Sport in der kalten Jahreszeit |
Sport ist auch bei eisigen Temperaturen gesund. Beim Training im Freien gibt es dann aber einiges zu beachten. / Foto: Getty Images/vgajic
Kaltes, graues und ungemütliches Wetter treibt nicht jeden enthusiastisch vor die Haustür. Dennoch: »Bewegung und Sport sind zu jeder Jahreszeit möglich und auch gleich gesund. Man muss nur ein paar Tipps beachten und sich ein wenig anpassen«, sagt Professorin Dr. Christine Joisten von der Deutschen Sporthochschule Köln im Gespräch mit PTA Forum.
Eine konkrete Temperatur, ab der Sport im Freien ungesund ist, gebe es nicht. Grob empfehlen Sportmediziner Training im Freien bis zu Temperaturen von minus 10 bis minus 15 Grad Celsius. Ist es noch kälter, sollte man draußen besser keinen Sport machen. Denn je niedriger die Lufttemperatur, desto größer ist der Unterschied zur eigenen Atemtemperatur. Und dadurch wird es umso anstrengender für den Körper, seine Kerntemperatur konstant zu halten. Dennoch sei es sehr individuell, ob der Sportler die kalte Winterluft als unangenehm empfindet oder nicht. Dabei spielen auch Luftfeuchtigkeit und Windgeschwindigkeit eine Rolle. Bei starkem Wind etwa könne die gefühlte Temperatur nochmals kälter wirken.
Im Hinterkopf sollte man auch behalten, dass Kälte den Sympathikus aktiviert: Blutdruck und Puls steigen an. Für Gesunde sei das unbedenklich, so die Sportmedizinerin. Wer jedoch Bluthochdruck oder eine Herzerkrankung habe, sollte vor Trainingsstart eine Sportvorsorgeuntersuchung machen. Das gelte auch für ältere Menschen. So könne ein mögliches erhöhtes Belastungsrisiko durch den Sport generell und speziell im Kalten ausgeschlossen werden.
Zudem kann kalte Luft die Atemwege reizen. Bei manchen Sportlern ziehen sich die Bronchien so stark zusammen, dass der Sportler einen Reizhusten entwickelt oder gar einen Asthmaanfall erlebt. »Bei einer entsprechenden Neigung empfehle ich, durch die Nase statt durch den Mund zu atmen«, rät Joisten. So werde die Luft angefeuchtet und vor allem aufgewärmt, bevor sie in die Lunge gelangt. Die Nasenatmung sei umso wichtiger, je niedriger die Außentemperatur ist. Helfen könne auch ein Schal oder ein Funktionstuch vor Mund und Nase.
Die Haut sollte man vor dem Sport im Freien gut eincremen, um sie vor der Kälte zu schützen. Bei der Kleiderwahl hat sich laut Joisten das Zwiebelschalenprinzip bewährt: Wer mehrere dünne Schichten Kleidung übereinander zieht, kann einzelne Stücke ausziehen, wenn es zu warm wird. Starkes Schwitzen sollte man auf jeden Fall vermeiden, weil der Körper dann auch schneller auskühlt und damit die Erkältungsgefahr steigt. Joisten empfiehlt atmungsaktives Material. Wolle hat den Vorteil, dass sie mehr Feuchtigkeit aufnimmt als Polyester und daher am Körper trockener bleibt. Kleidung aus Polyester dagegen trocknet schneller, wenn sie nass geworden ist.
Zum passenden Outfit gehören auch Mütze und Handschuhe, denn fast ein Drittel der Körperwärme verliert der Mensch über Kopf und Hände. Geeignete Schuhe wärmen nicht nur die Füße und halten sie trocken, sie haben auch ein rutschfestes Profil. Im Winter gilt wie auch im Herbst: auf den Untergrund achten. Der Boden kann durch den Regen matschig und damit rutschig sein, ebenso durch herabgefallene Blätter. Im Winter kann noch Eis hinzukommen. Daran muss denken, wer sportlich zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist.
Was ist bei einer laufenden Nase zu beachten? Professorin Dr. Christine Joisten von der Deutschen Sporthochschule Köln: »In der Sportmedizin gilt die Faustregel: Wenn das Nasensekret durchsichtig und flüssig ist, kann man noch leicht bis allenfalls moderat Sport machen. Wenn es gelb-grünlich ist, sollte man es lassen.« Natürlich hänge dies auch immer von der Intensität ab: Eine lockere Laufrunde oder ein Spaziergang seien womöglich okay. Von einem intensiven Workout rät die Expertin dann aber ab. Das gelte insbesondere auch bei einem fiebrigen Gefühl oder Halskratzen. Während der Pandemie sollte man sich bei diesen Symptomen am besten auf das Coronavirus testen lassen. Bei Fieber ist Bettruhe angesagt. Wer die Warnsignale des Körpers überhört und Sport treibt, riskiert eine Herzmuskelentzündung. Damit ist nicht zu spaßen: Im schlimmsten Fall kann diese zu Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen oder sogar zum Tod führen.
