Superfood aus der Heimat |
Kleine Samen, große Wirkung: Leinsamen helfen unter anderem bei chronischer Verstopfung und lindern leichte Magen-Darm-Beschwerden. / Foto: Getty Images/annabogush
Die Leinsamen spendende Pflanze ist der Gemeine Lein (Linum usitatissimum), der auch als Flachs, Saat-Lein oder Haarlinse bekannt ist. Der lateinische Name bedeutet so viel wie »der sehr Nützliche«. Dies spiegelt sich wider in ihrem breitgefächerten Nutzen: als Ölfrucht, Heilpflanze und zur Fasergewinnung für echtes Leinen (Faserlein). Darüber hinaus wird die Pflanze für ihre umweltfreundlichen Eigenschaften geschätzt, da sie die Bodenqualität verbessert und weniger Wasser und Pestizide als andere Kulturpflanzen benötigt.
Der Gemeine Lein zählt zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Erstmals soll die Pflanze vor mehr als 5000 Jahren in Mesopotamien (heute Irak) kultiviert worden sein. Auch in Ägypten, Griechenland und im Römischen Reich setzte die Bevölkerung schon in der Antike auf Leinenprodukte und Leinsamen als Nahrung und Heilmittel (zum Beispiel Leinöl bei »Leibweh«). Im Mittelalter breitete sich der Flachsanbau auch in Europa immer weiter aus – auch in der Klostermedizin.
Mit der Industrialisierung und der Einführung synthetischer Textilfasern war der Flachsanbau für die Textilproduktion rückläufig. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Eigenschaften blieben Leinsamen aber weiterhin beliebt. Vielmehr hat das Interesse in den vergangenen Jahrzehnten eher zugenommen, da immer mehr über die wertvollen Inhaltsstoffe und ernährungsphysiologischen Vorteile bekannt wurde.
Der Flachs steht im Sommer voll in blauer Blüte und war noch bis vor einigen Jahrzehnten ein Charakteristikum zahlreicher Regionen Deutschlands (zum Beispiel am Niederrhein). Auch bekannte Redewendungen wie »Wir machen eine Fahrt ins Blaue!« oder »Dort werden wir unser blaues Wunder erleben!« stammen aus der Zeit des großangelegten Flachsanbaus.
Leinsamen gelten aufgrund ihrer hohen Konzentration wertvoller Inhaltsstoffe als sehr gesund. Sie sind beispielsweise eine gute pflanzliche Quelle für Omega-3-Fettsäuren (Alpha-Linolensäure, ALA). Diese mehrfach ungesättigte Fettsäure ist besonders wichtig für die Herzgesundheit (etwa bei Hypertonie, Hypercholesterolämie) und unterstützt die Gehirn- und Sehfunktion. Auch bei chronischen Entzündungen und Schmerzen (zum Beispiel bei rheumatoider Arthritis) sowie bei Depressionen können Leinsamen beziehungsweise Leinöl begleitend versucht werden.
Zwei Esslöffel Leinsamen (20 g) weisen einen hohen Ballaststoffanteil von 6 g auf, darunter sowohl lösliche (Schleimstoffe) als auch nicht lösliche (Cellulose, Lignin). Die Schleimstoffe quellen im Darm. Das beschleunigt den Weitertransport des Darminhalts – ähnlich wie bei Flohsamenschalen. Sie werden daher zur Behandlung einer Verstopfung eingesetzt.
Geschrotete Leinsamen wirken intensiver als ganze Samen. Letztere regen auch die Darmtätigkeit sanft an, passieren aber eher unverändert den Magen-Darm-Trakt. Bei den aufgebrochenen Samenschalen hingegen gelangen die Schleimstoffe und das Öl nach außen und entfalten so ihre volle Wirkung. Wichtige Voraussetzung ist, ausreichend zu trinken. Sonst verkleben die Schleimstoffe eher anstatt die Verdauung zu fördern. Vorsicht: Geschrotete Leinsamen werden schneller ranzig, so dass es empfehlenswert ist, nur kleine Packungen kühl und luftdicht zu lagern. Alternativ können auch die länger haltbaren ganzen Samen vor dem Verzehr frisch geschrotet werden, etwa in einer Getreidemühle, im Mixer oder Mörser.
Weitere positive Nebeneffekte der Ballaststoffe im Leinsamen: Sie stabilisieren den Blutzuckerspiegel, denn sie verlangsamen die Zuckeraufnahme in den Blutkreislauf. Dies ist vor allem für Menschen mit Typ-2-Diabetes wichtig. Auch das Sättigungsgefühl hält länger an. Die Heilkraft von Leinsamen wird weiter abgerundet durch die enthaltenen Lignane, die antioxidativ und hormonähnlich wirken. Ihnen wird auch eine krebs- und entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben.
