STIKO für Auffrischungsimpfung bei Immungeschwächten |
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigte diese Strategie Anfang September. Er wolle nicht warten, bis in den Pflegeheimen wieder Menschen sterben, sagte er. Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, kritisiert dagegen das Vorpreschen der Bundesländer. »Das Votum der STIKO galt es abzuwarten«, sagte er der dpa. Er sei auch weiterhin kein Freund von ungeprüften Booster-Massenimpfungen. »Mit einer Blutuntersuchung lässt sich mit Blick auf SARS-CoV-2 der Immunstatus eines jeden Menschen checken«, urteilte er.
An den T-Zell-Werten könne abgelesen werden, wie gut ein Mensch geschützt sei – und ob er bereits eine weitere Impfung brauche. Anders als bei den öffentlich finanzierten PCR-Tests gebe es für diese Immunabfrage aber immer noch kein flächendeckendes Laborsystem. Wäre das der Fall, gebe es solche Untersuchungen mittlerweile zum Preis eines PCR-Tests, sagte Brysch. Die Grenzwerte für die T-Zell-Immunität müssten aber vom RKI festgelegt werden. »Dann bekämen wir ein lernendes System über den Immunstatus verschiedener Altersgruppen jenseits der Daten der Pharmaindustrie«, sagte er. Daran könnten sich auch künftige Impfstrategien ausrichten.
Der Charité-Infektiologe Leif Erik Sander hält Booster-Impfungen für Ältere sowie für Menschen aus anderen Risikogruppen medizinisch für sinnvoll. Im August veröffentlichte er Zwischenergebnisse seiner Forschungsgruppe. Diese bestätigten laut Sander, dass die Immunantwort von älteren Menschen auf die Impfung deutlich stärker nachlasse als bei jüngeren.
Carsten Watzl, Immunologe am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der Technischen Universität Dortmund, sieht die Lage differenziert. »Aus immunologischer Sicht ist das sehr sinnvoll. Das Immunsystem verbessert bei jedem Kontakt mit einem Erreger die Immunreaktion auf diesen deutlich«, sagte er kürzlich. Auch israelische Studien zeigten bei Senioren jüngst solche Effekte. Sowohl ethisch als auch virologisch stellten diese Impfungen indes Probleme dar, ergänzte Watzl. »Weltweit herrscht immer noch Impfstoffmangel. Durch diesen sterben mehr Menschen als hierzulande durch eine dritte Impfung gerettet würden.«
Für andere Experten ist es mit Blick auf das Infektionsgeschehen zudem wichtiger, auch in Deutschland erst einmal junge und gesunde Menschen zu impfen, die bislang noch gar kein Vakzin erhalten haben.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.