Und wie sollte man den Sport ausüben? Wer pausiert hat oder gar neu etwa mit dem Lauftraining startet, sollte langsam beginnen. Hier rät Joisten zunächst zu flottem Gehen statt zu Jogging. Aber auch Trainierte sollten wissen: »Höchstleistung ist im Winter nicht unbedingt angesagt, vor allem nicht bei zweistelligen Minusgraden. Lieber öfter mal etwas machen und dafür kürzer und langsamer«. Joistens Tipp: Wer während des Laufens wenig schwitzt, noch reden und bei jedem vierten Schritt durch die Nase ein- beziehungsweise ausatmen kann, ist auf der sicheren Seite. So werden Körper und Immunsystem nicht überstrapaziert.
Denn Bewegung ist ein Reiz für den Körper, auf den dieser reagiert. Moderates Training setzt einen positiven Reiz, der den Körper und sein Immunsystem stärkt. Es wird darauf trainiert, angemessen auf einen Reiz zu reagieren und nicht sofort überzuschießen.
Ein intensives Training bewirkt jedoch neben positiven Effekten auch, dass der Körper Cortisol ausschüttet. Dieses schwächt das Immunsystem, und man kann sich leichter erkälten – insbesondere im Winter, weil dann mehr Viren unterwegs sind. Wie lange dieser sogenannte Open-Window-Effekt anhält, hängt von der Art der Belastung ab, üblich sind 24 bis 48 Stunden nach dem Sport. Bei Marathonläufern kann er auch bis zu zwei Wochen nach einem Wettkampf andauern.
Daher rät Joisten, ein bis zwei Tage nach dem Training darauf zu achten, ob es einem gut geht oder ob man sich schlapp fühlt. Ist Letzteres der Fall, dann sollte man das nächste Training moderater angehen. »Ob jemand nach einem intensiven Training anfälliger für Infektionen ist und wenn ja, für wie lange, ist aber sehr individuell«, betont die Expertin.
Aufwärmen vor dem Sport vermeidet Zerrungen, die durch zu kalte Muskeln entstehen können. Nach dem Sport sollte man schnell verschwitzte Kleidung ausziehen und sich warm duschen. So kühlt der Körper nicht aus. Abrunden kann man das Training mit einem warmen Tee. Denn auch während des Sports bei niedrigen Temperaturen verliert der Körper Flüssigkeit durch das Schwitzen und Atmen, wenn auch weniger als im Warmen.
Sport auch im Winter zu treiben, hat verschiedene Vorteile: Ein ganzjähriges Training schützt vor einem starken Leistungsabfall. Im Frühjahr muss man quasi nicht wieder bei null anfangen. Neben Kalorienverbrennung und einer besseren Hirn- und Körperdurchblutung aktiviert Bewegung hormonelle Kaskaden und setzt Endorphine frei, wodurch wir uns besser fühlen. Bewegungsmangel dagegen ist ein Risikofaktor für eine Winterdepression, ebenso Lichtmangel und möglicherweise ein niedriger Vitamin-D-Spiegel. Wer sich also beim Sport im Freien möglichst bei Tageslicht (und Sonnenschein) aufhält, tut seiner Psyche auf vielfache Weise etwas Gutes. Das Selbstvertrauen ist zudem gestärkt, weil man aktiv etwas geschafft und den inneren Schweinehund überwunden hat.
Der Vorsatz, sich draußen zu bewegen, ist da, der Wille fehlt oft. Joisten hat einige Tipps für die Eigenmotivation: Feste Uhrzeiten, etwa nach der Arbeit, oder feste Tage, etwa immer samstags gegen 9 Uhr, können helfen. Oder man verabredet sich mit einer Freundin zum Sport. Denkbar ist auch die Mitgliedschaft in einem Sportverein, etwa in einer Wandersportgruppe.
Natürlich funktioniert im Winter auch Hallensport oder das Training im Fitnessstudio. Neben Ausdauertraining auf dem Laufband oder Krafttraining an Geräten bieten viele Studios abwechslungsreiche Kurse an. Je nach Vorliebe kann man sich mit Spinning, Tanzen oder Zumba fit halten. Außerdem wurden im Rahmen der Pandemie viele Kurse und Angebote für digitale Formate aufbereitet.
In der Tat bietet der Sport zu Hause eine Vielzahl an Möglichkeiten: Wer genug Platz hat, kann auf dem Hometrainer seine Kilometer strampeln. Auf der Sportmatte lässt es sich ebenso gut trainieren, offline oder mithilfe von Fitness-Apps oder Youtube-Videos.