Stechmücken erfolgreich abwehren |
Verena Schmidt |
23.05.2025 08:30 Uhr |
Repellentien vernebeln den Stechmücken die Sinne – sie können ihr Ziel dann nicht mehr finden. / © Getty Images/SimpleImages
Die größte Gefahr geht Experten zufolge von der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) aus. »Diese Art breitet sich zunehmend in Deutschland und anderen europäischen Ländern aus und ist nicht nur eine Plage, sondern auch ein wichtiger Überträger von Krankheitserregern wie dem Dengue- und dem Chikungunya-Virus«, sagte Professor Dr. Jonas Schmidt-Chanasit bei einer digitalen Pressekonferenz der Firma Hermes Arzneimittel.
Der Virologe ist Leiter der Abteilung Arbovirologie und Entomologie am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg. Er resümierte, dass die Eier der ursprünglich in Südostasien beheimateten Stechmücke erstmals 2007 in Baden-Württemberg gefunden worden waren. »Aufgrund des Reiseverkehrs und der steigenden Temperaturen und milden Wintern konnte sich die Tigermücke bis nach Berlin ausbreiten.«
Die aufgrund des Klimawandels steigenden Temperaturen in Deutschland hätten zweierlei Effekte auf die Ausbreitung von Tropenkrankheiten, erklärte der Virologe. »Bei höheren Temperaturen kann die Stechmücke ihre Entwicklungsphasen vom Ei über Larve und Puppe bis zur adulten Mücke schneller durchlaufen. Bei 30 °C kann das innerhalb von einer Woche ablaufen, bei 15 °C dauert dies drei bis vier Wochen.«
Hinzu komme: Hohe Temperaturen ermöglichten es den Viren, nach der Blutmahlzeit die unterschiedlichen Kompartimente im Körper der Stechmücke schneller zu durchdringen. »Das Virus kommt also schneller im Speichel der Mücke an.« Diese extrinsische Inkubationszeit beträgt Schmidt-Chanasit zufolge bei Temperaturen über 30 °C mindestens eine Woche, bei Werten unter 20°C seien es eher drei bis vier Wochen. Mit Infektionen sei hierzulande daher vor allem im Hoch- und Spätsommer ab Juli zu rechnen, denn die Viren brauchen ihre Zeit, bis sie sich in den Stechmücken repliziert haben.
Eine weitere invasive Stechmückenart, die sich in Deutschland ausbreitet, ist die Japanische Buschmücke (Aedes japonicus). Ursprünglich stamme sie aus Ostasien und sei in den 2000er-Jahren erstmals in Deutschland nachgewiesen worden, so Schmidt-Chanasit. Mittlerweile hat sich die Mücke in vielen Teilen des Landes etabliert, vor allem in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg. Im Vergleich zur Tigermücke ist sie dem Experten zufolge weniger aggressiv, aber auch sie kann Erreger wie das West-Nil-Virus oder das Japanische Enzephalitis-Virus übertragen.
Übrigens: Anopheles-Mücken, die klassischen Überträger der Malaria-auslösenden Plasmodien, werden aufgrund des Klimawandels zukünftig keine größere Gefahr in Deutschland darstellen, ist sich der Virologe sicher. Für eine Malaria-Übertragung sei es notwendig, dass Anopheles-Mücken bei infizierten Patienten Blut aufnehmen und die Plasmodien dann weitergeben. In Deutschland sei die medizinische Versorgung gut, Patienten würden frühzeitig behandelt, so Schmidt-Chanasit. »Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass es hierzulande zu Malaria-Ausbrüchen kommt.«
Das wichtigste von Insekten übertragene Virus ist das Dengue-Virus. Weltweit kommt es jährlich zu bis zu 400 Millionen Dengue-Infektionen; auch in Europa wurden in den vergangenen Jahren vermehrt autochthone Infektionen registriert. Im Mittelmeerraum ist die Tigermücke schon stark verbreitet – und es spricht laut Schmidt-Chanasit nichts dagegen, dass sie sich den kommenden Jahren in Deutschland ähnlich ausbreiten wird. Reiserückkehrer träfen dann in Deutschland auf die heimische Tigermückenpopulation; Infektionen könnten sich so rasch verbreiten, warnte er.
Aber auch einheimische Mückenarten wie Aedes sticticus, Culex torrentium oder Culex pipiens sollte man im Blick behalten: Bei Temperaturen ab etwa 24 °C können auch sie etwa das Chikungunya-Virus übertragen, wie Laborversuche des BNITM zeigen. Bei einer Temperaturzunahme könnten also weite Flächen Deutschlands zum Chikungunya-Risikogebiet werden, sagte der Arboviren-Experte.
