PTA-Forum online
Ausfall der Zapfen

Spektrum der Farbsehstörungen

Das Farbensehen ist die empfindlichste Sinnesleistung des menschlichen Auges. Sie ist aber nicht bei allen Menschen gleich stark ausgeprägt. Die Einschränkungen reichen von Schwierigkeiten beim Erkennen einzelner Farben bis hin zur vollständigen Farbenblindheit.
Carina Steyer
16.03.2023  08:00 Uhr

Rot, grün, blau – die meisten Menschen erkennen diese Farben problemlos. Zu verdanken haben Normalsichtige das den etwa 6 Millionen Zapfen in ihrer Netzhaut. Diese Zellen sind auf die Wahrnehmung von Licht unterschiedlicher Wellenlänge spezialisiert. Das Empfindlichkeitsmaximum der sogenannten L-Zapfen liegt im langwelligen Bereich des sichtbaren Spektrums. Sie sind für die Wahrnehmung der Farbe Rot zuständig. M-Zapfen haben ihr Empfindlichkeitsmaximum bei 530 nm. Sie detektieren Licht mittlerer Wellenlänge und sind für das Erkennen von Grün verantwortlich. Den kurzwelligen Bereich decken die S-Zapfen ab. Sie ermöglichen das Sehen von Blau, ihr Empfindlichkeitsmaximum liegt bei 420 nm. Das Sehen aller Farben wird möglich, wenn die Zapfen gleichzeitig gereizt werden.

Neben Farben können normalsichtige Menschen mehrere Millionen Farbnuancen unterscheiden. Das hilft bei der Auswahl der Kleidung, dem Einrichten der Wohnung oder dem Betrachten eines Gemäldes. Wesentlich bedeutsamer ist eine fehlerfreie Farbwahrnehmung jedoch, wenn Farben eine Signalfunktion zukommt sowie für die sogenannte Figur-Grund-Unterscheidung. Diese ermöglicht es, verschiedene Objekte voneinander zu unterscheiden und Gegenstände, die sich teilweise überdecken, auseinanderzuhalten. Farben liefern den dafür notwendigen Kontrast und weisen darauf hin, dass Teile eines Gegenstandes, die durch ein davorstehendes Objekt getrennt werden, in Wirklichkeit zusammengehören. Dies bewahrt uns auch vor inkorrektem Sehen durch Schatten oder Spiegelungen.

Einschränkung bis Totalausfall

Bei Menschen mit einer Farbsehstörung liegt eine Funktionseinschränkung oder ein vollständiger Funktionsausfall der Zapfen vor. Am häufigsten äußert sich dieses durch eine Rot-Grün-Sehschwäche. Sie tritt bei 9 Prozent der Männer sowie 1 Prozent der Frauen auf und existiert in zwei Varianten: Bei einer Grünschwäche (Deuteranomalie) arbeiten die M-Zapfen nicht richtig. Betroffene können dadurch Grüntöne nur eingeschränkt wahrnehmen, sehen sie matter und farbloser als Normalsichtige. Je nach Ausprägung kann es Betroffenen zudem schwerfallen, Rot von Grün zu unterscheiden, Blau von Lila oder Rosa von Grau. Das verstärkt sich, wenn wenig Licht vorhanden ist. Menschen mit einer Rotschwäche (Protanopie) wiederum haben fehlerhafte L-Zapfen. Die Schwierigkeit besteht für sie darin, Rottöne richtig zu sehen und von Grün zu unterscheiden.

Wesentlich seltener als eine Grün- oder Rotschwäche ist die Blauschwäche (Tritanopie). Hier arbeiten die S-Zapfen nicht richtig, die Betroffenen haben Schwierigkeiten beim Unterscheiden von Hellblau und Grau, dunklem Lila und Schwarz, Mittelgrün und Blau sowie Orange und Rot.

Wie ausgeprägt eine Farbsehstörung ist, hängt von der Funktionseinschränkung der Zapfen ab. Neben dem Funktionsverlust eines Zapfentyps (Monochromasie) kann es auch zum Ausfall zweier (Dichromasie) oder aller Zapfentypen (Achromasie) kommen. Letztere führt zu einer totalen Farbenblindheit, bei der ausschließlich Graustufen wahrgenommen werden können.

Manchmal lange unbemerkt

Obwohl die Farbenblindheit umgangssprachlich recht häufig aufgegriffen wird, ist sie medizinisch betrachtet sehr selten. Experten schätzen die Zahl der Betroffenen in Deutschland auf etwa 3000, wobei Männer und Frauen gleich häufig erkranken. In der Regel wird eine totale Farbenblindheit schon bei Kindern früh erkannt, da sie mit starken Einschränkungen der Sehschärfe oder einer extrem hohen Lichtempfindlichkeit einhergeht. Beides liegt daran, dass bei farbenblinden Menschen nur die Stäbchen funktionsfähig sind, die auf das Sehen in der Dämmerung und Nacht ausgelegt sind.

