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Kognitive Schäden

Synapsengift Benzodiazepin

Die langfristige Einnahme von Benzodiazepinen kann nicht nur zu Toleranz und Abhängigkeit führen. Auch das Demenzrisiko ist offenbar erhöht. Eine mögliche Erklärung dafür liefert eine aktuelle »Nature«-Publikation.
Sven Siebenand
18.05.2022  12:00 Uhr

Benzodiazepine vermitteln ihre Wirkung, indem sie die hemmende Funktion von GABA (γ-Aminobuttersäure)-ergen Neuronen verstärken. Sie agieren dabei als allosterische Agonisten an verschiedenen α-Untereinheiten von GABAA-Rezeptortypen, wodurch die Affinität von GABA zur Bindungsstelle erhöht wird. Das erklärt ihre anxiolytische und schlaffördernde Wirkung. Der negative Einfluss auf die Kognition hat vermutlich aber eine andere Ursache.

Eine Arbeitsgruppe um Dr. Yuan Shi und Mochen Cui vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) bringt in »Nature Neuroscience« das sogenannte Translokatorprotein (TSPO) ins Spiel. Dieses befindet sich auf der Oberfläche von Organellen der Mikroglia im Gehirn. Diese Zellen tragen durch Abbau beziehungsweise Stärkung von Synapsen zur neuronalen Plastizität bei. Benzodiazepine, zumindest das von der Forschergruppe untersuchte Diazepam, binden an TSPO – mit schlimmen Folgen. Denn in Folge würde der Spiegel eines Proteins namens C1q hochreguliert. Dieses sei ein bekannter Faktor, der die Morphologie der Mikroglia verändert und schließlich zu einer erhöhten Phagozytose von synaptischem Material über verstärkte Kontakte zwischen Mikrogliafortsätzen und dendritischen Stacheln führt. Kurz gesagt: Mikroglia werden aktiviert, Synpasen abzubauen.

Mäuse, die über einige Woche eine schlaffördernde Diazepam-Dosis erhielten, entwickelten laut den Forschern kognitive Defizite. »Es war zwar bekannt, dass Mikroglia sowohl während der Gehirnentwicklung als auch bei neurodegenerativen Erkrankungen eine wichtige Rolle bei der Beseitigung von Synapsen spielen«, so Shi und Cui in einer DZNE-Meldung. Sehr überraschend sei aber gewesen, dass Benzodiazepine diesen Prozess beeinflussen. Nach Absetzen von Diazepam habe der Effekt noch länger angehalten, sei letztlich aber reversibel gewesen. In der Nature-Publikation ist betont, dass nun weitere Untersuchungen erforderlich sind, um zu belegen, dass die chronische Anwendung von Benzodiazepinen direkt zur Pathologie neurodegenerativer Erkrankungen beiträgt.

Nach Ansicht der Forschenden könnte die Studie Auswirkungen auf die Behandlung von Schlafstörungen und Angstzuständen bei Menschen mit einem Demenzrisiko haben. »Medikamente, von denen bekannt ist, dass sie keine Affinität zu TSPO haben, sollten, wenn möglich, bevorzugt werden.« Zudem heißt es in dem Originalartikel, dass die pharmakologische Modulation der Mikroglia-Aktivität durch TSPO ein möglicher Ansatz zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen darstellen könnte. Bis es soweit ist, werden aber noch viele Millionen Dosen an Benzodiazepinen geschluckt werden – und gewollte sowie ungewollte Effekte im Gehirn hervorrufen.

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