Und auch das West-Nil-Virus kann von der normalen Hausmücke übertragen werden. Es kommt schon in Deutschland vor, hauptsächlich im Osten. »Das Virus zirkuliert hier zwischen Vögeln und Stechmücken und kann in Ausnahmefällen auf den Menschen übertragen werden. Der große Unterschied zu den anderen Viren ist, dass eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung über die Stechmücken nicht stattfinden kann, man braucht immer einen Vogel, in dem sich das Virus repliziert.«
Wie kann man sich also schützen? An erster Stelle nannte Schmidt-Chanasit die verfügbaren Impfungen etwa gegen Dengue und Chikungunya. Eine weitere wichtige Maßnahme ist die Verwendung von Repellentien etwa mit DEET oder Icaridin (siehe Kasten). Einen gewissen Schutz bieten ihm zufolge auch Barrieremaßnahmen wie Fliegengitter am Fenster und Mosquitonetze über dem Bett. Diese können zusätzlich – wie auch die Kleidung – mit einem Insektizid wie Permethrin imprägniert werden (wie NoBite® Kleidung Spray). Raumvernebler und Pestizidspiralen zeigen laut dem Arzt eine begrenzte Wirksamkeit, unwirksam sind ihm zufolge Citronella-Kerzen, Mückenschutz-Armbänder und elektronischer Mückenschutz.
Neben persönlichen Schutzmaßnahmen im Kleinen entwickeln Forschende immer mehr biologische Möglichkeiten, um die Mücken in der Breite zu bekämpfen. Zum Beispiel hat sich die biologische Bekämpfung mithilfe von natürlichen Feinden wie dem Hüpferling (Megacyclops viridis), einem kleinen Krebs, bewährt, ebenso wie die Sterile-Insekten-Technik (SIT), bei der sterile Männchen zur Populationskontrolle ausgesetzt werden.
Wichtig ist in jedem Fall, die Brutstätten für die Tigermücke zu reduzieren. Stehendes Wasser in Blumentopfuntersetzern, in Regenrinnen, Regentonnen oder alten Reifen sollte vermieden werden, denn hier legen die Mücken ihre Eier ab. Für die Regentonne eignen sich Schmidt-Chanasit zufolge auch Tabletten mit Bacillus thuringiensis israelensis (BTI; zum Beispiel in Culinex®), einem Toxin, das auch natürlich im Erdreich vorkommt. Es verhindert für mehrere Wochen, dass Stechmückenlarven dort schlüpfen können.
Wirkstoff | Präparate (Beispiele) | Wirkung | Was beachten? |
---|---|---|---|
DEET (Diethyltoluamid) |
• AntiBrumm® Forte (30 %) – im April 2025 Testsieger bei Stiftung Warentest (Note 1,7), beim Mücken- und Zeckenschutz »sehr gut«, bietet bis zu 7,5 Stunden Schutz • AntiBrumm® Ultra tropical (50 %) • Care Plus® Anti-Insect DEET (50 %) • Nobite® Hautspray (50 %) |
• länger als 60 Jahre auf dem Markt, gilt als Goldstandard unter den Repellents • Schutz vor heimischen und tropischen Mücken und Zecken, Fliegen, Bremsen, Milben • Wirkdauer abhängig von Gehalt (bis zu 10 Stunden) und weiteren Faktoren, zum Beispiel Schwitzen • Ab 20 Prozent tropentauglich |
• Je nach Konzentration für Kinder ab 2 beziehungsweise 3 Jahren geeignet • Nicht für Schwangere, Stillende und Säuglinge • DEET kann Kunststoffe, beispielsweise von Brillengestellen oder Uhren, angreifen • Erst Sonnenschutz auftragen, nach 30 Minuten DEET-Präparat anwenden |
Icaridin (auch Saltidin®) |
• Anti Brumm® Kids Sensitive (10 %, ab 1 Jahr) • Autan® Family Care (10 %) • Ballistol Stichfrei sensitiv (9,8 %, ab 6 Monaten) • Autan® Multi Insect (20 %) • Mosquito® protect Mücken-Schutzspray (20 %) • Nobite® Haut Sensitive (30 %) |
• Wirkung vergleichbar mit der von DEET/bis zu 8 Stunden gegen Mücken/gegen Zecken bis zu 6 Stunden • Ab 20 Prozent tropentauglich |
• Produkte meist zugelassen ab 2 Jahren, teils auch in Schwangerschaft und Stillzeit (Herstellerangaben beachten) • Hautverträglicher als DEET • Sprays sind teilweise auch auf der Kleidung anwendbar |
EBAAP (Ethylbutylacetylaminopropionat) | • Ballistol® Stichfrei Kids |
• Wirkung bis zu 4 Stunden gegen Bremsen, Fliegen, Mücken, Zecken, Bienen und Wespen • Nicht tropentauglich |
• Anwendung bei Kindern ab 2 Monaten und in der Schwangerschaft möglich |
PMD (Citriodiol), Bestandteil des ätherischen Zitronen-Eukalyptusöls |
• Anti Brumm® Naturel (auch auf der Kleidung anwendbar) • Soventol® Protect Intensiv-Schutzspray |
• Repellente Wirkung ist nachgewiesen, Wirkspektrum entspricht dem von Icaridin, Wirkdauer jedoch kürzer • Nicht tropentauglich |
• In der Regel anwendbar bei Kindern ab einem Jahr sowie nach Rücksprache mit dem Arzt in der Schwangerschaft und Stillzeit |