Stigmatisierung psychisch Kranker vermeiden |
Menschen mit psychischen Erkrankungen erleben die Stigmatisierung oft als »zweite Krankheit«. / Foto: Getty Images/franckreporter
Ausgrenzung und Benachteiligung – damit haben Menschen mit psychischen Erkrankungen alltäglich zu kämpfen. Aber warum ist das so? Ein wichtiger Grund dafür ist die Stigmatisierung. Das bedeutet, eine psychisch kranke Person wird nicht als Individuum beurteilt, sondern aufgrund der Eigenschaften, die psychisch Kranken im Allgemeinen zugeschrieben werden.
Typische Meinungen über psychisch Kranke sind zum Beispiel, dass sie »inkompetent, gefährlich oder selbst schuld« seien, so Stigmaforscher Professor Nicolas Rüsch, Professor für Public Mental Health an der Uni Ulm und am Standort Mannheim-Heidelberg-Ulm des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG). Die Folgen können gravierend sein. Denn oft entsteht bei Betroffenen »eine Negativspirale aus Rückzug, Demoralisierung und sogar erhöhtem Suizidrisiko«.
Die Stigmatisierung kann für Betroffene zur großen Belastung werden. In Fachkreisen wird hier von der »zweiten Krankheit« gesprochen. Die Lebensqualität kann erheblich beeinträchtigt sein. Denn die Folgen sind soziale Isolation, verschlechterte Gesundheit oder auch die Vermeidung einer wirksamen Behandlung, denn aufgrund der negativen Bewertungen, die mit psychischen Erkrankungen verbunden werden, gehe viele Betroffene nicht oder erst spät zum Arzt, um die Diagnose »psychisch krank« zu vermeiden, so das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit.
Viele entwickeln auch ein sogenanntes Selbststigma. Das bedeutet, sie verinnerlichen die Vorurteile, die man ihnen gegenüber hegt. Sie denken also, »weil ich psychisch krank bin, muss ich inkompetent sein«. Das Problem ist enorm: Eine weltweite Studie habe ergeben, dass rund 80 Prozent der Befragten Stigmatisierung erlebt haben, so Rüsch.
Auch für Angehörige ist Stigmatisierung im Alltag ein Problem. Und nicht nur das: »Insbesondere Nahestehende von schwer psychisch Erkrankten haben dadurch selbst ein erhöhtes Risiko, psychische Gesundheitsprobleme zu entwickeln«, sagt Heike Petereit-Zipfel vom Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (BApK) und Mitglied im Trialogischen Zentrumsrat.