So wirkt Alkohol auf das Gehirn |
Dass man sich nach einem alkoholreichen Abend am Folgetag gerädert und abgeschlagen fühlt, ist kaum verwunderlich und hat gleich mehrere Ursachen. / © Adobe Stock/ArtBackground
Von Brummschädel bis Filmriss – Alkohol kann heftige Folgen haben. Im Gehirn werden dabei quasi Gas- und Bremspedal gleichzeitig durchgetreten, wie Martin Morgenthaler, Leitender Oberarzt der Klinik für Neurologie am Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern, erklärt. Getrunkener Alkohol erreicht demnach schon nach sechs Minuten das Gehirn.
In den meisten Hirnregionen wirkt Alkohol dämpfend, wie Morgenthaler erläutert. Zellprozesse würden verlangsamt, vor allem die Reizübertragung, also die Kommunikation zwischen Zellen. Betroffene nehmen das so wahr: »Die Reaktion nimmt ab, mir wird schwindelig, das Sehvermögen lässt nach, ich kann Situationen nicht mehr richtig einschätzen.«
Verlangsamt würden auch Prozesse der Mitochondrien, der Kraftwerke der Zellen – und das verstärkt, wenn Alkohol gemeinsam mit Nikotin konsumiert werde. In der Folge verschlechtere sich die Energieversorgung der Zellen.
Das Extrem einer solchen Dämpfung ist der sprichwörtliche Filmriss. Dann funktioniere die Übertragung vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis nicht mehr, erklärt der Mediziner. »Medizinisch gesehen ist der Filmriss eine Amnesie für Dinge, die ich gerade erlebe.« Im Extremfall könne die Erinnerung an die gesamte Nacht fehlen. »Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt, je schneller und je mehr Alkohol ich konsumiere.« Größer sei sie auch, wenn alkoholische Getränke durcheinander getrunken oder mit anderen Drogen kombiniert würden.
In einigen Hirnregionen wirke Alkohol wiederum aktivierend. »Deshalb haben wir dann diese euphorisierende Wirkung, sind ein bisschen enthemmter, weil Botenstoffe wie Endorphine, Dopamin und Serotonin ausgeschüttet werden«, erklärt Morgenthaler. Es könne ein Rauschzustand entstehen, den man immer mal wieder haben wolle.
Das Wechselspiel aus vor allem dämpfender und vereinzelt aktivierender Wirkung bringe im Gehirn so einiges durcheinander. »Das ist im Prinzip so, wie gleichzeitig Gas und Bremse zu treten. Da kommt die ganze Balance, die da herrschen muss, komplett durcheinander.«
Die Strafe folgt spätestens am nächsten Morgen: Der Schädel brummt. Eine Ursache dafür ist dem Mediziner zufolge, dass beim Abbau von Alkohol Acetaldehyd entsteht. Dieses verändere körpereigene Botenstoffe, in der Folge bildeten sich freie Sauerstoff-Radikale – was Kopfweh verursache. Außerdem enthalte jedes alkoholische Getränk Methanol, bei dessen Abbau Formaldehyd und Ameisensäure entstünden, die ebenfalls Katerbeschwerden verursachten.