Auch Leinöl ist vielseitig einsetzbar und überaus gesund. Es wird aus den Flachssamen gewonnen, schmeckt nussig bis leicht heuartig und ist eine gute Alternative zu Oliven- und Rapsöl. Der Körper profitiert vom Leinöl vor allem aufgrund seines hohen Gehaltes an Omega-3-Fettsäuren. Des Weiteren fördern auch hier die Schleimstoffe die Verdauung und helfen bei Husten und Heiserkeit. Es empfiehlt sich, kaltgepresstes Bio-Leinöl in kleinen Fläschchen kühl und dunkel zu lagern, da es beim Kontakt mit Luft schnell oxidiert und verdirbt. Leinöl sollte nicht erhitzt werden.
Als perfekte Kombination gilt Leinöl mit Quark. Diese hochwertige Öl-Eiweiß-Kost fördert durch die enthaltenen Aminosäuren die Verdaulichkeit und Verträglichkeit der Fettsäuren. Für eine Portion werden 200 g Quark und ein Esslöffel Leinöl benötigt, die gut vermischt werden. Weitere Samen oder Obst können selbstverständlich ergänzt werden.
Die Anteile an Proteinen, Antioxidantien, B-Vitaminen, Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffen liegen bei den heimischen Leinsamen und den aus Zentral- und Südamerika stammenden Chiasamen in etwa gleich auf. Bei den Lignanen, die zu den Pflanzenhormonen zählen, liegen Leinsamen sogar deutlich vor dem Exoten.
Beim Vergleich mit den im Trend liegenden Chiasamen ist aber natürlich immer auch der persönliche Geschmack, das Mundgefühl und die Verarbeitungszweck in der Küche ausschlaggebend. Beide Samen schmecken leicht nussig, wobei Leinsamen deutlich mehr Biss haben. Chiasamen erhalten durch das Quellen mit Flüssigkeit eine weiche, geleeartige Konsistenz, denn die Polysaccharid-Schicht liegt dort im Mantel. Dadurch gelingen auch gesunde Puddings und Gelees mit dem ganzen Samen. Aber auch mit geschrotetem Leinsamen gelingt dies bei entsprechend langer Quellzeit (zum Beispiel über Nacht).
Leinsamen machen sich auch gut in einem Müsli gemeinsam mit Naturjoghurt oder Pflanzendrink oder auch im Brot, (selbstgemachten) Kräckern sowie in Bratlingen oder Haferflocken-Plätzchen. Die heimischen Leinsamen schonen nicht zuletzt auch den Geldbeutel, denn für Chiasamen in Bio-Qualität muss man im Schnitt doppelt so tief ins Portemonnaie greifen.
Leinsamen enthalten Blausäure, die in größeren Mengen zu Magenschmerzen und Übelkeit bis hin zu Erbrechen führen kann. Es fehlen jedoch wissenschaftliche Belege, dass Leinsamen dadurch eine Gefahr für die Gesundheit sein könnten. Eine tägliche Menge von 20 g (2 EL) gilt für Erwachsene als sicher und gesundheitsfördernd. Es empfiehlt sich, Leinsamen immer im Abstand von mindestens einer Stunde zu Medikamenten zu verzehren. Der Schleim könnte Arzneimittel binden und ihre Wirkung beeinträchtigen.
Gesunder Start in den Tag: Das gelingt mit einem Fitness-Porridge mit Leinsamen / Foto: Getty Images/Angelika Heine
Zubereitung (für 2 Personen):
40 g Leinsamen frisch in der Getreidemühle oder einem Mixer schroten. Nun mit 300 ml Pflanzendrink (zum Beispiel Hafer- oder Mandeldrink) und 60 g Haferflocken (blütenzart oder kernig, je nach Vorliebe) verrühren. Abgedeckt für circa vier Stunden zum Quellen kühl stellen – noch besser über Nacht. Nach der Quellzeit einen kleinen knackigen Apfel waschen, halbieren und das Kerngehäuse entfernen. Eine Hälfte in Spalten schneiden, mit Zitrone beträufeln und beiseitestellen. Die andere Hälfte fein raspeln. Diese Raspeln nun zur Leinsamen-Haferflocken-Mischung geben inklusive etwas Honig oder Agavendicksaft (maximal 1 EL).
Für das Topping die Banane in Scheiben schneiden und 120 g Himbeeren (oder anderen Beeren der Saison) kurz abspülen. Nun zuerst das Porridge auf zwei Schalen verteilen und das Obst (inklusive Apfelspalten) hübsch darauf drapieren. Eine gute Prise Zimt on top rundet das Fitness-Porridge ab.
Tipp! Wer noch ein paar Nüsse, Kerne oder ein wenig Granola darauf verteilt, peppt den Porridge noch weiter auf!
Quelle: Zusammengestellt und abgewandelt nach den Rezepten von Eatbetter (Leinsamen-Pudding) und der DFB-Akademie (Porridge mit Zimt)