verbesserung der Hirndurchblutung durch die nun beschleunigte Kohlendioxidabfuhr aus dem Gehirn die Einschlafphase verkürzen. Es wird empfohlen, sich unmittelbar nach dem Kaffeegenuss schlafen zu legen, um der sich sukzessive aufbauenden Weckwirkung des Koffeins zu entrinnen. Ebenso ist es ratsam, die Koffeinwirkung besonders dann vorsichtig zu testen, wenn man eher selten und nur geringe Mengen von Kaffee genießt.
Die Auswirkungen auf das Nervensystem sind die Ursache dafür, dass Koffein den Schlafrhythmus beeinträchtigen kann. Aufgrund entsprechender Untersuchungen wird angenommen, dass - neben vielen anderen Botenstoffen - auch der Koffein-Gegenspieler Adenosin an der Regulation des Schlafes beteiligt ist. Je länger das Wachsein andauert, desto mehr Adenosin reichert sich an und das Schlafbedürfnis nimmt zu. Koffein verhindert diese Induktion von Schlaf durch Adenosin.
Bei vielen Menschen wird der Schlaf-Wach-Rhythmus durch Koffein beträchtlich gestört. Nicht wenige Personen müssen bereits ab mittags auf Kaffee oder Tee verzichten, um nachts nicht stundenlang wachzuliegen. Eine Schweizer Untersuchung konnte Folgendes zeigen: Wenn Versuchspersonen, die 40 Stunden wach bleiben sollten, am ersten Abend und am darauffolgenden Morgen 200 mg Koffein erhielten, konnten sie länger konzentriert bleiben als diejenigen, die kein Koffein erhalten hatten. Letztere ermüdeten nach 18 Stunden zusehends. Es gab allerdings auch Studienteilnehmer, die trotz Einnahme von Koffein viel früher müde wurden. Im EEG zeigten sich bei ihnen keine Veränderungen, während das EEG bei den übrigen Teilnehmern zeigte, dass Koffein die Zeit bis zum Einschlafen deutlich verlängerte, selbst dann, wenn es bereits schon am Morgen aufgenommen wurde. Die Schlussfolgerung der Untersucher hieraus war, dass Koffein über 24 Stunden wirken kann und bereits der morgendliche Kaffee den Schlaf der folgenden Nacht empfindlich stören kann.
Frauen können Koffein übrigens bis zu 25 Prozent schneller verstoffwechseln als Männer. Nehmen Frauen orale Antikontrazeptiva ein, verdoppelt sich die Koffein-Halbwertszeit jedoch. Auch eine Schwangerschaft führt zu einem verlangsamten Metabolismus. Während die Eliminations-Halbwertszeit von Koffein bei Erwachsenen normalerweise zwischen drei und fünf Stunden schwankt, erhöht sie sich bei Schwangeren auf 7,5 bis 12,5 Stunden.