Anders sieht das bei angeborenen Farbsehstörungen auf. Da Betroffene ihre Umwelt nicht anders kennen, bemerken sie selbst die veränderte Farbwahrnehmung nicht. Manchmal fällt es im Kindesalter auf, wenn Gegenstände nach Farben sortiert werden sollen oder bei einer Routineuntersuchung beim Augenarzt. Es gibt jedoch immer wieder auch Betroffene, die erst im Erwachsenenalter bemerken, dass sie Farben anders wahrnehmen als ihre Mitmenschen. Darüber hinaus kann eine Farbsehstörung auch erst im Laufe des Lebens auftreten. Sie ist dann die Folge einer Erkrankung, zum Beispiel einer Makuladegeneration oder einer Optikusatrophie (einem Schwund der Sehzellen im Sehnerv).

Farbensehen testen

Liegt der Verdacht auf eine Farbsehschwäche vor, lässt diese sich unkompliziert feststellen. So existieren für die Rot-Grün-Schwäche die Ishihara-Tafeln: Hier sind viele Kreise unterschiedlicher Größen und Farben abgebildet. Normalsichtige können darauf Zahlen oder Figuren erkennen. Menschen mit einer Rot-Grün-Schwäche fällt das Erkennen schwer oder sie lesen eine falsche Zahl. Für Kinder ab drei Jahren gibt es den sogenannten Color-Vision-Testing-Made-Easy-Test (CVTNE-Test), der Symbole wie Kreise, Sterne, Hunde oder Quadrate zeigt. Auch das Sortieren farbiger Plättchen oder Hütchen sowie eine Untersuchung mit dem Anomaloskop, bei dem Patienten die Farbe in einem Testfeld an die Farbe eines Vergleichsfeldes anpassen müssen, geben schnell Aufschluss.

Wie eingeschränkt Betroffene mit einer Farbsehstörung in ihrem Alltag sind, hängt in erster Linie von der Ausprägung der Erkrankung ab. Schwierigkeiten können zum Beispiel beim Lesen von U-Bahn-Fahrplänen, Formularen mit farbigen Markierungen oder mehrfarbigen Grafiken auftreten. Im Straßenverkehr kann es zu Problemen kommen, wenn etwa die Bremslichter eines vorausfahrenden Fahrzeuges nicht oder zeitlich verzögert wahrgenommen werden. Aus diesem Grund ist die Fahrgastbeförderung oder das Lenken eines LKWs nur bei leichten Farbsehstörungen erlaubt. Piloten müssen ein normales Farbensehen oder zumindest Farbsicherheit nachweisen können. Für den Erwerb des Segel- oder Motorbootführerscheins sowie in Berufen wie Polizist, Zahnarzt, Maler und Lackierer oder Chemielaborant ist die volle Farbsehtüchtigkeit Voraussetzung. Beim Militär wiederum wurden Menschen mit einer Rot-Grün-Schwäche bereits gezielt eingesetzt. Sie können Farben aus dem braunen und gelben Bereich viel nuancenreicher wahrnehmen als Normalsichtige und deshalb Tarnfarben wesentlich besser und schneller erkennen. Zudem können sie bei Dämmerungslicht schärfer sehen als Normalsichtige.

Hilfsmittel erleichtern Alltag

Eine ursächliche Behandlung von Farbsehstörungen gibt es derzeit nicht. Um den Alltag zu erleichtern, stehen allerdings verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung. So können spezielle Brillen einzelne Wellenlängen filtern und dadurch Farbkontraste verstärken. Auch an Tablets und Computerbildschirmen können Farbfilter verwendet werden, die die Farbwidergabe am Monitor so verändern, dass der Farbkontrast auf die jeweilige Farbsinnstörung abgestimmt wird. Betroffene sehen nicht mehr die Farben, die sie verwechseln, sondern die, die einen besseren Kontrast haben. Mit Apps können Gegenstände über die Kamera anvisiert werden, anschließend wird die jeweilige Farbe genannt.

Praktisch kann auch das Farbenalphabet colorAdd® des portugiesischen Grafikdesigners Miguel Neiva sein. Hier werden die Grundfarben (Rot, Gelb, Blau) mit drei Symbolen dargestellt. Alle weiteren Farben ergeben sich aus einer Kombination dieser drei Zeichen. Zusätzlich gibt es zwei weitere Zeichen für weiß und schwarz, deren Kombination wiederum Grauwerte darstellen kann. Der Spieleverlag Mattel hat dieses System zum Beispiel genutzt, um eine Version des Kartenspiels Uno für Menschen mit Farbsehschwäche herauszubringen.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa