Süßer Duft, aber tückischer Inhalt |
Barbara Döring |
31.05.2024 08:00 Uhr |
Alle Pflanzenteile der Zypressenwolfsmilch sind durch den Pflanzensaft giftig. / Foto: Adobe Stock/wiha3
Die Stängel der krautigen, immergrünen Pflanze sind dicht mit nadelartigen, bläulich-grünen Blättern besetzt und wachsen in Gruppen 15 bis 50 cm hoch. Meist kommen zwei unterschiedliche Stängelformen vor: Neben den blühenden gibt es sterile, blütenfreie Triebe, die besonders dicht mit Blättern besetzt sind und zypressenähnlich erscheinen – daher der Name Zypressen-Wolfsmilch. Von April bis Juli zeigen sich die intensiv gelb oder gelbgrün gefärbten Blüten in endständigen Scheindolden.
Drüsen auf den Blüten sondern einen nach Honig duftenden Nektar ab, der Insekten, vor allem Bienen, zur Bestäubung anlockt. Zur Fruchtreife färben sich die Blüten rötlich. Die dreiköpfigen Kapselfrüchte zerbersten bei Berührung explosionsartig, wobei die Samen fortgeschleudert werden. Zudem sorgen Ameisen für die Verbreitung, wenn sie sich am Ölkörper der Samen laben. Alle Pflanzenteile enthalten einen giftigen harz- und kautschukhaltigen Milchsaft, der der Pflanze zum Wundverschluss und als Fressschutz dient.
Die Zypressen-Wolfsmilch bevorzugt nährstoffarme Böden und ist in Europa und Zentralasien bis zur nordwestlichen Türkei auf Magerwiesen, an Weg- und Ackerrändern, an Böschungen, in lichten Wäldern und manchmal massenhaft auf Weiden zu finden. In den Alpen wächst die Staude bis in 2300 m Höhe.
Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias)
Gattung Wolfsmilch (Euphorbia)
Familie der Wolfsmilchgewächse (Euphorbiaceae)
Alle Pflanzenteile der Zypressen-Wolfsmilch sind durch den Milchsaft giftig, der vor allem Diterpenester vom Ingenan-Typ enthält, sogenannte Cyparissias-Faktoren. Sie verursachen bei äußerlichem Kontakt starke Hautirritationen wie schmerzhafte Blasen und Juckreiz. Nach dem Verzehr kommt es zu starken Entzündungen der Schleimhaut in Mund und Rachen. Zudem sind Erbrechen, Bauchkrämpfe, Herzrhythmusstörungen bis hin zum Delir und Kreislaufkollaps möglich. Die enthaltenen Gifte haben auch eine tumorpromovierende Wirkung, das heißt, sie können »schlafende Tumorzellen« zum Wachstum bringen.
Gelangt der klebrige Pflanzensaft in die Augen, lässt er sich nur schwer entfernen und kann Bindehaut- und Hornhautentzündungen verursachen. Die Zypressen-Wolfsmilch ist auch für manche Tiere wie Kühe und Pferde giftig. Zwar meidet Weidevieh die Pflanze wegen ihres scharfen Geschmacks. Doch die Giftwirkung bleibt beim Trocknen erhalten, sodass Vergiftungen beim Verzehr von Heu vorkommen. Für die Raupen des Wolfsmilchschwärmers ist die Zypressenwolfsmilch ein Leibgericht. Sie fressen sich daran satt und werden so selbst für Fressfeinde giftig.
Bei Verdacht auf eine Vergiftung sollte man Pflanzenteile sofort aus dem Mund entfernen und eine der Giftnotrufnummern (siehe unten) oder den Notruf 112 wählen. Die Giftinformationszentren bieten rund um die Uhr telefonische Beratung bei Vergiftungen oder im Verdachtsfall. Als Erste Hilfe wird empfohlen, ein Glas stilles Wasser, Tee oder Saft zu trinken, um das Gift im Magen zu verdünnen. Auch die Gabe von medizinischer Kohle ist sinnvoll.
Bei Aufnahme größerer Mengen ist eine ärztliche Behandlung angezeigt. Gelangt der Milchsaft auf die Haut, sollte die betroffene Stelle gründlich mit Wasser abgespült werden. Bei Augenkontakt empfehlen sich eine Spülung mit lauwarmem Wasser über mehrere Minuten und eine Behandlung durch den Arzt.
In der Volksheilkunde fanden die Samen und der Milchsaft gegen Verstopfung Anwendung. Auch zur Abtreibung wurde die Pflanze verwendet – was in der Folge oft zu einer schweren Vergiftung oder zum Tod der Frau führte. Äußerlich auf Warzen oder Hühneraugen aufgetragen soll der Milchsaft die verhärteten Hautstellen wegätzen. Dabei drohen allerdings starke Hautreizungen. Eine innerliche Anwendung ist wegen der Giftwirkung obsolet. In der Homöopathie wird die Zypressen-Wolfsmilch etwa bei Hautausschlägen oder beklemmender Atmung mit trockenem Husten verwendet.
Die Zypressen-Wolfsmilch wird häufig vom Rostpilz Uromyces pisi befallen. Betroffene Pflanzen kommen nicht zur Blüte, die Triebe bilden gelborange gefärbte Pseudoblüten aus, die lediglich aus einem Sprossschopf mit Blättern bestehen. Der Pilz verändert den Stoffwechsel der Pflanze, sodass sie ein intensiv fruchtig riechendes Sekret freisetzt, das Insekten anlockt, die der Befruchtung des Rostpilzes dienen.
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