So zufrieden sind die Deutschen mit ihrem Sexleben |
Wer in einer festen Partnerschaft lebt, ist mit seiner Sexualität zufriedener als sexuell aktive Singles. / Foto: Adobe Stock/vgstudio
Die meisten Deutschen haben zwischen vier und fünf Mal im Monat Geschlechtsverkehr. Das ist eines der ersten Ergebnisse der deutschlandweiten repräsentativen Studie »Gesundheit und Sexualität in Deutschland« (GeSiD), die Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) unter Leitung von Professor Peer Briken zusammen mit dem Marktforschungsinstitut Kantar und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) durchgeführt haben.
Die Forscher interviewten zwischen Oktober 2018 und September 2019 insgesamt 4955 Personen (2336 Männer und 2619 Frauen) zu ihren sexuellen Erfahrungen sowie zu ihren Beziehungen und Einstellungen. Bei der Befragung wurden neben sexualitätsbezogenen Gesundheits- und Funktionsstörungen unter anderem auch Themenbereiche wie Sexualverhalten und Sexualpraktiken, Liebe und Partnerschaft, sexuelle Lust und Zufriedenheit sowie Erfahrungen mit sexueller Gewalt abgedeckt. Erste Ergebnisse wurden nun in zwei Publikationen im »Deutschen Ärzteblatt« vorgestellt.
Gemäß der Repräsentativumfrage hängt die sexuelle Aktivität einer Person von unterschiedlichen Faktoren ab, unter anderem vom Alter, vom allgemeinen Gesundheitszustand und vom Beziehungsstatus. Menschen, die in keiner festen Partnerschaft leben, gaben deutlich häufiger an, in den vergangenen vier Wochen keinen Sex gehabt zu haben (77 Prozent). Im Gegensatz dazu waren es bei den fest liierten Männern und Frauen nur 20 Prozent. Sexuell am aktivsten sind Männern zwischen 36 und 45 Jahren und Frauen zwischen 26 und 35 Jahren. In den höheren Altersgruppen nimmt die sexuelle Aktivität der Befragung zufolge jeweils ab.
Die Zufriedenheit mit der Sexualität hängt vom Beziehungsstatus ab: So sind sexuell aktive Singles deutlich weniger zufrieden als Befragte in fester Partnerschaft, und in festen Partnerschaften nimmt die sexuelle Zufriedenheit mit zunehmender Beziehungsdauer ab. Vom Alter ist die Zufriedenheit allerdings nicht abhängig.
Negativ wirkt sich Krankheit auf die Sexualität aus. »Selbstberichtete physische und psychische Erkrankungen gehen oft mit erheblichen Belastungen des Sexuallebens einher«, heißt es in einem Bericht. Auch Erkrankungen, die vordergründig keinen expliziten Sexualitätsbezug aufweisen, berührten häufig Fragen der sexuellen Gesundheit. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, Sexualität in der ärztlichen Praxis routinemäßig anzusprechen, empfehlen die Autoren.
Die Untersuchung zeigte auch, dass in der Bevölkerung das Bedürfnis, vorzugsweise in der ärztlichen Praxis vermehrt über sexualitätsbezogene Gesundheitsprobleme zu sprechen. Insbesondere die Kommunikation über sexuell übertragbare Infektionen (STI) findet jedoch nur vergleichsweise selten statt. Nur eine Minderheit der Personen jemals mit einem Arzt über HIV/Aids oder STI gesprochen hat. Bei den Frauen waren es insgesamt 31 Prozent, bei den Männern 21 Prozent. Jüngere Menschen sprechen häufiger als ältere und Frauen häufiger als Männer mit ihrem Arzt über STI.
Außer zu HIV ist der Kenntnisstand gering: Auf die Frage »Welche sexuell übertragbaren Erkrankungen beziehungsweise Infektionen kennen Sie?« nannten 71,1 Prozent der Repräsentativerhebung HIV/Aids, dann folgten Gonorrhö/Tripper (38,6 Prozent), Syphilis (31,9 Prozent), Chlamydien (11,7 Prozent), Genitalen Herpes (10,6 Prozent), Hepatitis B (10,3 Prozent), Genitalwarzen (4,4 Prozent), Schamhaar/Filzläuse (2,8 Prozent) und Trichomonaden (0,4 Prozent).
Laut Studie sprechen im Gegensatz zu älteren Menschen (nur 9 Prozent) mehr als 40 Prozent der heute 18- bis 25jährigen vor ihrer ersten gemeinsamen sexuellen Erfahrung mit einem neuen Partner über STI. Der Großteil der Menschen, bei denen eine STI diagnostiziert wurde, hat ihren Partner über die Infektion informiert. Allerdings haben der Befragung zufolge - je nach Erkrankung - ein bis drei von zehn Befragten nicht mit ihm über die Infektion gesprochen.
Anlässlich der Vorstellung der GeSiD-Studie zeigte sich die BZgA-Leiterin, Professor Dr. Heidrun Thaiss, erfreut, dass die Bevölkerung hinsichtlich HIV/Aids gut informiert ist. Hierzu hätten sicherlich auch die kontinuierlich weiter entwickelten Präventionsmaßnahmen der Bundeszentrale in den letzten Jahrzehnten beigetragen. »Die GeSiD-Daten bestätigen allerdings auch, dass der Informationsstand der Bevölkerung zu anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen gering ist«, sagt Thaiss in einer Pressemitteilung der Bundeszentrale. Es müsse nun darum gehen, niedrigschwellige Angebote zur Stärkung der Kommunikation hinsichtlich STI im ärztlichen Beratungsgespräch sowie zielgruppenspezifische Versorgungs- und Präventionsmaßnahmen zu forcieren. Die GeSiD-Studie zeige: Es besteht Handlungsbedarf.